Es ist ein Sommermärchen, das die 16 Schüler des Liselotte-Gymnasiums schreiben. Zwar wird es (wahrscheinlich) keinen Kinofilm über die Mannschaft geben – so wie ihn Sönke Wortmann nach der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 gedreht und den Nationalspielern mit „Deutschland. Ein Sommermärchen“ ein künstlerisches Denkmal gesetzt hat. Aber der Erfolg, den die Gymnasiasten erleben, ist trotzdem „außergewöhnlich“: Die 13- und 14-Jährigen haben bei „Jugend trainiert für Olympia“ in ihrer Altersklasse den Landeswettbewerb gewonnen und vertreten Baden-Württemberg im September beim Bundesfinale in Berlin. „Wir sind in der Wettkampfklasse die erste Mannheimer Schule, die das geschafft hat“, sagt Patrick Hedfeld, der die Jugendlichen zusammen mit seinem Kollegen Fabian Lauder betreut.
Enes Vasiliadis ist Kapitän der Mannheimer Erfolgsauswahl. „Ich freue mich auf das Finale, aber aufgeregt bin ich noch nicht“, betont der Achtklässler. Dem Lehrer-Duo und Spielführer Vasiliadis ist der Stolz auf das Erreichte in nahezu jedem Satz anzumerken. Nach Siegen in zwei lokalen Ausscheidungsturnieren spielt das Lilo zunächst um den Sieg im Gebiet des Regierungspräsidiums (RP) Karlsruhe. „Eigentlich ist spätestens dann immer Schluss, weil da das Otto-Hahn-Gymnasium kommt“, sagt Hedfeld. Die Mannschaft bestehe fast ausschließlich aus Jugendspielern des Karlsruher SC.
Bundesfinale in Berlin
„Jugend trainiert für Olympia“ wurde 1969 vom „Stern“ ins Leben gerufen. Das Ziel des mehrstufigen Wettbewerbs soll die Talentsichtung, die Talentförderung sowie das Vermitteln olympischer Werte sein.
Vor dem Bundesfinale treten Mannschaften und Jugendliche in regionalen und landesweiten Ausscheidungen gegeneinander an.
Das Liselotte-Gymnasium spielt vom 13. bis 17. September in Berlin im Bundesfinale Fußball der Wettkampfklasse III (Jahrgang 2008/09).
Das Lilo besteht aber die große Herausforderung, gewinnt das Turnier und darf schließlich in Freiburg um den Sieg im Landeswettbewerb spielen. „Liverpool gegen Real Madrid war nichts gegen das Niveau, auf dem wir gegen Karlsruhe gespielt haben“, frotzelt Hedfeld mit Blick auf das jüngste Finale der Champions League.
In Freiburg setzt sich das Lilo gegen Schulen aus der Gastgeberstadt, aus Brackenheim und Ulm durch – und steht nun auf der großen Jugendfußballbühne. „Die erste Überraschung war, es ins RP-Finale zu schaffen. Die zweite Überraschung, das RP-Finale zu gewinnen. Die dritte Überraschung, das Landesfinale zu gewinnen“, bilanziert Hedfeld ganz im Stile des Underdogs.
Dabei muss das Lilo personell sogar improvisieren, denn einen gelernten Torwart hat die Mannschaft nicht. „Wir haben einen Feldspieler im Tor“, erklärt Lauder. Bei den Ergebnissen macht sich das nicht bemerkbar – im Gegenteil. Nur zwei Gegentore hat das Lilo in vier Turnieren kassiert. „Unsere Abwehr macht einen richtig guten Job“, lobt Spielführer Vasiliadis folgerichtig.
„Etwas Außergewöhnliches“
Etwa 3000 Schulen aus Baden-Württemberg hätten im Jahrgang 2008/09 um den Einzug ins Bundesfinale gespielt – das Lilo stellt die beste aller Auswahlen. „Das ist wirklich etwas Außergewöhnliches“, betonen Hedfeld und Lauer. Zwar komme es immer mal wieder vor, dass die Schule im Hockey oder Handball auch ins Landesfinale einzieht. „Aber da gibt es weniger Mannschaften und deshalb auch weniger Turniere.“ Auch sei es normal, dass am Lilo „zwei, drei Spieler vom Waldhof und drei oder vier vom VfR spielen – die Eliteschulen des Sports sammeln aber mehrere Spieler von den großen Vereinen“, sagt Hedfeld. „Ich weiß deshalb nicht, ob wir das jemals wieder schaffen.“ Unterstützung findet das Liselotte-Gymnasium beim Projekt „Anpfiff fürs Leben“ und in der Jugendabteilung des SV Waldhof: Beide stellen jeweils einen Kleinbus, um zu den Turnieren zu fahren.
Haben die 16 Kicker nun eine andere Rolle an der Schule? „Nach dem Sieg beim Landesfinale standen die Mitschüler an den Fenstern und haben applaudiert“, erinnert sich Vasiliadis, der in der C-Jugend des VfR Mannheim spielt. In der Finalwoche vom 13. bis 17. September sind die Jugendlichen vom Unterricht befreit. „Die Schule unterstützt uns, aber eine Sonderrolle haben wir natürlich nicht.“
„Hauptsache nicht Letzter!“
Was erwartet das Lilo nun vor und vor allem beim Finale in Berlin? „Wir lassen uns überraschen“, sagt Hedfeld. Auf jeden Fall gibt es – kein Training, sagt der Spielführer. Man habe schließlich auch vor den bisherigen Ausscheidungen nie gemeinsame Vorbereitungen absolviert. „Wir haben gesagt, dass wir ein bisschen spielen und Spaß haben wollen“, erklärt Vasiliadis. „Das hat sich bis jetzt ja ganz gut bewährt.“ Um in der Sportsprache zu bleiben: Der Erfolg gibt Trainer und Mannschaft Recht.
Die sportlichen Herausforderungen aber dürften schwerer werden, glaubt Hedfeld. „Es kann in Berlin passieren, dass wir gegen Schulen aus Sachsen oder Bayern spielen, die die halben Jugendmannschaften von RB Leipzig oder Bayern München auf dem Platz haben.“ Auch Nordrhein-Westfalen zählt der Pädagoge zu den Favoriten. „Wenn man weiß, was da für Vereine auf kleinstem Raum sind, kann man sich vorstellen, wer da alles mitspielt.“
Welches sportliche Ziel gibt der Spielführer bei einem derart schweren Programm aus? „Hauptsache nicht Letzter!“ Ihre persönliche Erfolgsgeschichte haben die Jugendlichen so oder so geschrieben – und vielleicht überlegt es sich Sönke Wortmann doch nochmal mit einer Fortsetzung seines Kinoerfolgs…
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