Auflösung Folge 202

Ein unvergessenes Paradies in der Innenstadt

„Was waren die Planken damals noch hell, die Straßenleuchten ein Traum und die Passanten sooo elegant" - mit dem "Erkennen Sie Mannheim"-Rätsel haben wir Nostalgie geweckt. Welches Paradies dort für alle unvergessen ist

Von 
Lea Seethaler
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Die Ecke damals ... © Marchivum

Eifrige Rätselfreunde haben wieder einen Volltreffer nach dem anderen gelandet - und Folge 202 von „Erkennen Sie Mannheim“ gelöst. Dabei haben sie so viele Erinnerungen eingesendet, wie schon lange nicht mehr - sehr zur Freude der Redaktion.

Herta Kleinert, wie sie selbst schreibt "vun de Hütt", also aus Hüttenfeld, hat uns sogar ihr Hochzeitsfoto mit dem Kleid, das aus Lackhoffschem Stoff geschneidert wurde, zugesendet. © Privat

Ingrid Zercher aus Neuhofen schreibt uns etwa in einer E-Mail: „Gerade beginne ich als Mannemer Mädel meine Zeitungslektüre nach dem Frühstück (...) Es handelt sich um das Quadrat P 4, mit dem tollen Stofffachgeschäft Lackhoff. Meine Anlaufstelle seit Schulmädchentagen für den Handarbeitsunterricht und danach für allerlei Selbstgenähtes.“ Nämlich „vom Faschingskostüm für den Cola Ball bis zu den Tanzstunden-Kleidern bei Lamadé“.

Angelika Weimer hat uns ein Bild einer historischen Schallplatten-Tragetasche von Radio Knörzer zugeschickt. © Angelika Weimer

Das Kleid fürs Lewe

Auch Herta Kleinert aus Hüttenfeld erinnert sich: „Anfang der 50iger Jahre gab es bei uns drei Highlights im Jahr. Ostern, Kirchweih (Kerwe) und Weihnachten. Das hieß für uns Kinder - es gab neue Kleider!“ Ihre Mutter war „exzellente Schneiderin - also fuhren meine Schwester und ich mit den Eltern in unserem roten DKW (mit weißem Dach, der Stolz unseres Vaters) nach Mannheim zu Lackhoff“. Es wurden tolle Stoffe ausgewählt: „Nicht ganz billig - aber Qualität musste sein!“ Zum Abschluss der Tour gab‘s dann „noch ein paar schicke Schuhe - bei Schuh-Tacke!“

Schwangere kollabiert auf Zuschneidetisch

Später kauft Kleinert mit ihrer Mutter dann edlen Stoff für ihr Hochzeitskleid bei Lackhoff : „Meine Mutter nähte mir ein traumhaft schönes Kleid! Es existiert noch! Nächstes Jahr, so Gott - und mein Mann will, feiern wir unseren 50. Hochzeitstag! Leider nicht in diesem Kleid......da müßte Herta erst mal ‘ne Runde abnehmen........aber das will Herta nicht! Ha...ha....ha....!“, schreibt sie mit ironischem Unterton.

Karlheinrich Trumpp aus Mannheim gibt derweil zum Besten: „Bei Lackhoff durfte ich meine damals sehr junge Ehefrau nach einem Kreislaufkollaps während ihrer ersten Schwangerschaft abholen. Sie lag auf einem Stoff-Zuschneide-Tisch, umstanden von besorgten Fachverkäuferinnen und Kundinnen. Das war und ist auch für mich eine einzigartige Erinnerung.“

Erlebnis in der letzten Kinoreihe

„Was waren die Planken damals noch hell, die Straßenleuchten ein Traum und die Passanten sooo elegant“, weiß Marion Daniela Schneider aus Schwetzingen. „Mit meiner Oma war ich als kleine Lady beim Lackhoff Stoffe kaufen.“ Die Oma habe ihr „viele Kleider selbst genäht, immer gab es Stoff vom Lackhoff.“ Die Tradition habe sie dann lange weitergeführt. „Von den Erlebnissen auf den letzten Reihen im Plankenkino schweige ich mich lieber aus ;o))“, schreibt Schneider, und man kann sich vorstellen, dass sie dabei schmunzelt.

Weißer Porsche auf den Planken

Im Jahr 2016 jedenfalls schließt Lackhoff nach fast 80 Jahren, doch auch viele andere Institutionen waren lange an diesem Ort ansässig. Lebhaft erinnern kann sich Uta Buja an die Örtlichkeiten. Schließlich hat die heute 87-Jährige ab dem Sommer 1956 für ein paar Monate bei Radio Knörzer gearbeitet, wie sie am Telefon erzählt. „Das war das größte Radiogeschäft, das man sich in Mannheim vorstellen konnte“, ein „ganz wunderbarer Ort“ sei das gewesen. Allein in der Schallplattenabteilung hätten mit ihr zusammen etwa zehn Mädchen gearbeitet. Der Chef, der sein Stammgeschäft in Stuttgart hatte, habe in Mannheim im dritten Stock des Gebäudes, hinter den auf dem historischen Foto zu erkennenden Vorhängen, ein Apartment gehabt.

Seine Frau sei „mit ihrem weißen Porsche über die Planken gefahren“, 1956 ein absolut ungewöhnlicher Anblick. Uta Buja wechselte trotz der hohen Zufriedenheit bald in ein anderes Geschäft, weil sich bei Knörzer wirtschaftliche Schwierigkeiten abzeichneten. Das sieht sie als die richtige Entscheidung, denn nachdem der Chef im Frühjahr 1957 unter tragischen Umständen gestorben war, schloss Radio Knörzer.

Liebesgeschichte startet

Doch Knörzer ist auch verantwortlich für eine Liebesgeschichte: „An Fasnacht 1956 habe ich einen netten Verkäufer der Fa. Knörzer kennengelernt ...... und 1958 geheiratet“, schreibt Margot Hacke aus Heddesheim.

TV steht im Schaufenster

Und einige Leser berichten uns zudem, dass sie an einem besonderen Tag im Juni vor langer Zeit auf den Planken vor den Schaufenster von Radio Knörzer stehen blieben. Und dort gebannt schauten. Etwa Werner Hübner aus Frankenthal. Er erinnert sich: Im Schaufenster von Radio Knörzer „waren Schwarzweiß-Fernsehempfänger aufgestellt, auf denen ich und auch andere Leute die Krönung von Elisabeth ll im Juni 1953 verfolgen konnten. Damals hatten nur wenige einen Fernseher.“

Indes haben viele Leser auf dem Bild einen Fehler entdeckt: „Der VW Bulli wurde erst ab 1950 gebaut und kann somit schlecht im Jahr 1949 vor dem Planken-Kino gestanden haben, welches wiederum erst 1952 eröffnet wurde“, weiß Werner Saiko aus Brühl. „Das Bild kann nicht vor April 1950 entstanden sein. Der VW-Bus wurde erst ab März 1950 produziert“, schreibt auch Gerhard Beckenbach aus Hirschberg. „Oder war es etwa ein ,Erlkönig’ der aufs Bild kam? Da ich schon 1949 geboren wurde, kann ich mich an dieses Bild mit VW-Bus nicht erinnern. Ich grinse gerade“, teilt uns Beckenbach seine etwas schadenfrohe Nostalgie mit.

„Positiv verändert“

„Wo früher das Bekleidungshaus Mages war, ist heute Schuh-Görtz“, erklärt weiter noch Heide Henigin aus Mannheim. „Was sich positiv verändert hat, ist, dass die Planken heute Fußgängerzone“ sind. Sie findet zudem: „Was es heute nur noch selten gibt, war die fachkundige und exzellente Beratung durch das erfahrene und geschulte Fachpersonal!!“

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

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