Kirche

Diese besonderen Kunstwerke zeigt die Mannheimer Jesuitenkirche nur zu Ostern

Am heutigen Samstag werden sie aus dem großen Tresor der Jesuitenkirche geholt. Denn nur in der Osternacht und zu den Ostergottesdiensten stehen sie auf dem Altar und werden verehrt

Von 
Peter W. Ragge
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Auf dem Hochaltar der Jesuitenkirche werden sie in der Osternacht aufgebaut: die fünf Wundmale Christi, angefertigt 1759/1760. © Thomas Tröster

Mannheim. Am Samstag holt sie Mesner Waldemar Staschak aus dem großen Tresor der Jesuitenkirche. Denn nur in der Osternacht und zu den Ostergottesdiensten stehen sie auf dem Altar und werden verehrt – die Wundmale Christi, fünf ganz besonders einzigartige filigrane Kunstwerke aus Gold und Silber aus dem Kirchenschatz der Jesuitenkirche.

Was sie so einzigartig und kostbar macht, zeigt ein Blick auf die gravierten silbernen Schilder, die sich jeweils am Fuß der monstranzähnlichen Altaraufsätze befinden. „Agonia DNJC“ heißt es da, also das Leiden unseres Herrn Jesus Christus („Domini Nostri Jesu Christi“), des Mannheimer Kollegiums der Gesellschaft Jesu, sprich der Jesuiten. Dazu finden sich Jahreszahlen, einmal 1759, sonst 1760 – also mitten in der Barockzeit.

Dekan Karl Jung zeigt das durchstochene Herz Jesu mit Dornenkrone. © Pressefotoagentur Thomas Tröste

1760 ist das Jahr, in dem das monumentale, prachtvolle, stets sehr beeindruckende Bauwerk der Jesuitenkirche geweiht wird. Kurfürst Carl Philipp hatte sie in Auftrag gegeben und den Jesuiten bereits 1727 einen Bauplatz zur Errichtung einer großen Hofkirche zur Verfügung gestellt. Der kurfürstliche Oberbaudirektor und Theaterarchitekt Alessandro Galli da Bibiena fertigt die Pläne, und 1733 legt der Regent den Grundstein. Nach Carl Philipps Tod 1742 lässt sein Nachfolger Carl Theodor das Gotteshaus fertigstellen – von zahlreichen berühmten Baumeistern und Künstlern wie Nicolas de Pigage, Paul Egell, Egid Quirim Asam und Peter Anton von Verschaffelt. Am 18. Mai 1760 kommt dann der Fürstbischof von Augsburg, Joseph Landgraf von Hessen-Darmstadt, zur festlichen Weihe.

„Einzigartige Kleinodien“

Schon damals gibt es die Wundmale, gestiftet von der Todesangst-Bruderschaft, deren Mitglieder für einen gnädigen Tod für sich und ihre Mitbrüder beten, Gläubigen in lebensbedrohender Krankheit beistehen und sie auf den Tod vorbereiten. Dazu passen die – trotz aller prachtvollen Goldschmiedekunst – ja teils recht drastischen Darstellungen der Wundmale.

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Jeweils umgeben von einem goldenen Sternenkranz stellen sie die durch die römischen Soldaten von Nägeln durchschlagenen zwei Füße und die zwei Hände des Gekreuzigten dar. Kleine rote Rubine symbolisieren die Blutstropfen. Noch mehr dieser Edelsteine finden sich auf dem Hauptwerk der fünf Wundmale – dem Herz, denn das hat ja ein römischer Soldat nach der Kreuzigung durchstochen, um sicher zu sein, dass der Heiland wirklich tot ist. „Aus seiner geöffneten Seite strömen Blut und Wasser“, heißt es dazu im Johannesevangelium. „Wasser und Blut sind die Zeichen für Taufe und Eucharistie“, erklärt Dekan Karl Jung dazu.

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Daher gibt es auf dem silbernen Herz besonders viele rote Edelsteine. Noch dazu ist es von einer vergoldeten Dornenkrone umgeben, mit einem von Edelsteinen besetzten Kreuz gekrönt. Das Herz sei daher das theologisch Bedeutsamste der fünf Wundmale, weshalb es stets in der Mitte des Altars aufgestellt wird, erklärt Jung. „Es ist zentral für die österliche Erlösungsbotschaft“, betont der Dekan. Anhand der Wundmale könne jeder sehen, „dass es Jesus ist, der gestorben ist, und dass genau er es war, der wieder auferstanden ist, nicht irgend ein anderer Mann“, hebt Jung hervor.

Joseph Ignaz Saler 

Geschaffen hat die fünf Wundmale Joseph Ignaz Saler (1697-1764). Von dem Augsburger Goldschmied stammt auch die Maria Immaculata, die aus Silber getriebene, wunderbare und lebensgroße Muttergottesstatue auf einer von einer Schlange umzüngelten Weltkugel, an der die Opferkerzen entzündet werden. Die Wundmale seien aber „einzigartige Kleinodien“ im ohnehin wertvollen Kirchenschatz, urteilt Kunsthistorikerin Eva-Maria Günther von den Reiss-Engelhorn-Museen, von der im vergangenen Jahr ein neuer Kirchenführer über die Jesuitenkirche erschienen ist. „Das qualitätvolle Ensemble gehört zu den wenigen erhaltenen seiner Art in Deutschland“, so Günther über die Wundmale.

Doch fast wären sie von den Nationalsozialisten geraubt worden, die ja oft Kirchengut beschlagnahmten. Der damalige Mesner, Bruder Satyrus, richtete aber eine Geheimkammer neben der Jesuitengruft unter dem Westturm der Jesuitenkirche ein, füllte sie Stück für Stück mit besonders kostbaren Sakral- und Kunstgegenständen sowie Paramenten. Den zugemauerten Zugang verbarg er hinter einer Nottoilette, direkt neben dem Luftschutzkeller. So blieben viele barocke Kunstwerke erhalten, während die Kirche selbst bei Bombenangriffen 1943 und 1945 weitgehend zerstört wurde. Der Wiederaufbau gelang nur langsam, und erst seit 1997 ist der kunsthistorisch bedeutende Hochaltar rekonstruiert, auf dem die Wundmale nun zu Ostern stehen.

Redaktion Chefreporter

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