Nachruf - Einstiger CDU-Sozialdezernent mit Visionen und Beharrlichkeit wurde 93 Jahre alt / Vater der Medizin-Fakultät und Mitbegründer des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI)

Ex-Bürgermeister Hans Martini verstorben

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Hans Martini 2008 mit der nach ihm benannten Medaille. © UMM

Im Juli wäre Hans Martini, einstiger Sozialbürgermeister und Mitbegründer des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI), 94 Jahre alt geworden. Diesen Geburtstag kann der Wahl-Mannheimer aus Ludwigshafen nicht mehr feiern. „Er ist im Kreise der Familie friedlich eingeschlafen“, berichtet seine Tochter Marina Martini. Noch bis zum März hat der kommunalpolitisch engagierte Jurist noch weitgehend selbstständig in einer Lindenhöfer Seniorenresidenz gelebt. Als die Kräfte nachließen, zog er ins Neuostheimer Thomas-Carree um – und kehrte damit in einen Stadtteil zurück, der ihm bestens vertraut war.

„Arbeiten auch am Geburtstag“, so titelte der „MM“, als Hans Martini 90 Jahre alt wurde. Damals nahm er an einer ZI-Aufsichtsratssitzung teil. Das Stuttgarter Wissenschaftsministerium hatte ihm nicht von ungefähr Gast-Status eingeräumt. Schließlich kommt dem einstigen Sozialbürgermeister das Verdienst zu, dass er – im Gegensatz zu seinen Polit-Kollegen in Heidelberg – das Potenzial einer sozialpsychiatrischen Modelleinrichtung für Forschung, Lehre und Krankenversorgung erkannte und sie mit Psychiatriereformer Heinz Häfner nach Mannheim holte.

Das 1975 gegründete ZI, das schon bald internationales Renommee genoss, stärkte die damals noch junge (zunächst nur Klinische) Medizin-Fakultät. Auch die hatte Martini mit Weitblick wie Beharrlichkeit ermöglicht. „Er gilt als Vater der Fakultät – und damit bleibt sein Name untrennbar verbunden“, erklärte im Jahr 2000 Mannheims damaliger Oberbürgermeister Gerhard Widder, als er Martini den Ehrenring der Stadt überreichte. Und die Medizin-Fakultät würdigte seine Verdienste mit einer nach ihm benannten Medaille, die ihm 2008 verliehen wurde, ehe andere Persönlichkeiten damit ausgezeichnet wurden. Bereits 1979 hatte die Mutter-Universität Heidelberg Martini zum Ehrensenator ernannt. Außerdem verlieh sie ihm 2012 die Ehrendoktorwürde.

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Der promovierte Jurist war gerade mal 26 Jahre jung, als er 1953 als Christdemokrat in den Stadtrat einzog. 1961 avancierte er zum Sozialdezernenten – eine Position, in der er viel bewegte und die er gleichwohl als Mittfünfziger aufgab. „Dass ein Bürgermeister in den besten Jahren mit der Aussicht auf eine gesicherte Wiederwahl ausscheidet, hat in Deutschland Seltenheitswert“, eröffnete 1981 der damalige Oberbürgermeister Wilhelm Varnholt die Abschiedslaudatio. Der „MM“ widmete dem scheidenden Bürgermeister eine Betrachtung mit der Überschrift „Die Stadt verdankt ihm viel“.

„Kein besserer Vorgänger“

Sein Nachfolger Wolfgang Pföhler blickt zurück: „Ich hätte mir keinen besseren Vorgänger vorstellen können.“ Und der ZI-Vorstandsvorsitzende Andreas Meyer-Lindenberg würdigt: „Wir verlieren einen Förderer, der das ZI in seiner Entwicklung wesentlich unterstützt und mitgeprägt hat. Und wir verlieren einen herausragenden Menschen, der sich bis ins hohe Alter mit seinem umfassenden Wissen und viel Herzblut für das ZI, die Medizinische Fakultät Mannheim und die Gesundheit der Mannheimer Bürgerinnen und Bürger engagiert hat.“

Auch wenn Hans Martini, der kühl analysierende, aber gleichwohl begeisterungsfähige Dezernent mit dem manchmal etwas spöttischen Lächeln überraschend früh seinen Rathaus-Schreibtisch räumte, so blieb er der Kommunalpolitik verbunden: Von 1984 bis 1994 saß er noch einmal im Gemeinderat und führte vier Jahre die CDU-Fraktion.

Zu seinen letzten Wünschen, die Hans Martini mit Tochter, Sohn und Enkeln besprach, gehört, dass er keine öffentliche Trauerfeier möchte. Ihn würde freuen, so Marina Martini, wenn stattdessen zugunsten der ZI-Schule gespendet würde.

Freie Autorin

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