Krieg in Nahost

Hakenkreuz an Mannheims Jüdischem Friedhof: „Angriff auf friedliches Zusammenleben“

Nachdem ein Hakenkreuz an die Mauer des Jüdischen Friedhofs gesprayt wurde, hat Oberbürgermeister Christian Specht die Solidarität mit der Jüdischen Gemeinde betont. Indes gibt es an zwei Schulen antisemitische Vorfälle

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Sebastian Koch
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Am Jüdischen Friedhof prangt ein orangenes Herz über dem trotzdem noch deutlich sichtbaren Hakenkreuz. © Christoph Blüthner, Michael Ruffler

Mannheim. Ein Streit zwischen einer Gruppe von Jüdinnen und Juden mit Mitgliedern der Nahostgruppe, eine Mahnwache, um die Solidarität mit Israel nach dem Raketenangriff durch den Iran zu bekunden, ein Hakenkreuz an der Mauer des Jüdischen Friedhofs - und antisemitische Vorfälle an zwei Schulen, die die Rektorate am Montag jeweils auf Anfragen dieser Redaktion bestätigen: Blickt man auf die Auswirkungen des Nahost-Konflikts auf Mannheim, war am Wochenende und zu Wochenbeginn viel los. Ein Überblick.

Hakenkreuz am Jüdischen Friedhof in Mannheim

Unbekannte haben am Sonntag in roter Farbe ein Hakenkreuz an die Mauer des Jüdischen Friedhofs gesprayt. Die Kriminalpolizei ermittelt und bittet unter 0621/174 4444 um Hinweise. Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) verurteilt am Montag die „widerlichen Schmierereien“ als einen „Angriff auf das friedliche Zusammenleben in unserer Stadt“. Weiter teilt er mit: „Wenn sie unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger einschüchtern soll, wird sie ihr Ziel nicht erreichen - denn wir stehen fest an der Seite unserer Jüdischen Gemeinde.“

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Auch SPD, CDU und Grüne äußern ihr Entsetzen über den „zutiefst verabscheuungwürdigen“ Vandalismus (SPD-Chef Stefan Fulst-Blei), die „widerlichen Hakenkreuzschmierereien“ (CDU-Fraktionschef Claudius Kranz) und die „untragbaren Beleidigungen und antisemitischen Parolen“ (Grüne-Fraktionschefinnen Stefanie Heß und Nina Wellenreuther). Außerdem drückt die Türkisch Islamische Gemeinde zu Mannheim (DITIB) der Jüdischen Gemeinde ihre Solidarität und Anteilnahme aus und verurteilt die Schmierereien, heißt es in einer Mail. Am Montagnachmittag ist das Hakenkreuz mit einem orangenen Herz übermalt.

Mahnwache am Paradeplatz mit etwa 120 Menschen

Am Sonntag haben laut Polizei etwa 120 Menschen auf dem Paradeplatz ihre Solidarität mit Israel kundgetan, nachdem der Iran das Land attackiert hatte. Zur Mahnwache aufgerufen hatte die Deutsch-Israelische Gesellschaft, deren Vorsitzender, Grünen-Stadtrat Chris Rihm, im Angriff eine „erneute Zäsur“ sieht. Specht rief im Sinne der Mannheimer Erklärung „alle dazu auf“, die Bereitschaft zum Dialog aufrechtzuerhalten. Niemand dürfe sich „von denen anstecken lassen, die scharf machen, die versuchen, ihr Kapital aus dem Konflikt zu schlagen und ihre eigene politische Suppe zu kochen“, sagte er. „Wir müssen uns darauf besinnen, was unser friedliches Leben in Mannheim ausmacht“, erklärte Specht und betonte Werte wie Respekt und ein friedliches Miteinander. „Wir haben alle sehr viel zu verlieren.“

Etwa 120 Menschen haben am Sonntagabend ihre Solidarität mit Israel ausgedrückt. © Michael Ruffler

Die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Stadträtin Heidrun Kämper (SPD), beklagte zunehmenden Antisemitismus, vor allem an Schulen. Der bereite ihr „große Sorge“, weil Lehrer und Lehrerinnen damit überfordert seien und nicht nachvollziehen könnten, was Antisemitismus für Betroffene bedeute. „Das Jüdische Leben ist schwieriger geworden und das traurige ist, dass ich im Moment keine Perspektive sehe, dass sich das bessert“, sagte Kämper. „Der Wind, der uns entgegenweht, wird stärker.“

Antisemitische Vorfälle an Mannheimer Schulen

Bereits vergangenes Jahr hatte es, wie berichtet, antisemitische Vorfälle an Schulen gegeben. Am Montag nun bestätigen die Schulleitungen von Kurpfalz-Schule und Karl-Friedrich-Gymnasium (KFG) jeweils auf Anfrage dieser Redaktion weitere Fälle, die sich teilweise vor Ostern ereignet haben sollen. Die Polizei bestätigte Ermittlungen. So seien vor vier Wochen Hakenkreuze an die Wand eines Klassenzimmers im Kurpfalz geschmiert worden, erklärt Schulleiterin Eva-Maria Kuonath dieser Redaktion. Von wem, das sei nicht klar. Im Zusammenhang mit dem Vorfall seien viele Gespräche mit Jugendlichen und Klassen geführt worden. „Wir nehmen die Thematik um den Krieg sehr, sehr ernst, weil wir sowohl mit jüdischen Schülern als auch mit muslimischen Schülern, die pro Palästina sind, zu tun haben.“

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Am KFG indes haben am 19. und 20. März Unbekannte eine Toilette mit antisemitischen und antiisraelischen Parolen beschmiert. „Es sind wenige Kabinen betroffen“, sagte Schulleiter Alexander Sauter. Zwar hätten sich „diese Art von Schmierereien“ nicht wiederholt. Allerdings gebe es „eine Reihe weiterer Schmierereien“, die „mit einem Jugendlichen zu tun haben“, der antisemitisch beleidigt werde, bestätigt Sauter weitere Informationen. Man kümmere sich „sehr stark um die Person.“ Zudem gebe es „eine Reihe von Ansätzen“ zu politischer Bildung für die kommenden Monate. Die Beleidigungen seien eine Folge des 7. Oktober, erklärt er.

Streit an Infostand in den Quadraten

Am Samstag soll es einen Streit an einem Stand der Nahostgruppe zwischen Mitgliedern der Gruppe und einer Gruppe von Jüdinnen und Juden gegeben haben - beide sind politisch entgegengesetzter Meinung. Sie bestätigen den Streit, in dessen Folge ein Mitglied der jüdischen Gruppe die Polizei verständigt habe. Auch eine Sprecherin der Polizei bestätigt am Montag Präsenz an dem Stand. In der weiteren Darstellung widersprechen sich die Parteien.

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Ein „ruhiges und sachliches“ Gespräch mit der Gruppe, erklärt die Nahostgruppe, „scheiterte, weil es offensichtlich Ziel der Gruppe war zu provozieren“. Demnach sei man etwa als Antisemit „verleumdet“ worden und die Existenz eines palästinensischen Volks sei bestritten worden. Auf Sozialen Medien teilt die Nahostgruppe mit, dass sich über Opfer in Gaza „lustig gemacht“ worden sei. Erst nach Aufforderung durch die Polizei hätte die Gruppe den Platz verlassen. Die Polizei kann das weder bestätigen noch dementieren: Einzelheiten sind am Montag nicht bekannt.

Amnon Seelig, Kantor der Jüdischen Gemeinde, schildert die Situation anders: Die Diskussion sei „minutenlang erstaunlich friedlich“ verlaufen, sagt er dieser Redaktion. Aus der Nahostgruppe heraus, deren Stand er habe passieren müssen, sei er dann mit „Mörder, Mörder“ beleidigt worden. Auch habe niemand sie gebeten, den Stand zu verlassen. „Ich habe mich noch nie über Tote lustig gemacht“, weist er Vorwürfe zurück und verweist darauf, bei einem interreligiösen Treffen im November das Gebet für die „unschuldigen toten Palästinenser“ gesprochen zu haben.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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