Man hat es nicht auf Anhieb gesehen - aber bis vor kurzem noch gab es in meinem Arbeitszimmer sieben Nähmaschinen. Sie versteckten sich im Schrank oder in Hüllen - oder können immer noch aus einem kleinen alten Tischchen hochgeklappt werden. Diese und eine weitere sind aus den 1920er- bis 1950er Jahren und einfach faszinierende Meisterwerke der Mechanik. Ich kann nicht anders, ich bewundere sie einfach. Zu den beiden alten Tanten gesellte sich die Maschine meiner Patin aus den 1980ern, dann kam eine moderne Overlock dazu, dann - das war allerdings zu kurz gedacht - eine Plastik-Kindernähmaschine. Kurz drauf aus einer Erbschaft eine stabile Alleskönnerin aus den 1990ern. Schließlich zuletzt ein „Sportwagen“: Die Overlock eines Schweizer Herstellers - unglaubliche Präzision und Leistung, aber auch großer Platzbedarf im Schrank. Für Nicht-Näher, die trotzdem bis hier weitergelesen haben: Eine Overlock-Maschine näht und versäubert gleichzeitig, zwei Arbeitsschritte in einem.
Jede Trennung von einem dieser Fadenverschlinger fällt schwer. Doch eine Bedingung gibt es: Alle Maschinen müssen funktionieren - wer schlappmacht, wird repariert oder muss gehen. Und so gibt es aktuell nur noch drei. Meine Freundin Ita hat mich vor einigen Jahren wieder „an die Nadel“ gebracht, indem sie mich in ihren Nähkreis mitnahm. Eine Gruppe Frauen hatte einen Gemeindesaal in Feudenheim gefunden, eine Schneiderin begleitete jede Teilnehmerin bei ihrem selbstgewählten Projekt. Das ist inzwischen leider vorbei. Seither schneidern wir ohne professionelle Begleitung weiter. Schnell war nämlich der Nähkurs an der Volkshochschule, den ich als Schülerin gemacht hatte, aktualisiert. Und von Ita kann man sich auch viel abgucken. Überhaupt: Am schönsten ist so ein Nähtag in Gemeinschaft. Man unterstützt sich gegenseitig, findet gemeinsam kreative Lösungen für Schwierigkeiten - die gibt es immer - und bewundert gegenseitig die Ergebnisse.
Der jüngste gemeinsame Nähtag von Ita und mir endete mit zwei fertigen Baskenmützen und zudem zwei zugeschnittenen. Und für den nächsten Kreativtag - der noch nicht terminiert ist - liegt bereits eine Vorlage für ein Mantelkleid bereit. Zeitschriften und Bücher sowie Internetplattformen mit Tipps, Anleitungen und Nähkursen gibt es in großer Menge.
2020 war das Jahr des Masken-Nähens und -Verschenkens. Jetzt habe ich davon die Nase voll. Auftragsarbeiten gehören übrigens nicht zu einem entspannten Nähtag. Lieber etwas Neues ausdenken und umsetzen. Auch auf die Gefahr hin, dass die Euphorie über das fertige Produkt in den Tagen danach schwindet.
Einen „Nähtag“ anzusetzen, verspricht himmlische Entspannung durch überschaubare Aufgaben. Nur eine Stunde dafür einzuplanen, geht nicht. Da ist kaum das Material ausgewählt und zurechtgelegt. Es muss am Ende mindestens ein halber Tag Freizeit sein, besser noch ohne irgendeine folgende Verpflichtung. Unter Stress gelingt niemals ein Nähprojekt - nicht bei mir jedenfalls. Was nicht heißen würde, dass ich penibel ständig wieder auftrennen würde, wenn etwas leicht schief gerät.
Es wird eher „passend gemacht“. Am liebsten entsteht pro Nähtag ein fertiges Projekt. Sonst droht das halbfertige Stück monatelang im Nähmaschinenschrank zu liegen - bis wieder einer dieser wunderbaren Nähtage machbar ist.
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