Stadtentwicklung

Glückstein-Baufeld: Stadt Mannheim will Verkauf rückgängig machen

Die Mannheimer Verwaltung hält sich den Klageweg offen, falls die Familienheim Rhein-Neckar das Grundstück im Glückstein-Areal nicht zurückgibt

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Auf dem Glückstein-Baufeld sind keinerlei Aktivitäten zu sehen. Das will die Stadt nicht weiter hinnehmen. © Thomas Tröster

Mannheim. Nicht einmal eine Infotafel kündet auf dem Glückstein-Baufeld 12 von irgendwelchen Aktivitäten. Still ruht der See – besser gesagt das Grundstück am Lindenhof-Platz. Hingegen schlagen hinter den Kulissen die Wogen zwischen dem Rathaus und der Familienheim Rhein-Neckar hoch. Als der „Mannheimer Morgen“ vor einigen Tagen anfragte, ob es zutrifft, dass die Verwaltung den Verkauf des einst kommunalen Areals wegen Untätigkeit rückabwickeln will, äußerte sich das für Wirtschaftsförderung und Wohnen zuständige Dezernat II ausweichend.

Inzwischen hat die Stadt den Hauptausschuss des Gemeinderats informiert und am Mittwochnachmittag bekannt gegeben, dass sie von dem Verkaufsvertrag zurückgetreten ist und sich den Klageweg offen hält, falls die Baugenossenschaft das Grundstück nicht zurückgibt.

Glücksteinquartier

  • Im Sommer 2015 hat der Gemeinderat das Glücksteinquartier beschlossen. Zu dem 329 000 Quadratmeter umfassenden Plangebiet gehören (teilweise schon fertig bebaute) Grundstücke von insgesamt 100 000 Quadratmetern.
  • In zentraler Lindenhof-Lage entsteht am Hauptbahnhof ein neues Quartier als Visitenkarte der Stadt mit Flächen für Büros, Dienstleistungen, außerdem mit Wohnungen, Wissenschaftsgebäuden und Grünanlagen.
  • Die seit 1947 bestehende Familienheim Rhein-Neckar hat rund 2700 Wohnungen und 33 Gewerbeeinheiten im Bestand. Sie ist Muttergesellschaft der 2016 gegründeten Immobiliengruppe Rhein-Neckar (IGRN) mit Tochterunternehmen für Dienstleistungen.
  • Noch ist die Familienheim eine „eG“ (eingetragene Genossenschaft), sie strebt aber die rechtliche Umwandlung in eine „AG“ (Aktiengesellschaft) an. 

Bei der „MM“-Anfrage hat sich das Wirtschaftsdezernat noch hinter der Vertraulichkeit von Vertragsklauseln verschanzt und nur allgemein mitgeteilt: „Um die Bebauung eines verkauften Grundstücks innerhalb eines realistischen Zeitraums zu erreichen, vereinbart die Stadt in ihren Grundstückskaufverträgen regelmäßig eine dem Projekt angemessene Frist, innerhalb der das Grundstück zu bebauen ist.“ Nach Informationen des „MM“ läuft diese fest gezurrte Frist allerdings Ende April aus.

Hinter Klauseln verschanzt

Und die Familienheim Rhein-Neckar beschränkte sich vor einigen Tagen gegenüber dem „MM“ auf die Aussage, dass sie weiterhin an dem Projekt arbeite und mit der Stadt Mannheim „ein regelmäßiger Austausch“ stattfinde.

Rückblick: Am 19. April 2016 gibt die Stadt bekannt, dass die Wohnungsbaugenossenschaft Familienheim Rhein-Neckar samt Immobiliengruppe ihren Hauptsitz von M7,24 beziehungsweise vom Exerzierplatz in das neue Quartier verlegen wird. Einige Tage zuvor hat der Gemeinderat dem Verkauf des 3200 Quadratmeter großen Grundstücks zwischen Meerfeldstraße, Carl-Metz-Straße sowie Glücksteinallee in unmittelbarer Nähe zum markanten Südausgang des Hauptbahnhofs zugestimmt. Es wird Gerhard A. Burkhardt, seinerzeit noch Vorstandsvorsitzender, inzwischen Aufsichtsratsvorsitzender der Familienheim, mit den Worten zitiert: „Für den neuen Hauptsitz der Immobiliengruppe Rhein-Neckar ist ein repräsentativer und prominent gelegener Standort zwingende Voraussetzung.“ Von einer Firmenzentrale mit Bruttogrundfläche von rund 9600 Quadratmetern als Mischnutzung, damit auch mit Wohnungen, ist damals die Rede.

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Weil auf einer Teilfläche noch die Feuerwache-Mitte prangt, soll die Zeit bis zu deren Umzug ins neue Domizil am Neckarauer Übergang für einen Gestaltungswettbewerb genutzt werden. Als Anfang 2018 der Siegerentwurf des Stuttgarter Büros Wittfoht vorgestellt wird, erläutert Architekt Jens Wittfoht: „Wir haben uns für einen ruhigen Stadtbaustein und damit einhergehend für geschlossene Blockränder entschieden.“ Bei der Präsentation rund um ein eindrucksvolles Modell wird beteuert, dass alles nach dem Zeitplan laufe.

Im November 2019 sorgt für positive Schlagzeilen, dass in dem künftigen Familienheim-Komplex eine Kita mit rund 80 Plätzen, auch für Knirpse im Krippenalter, entstehen soll. Allerdings tut sich auf dem 2020 nach Räumung offiziell übergebenen Areal rein gar nichts – im Gegensatz zu anderen Baufeldern. Als die Stadt im Januar 2021 über mannigfache Projektfortschritte im Glücksteinquartier informiert, ist in der Meldung „Auf der Zielgeraden“ nachzulesen, dass der erste Spatenstich für den Büro- und Wohnkomplex der Familienheim Rhein-Neckar noch im Laufe des Jahres erfolgen soll. Es wird freilich bei der Ankündigung bleiben.

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„Auf kleiner Flamme“

2022 feierte die Familienheim Rhein-Neckar ihren 75. Geburtstag, verwoben mit einer Erfolgsgeschichte. Von einer neuen Unternehmenszentrale ist freilich längst nicht mehr die Rede. Im Jubiläumsheft samt Rück- und Ausblick wird „MaGlüQ“ (so das interne Kürzel für Mannheimer Glückstein-Quartier) eher lapidar als „interessantes Projekt in der Planungsphase“ erwähnt. Und im Gespräch mit der neuen Führungsspitze erklärt Vorstandsvorsitzender Thomas Glatte, dass die Familienheim das Vorhaben „auf kleiner Flamme“ betreibe. Außerdem, so Glatte vor vier Monaten, habe man Diringer & Scheidel ins Boot geholt: Das Mannheimer Bauunternehmen solle mit dem Architekten Wittfoht, Sieger des Gestaltungswettbewerbs, das Vorhaben pragmatisch weiterentwickeln.

Schon damals dürfte es zwischen Rathaus und Familienheim wegen des seit Jahren als Brache da liegenden Baugrundstücks hinter den Kulissen (salopp ausgedrückt) kräftig gekracht haben.

Freie Autorin