Videoüberwachung - Am Alten Meßplatz und am Paradeplatz werden ab heute Bilder aufgezeichnet

Die Kameras sind scharfgestellt

Von 
Roger Scholl
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Wer heute aufmerksam über den Alten Meßplatz oder den Paradeplatz geht, dem werden möglicherweise Schilder auffallen, die gestern noch nicht dort hingen. Auf ihnen weist die Stadt auf den Beginn der Videoüberwachung hin, die Kameras werden ab 12 Uhr „scharfgestellt“. Dann zeichnen in diesem Bereich 28 Geräte Bilder der Plätze auf, mit den vier Kameras am Hauptbahnhof, wo seit 2007 überwacht wird, sind es zusammen 32. Eine erste Ausbaustufe sozusagen, insgesamt sind 65 Aufzeichnungsgeräte (ohne Planken-Kopf) vorgesehen.

Für die Überwachung gelten strenge rechtliche Regeln, wie Nils Hauck, der zuständige Experte im städtischen Fachbereich Sicherheit und Ordnung, erläutert: „Paragraf 21, Absatz drei des Polizeigesetzes schreibt vor, dass nur an Stellen mit einer signifikanten Mehrbelastung an Straßenkriminalität – also etwa Raub, Körperverletzung, Drogendelikte – überwacht werden darf. Wir haben zusammen mit der Polizei die Kriminalität detailliert ausgewertet und Bereiche mit überproportional vielen Straftaten identifiziert.“

Am Planken-Kopf nicht gefilmt

Es sind dies die Breite Straße mit dem Marktplatz, der Alte Meßplatz, Paradeplatz und Bahnhofsvorplatz. „Am Plankenkopf, wo die Überwachung ursprünglich auch vorgesehen war, sind keine Kameras installiert“, sagt der Jurist. Dort sei die Kriminalität stark zurückgegangen, nach Einschätzung der Experten könnte das mit dem Planken-Umbau zusammenhängen. „Wir warten die Entwicklung im ersten Quartal 2019 ab, aber wie es aussieht, werden wir am Planken-Kopf keine Videoüberwachung einrichten.“ Hier waren elf Kameras vorgesehen.

An den jetzt überwachten Bereichen Alter Meßplatz und Paradeplatz fehlen noch jeweils zwei Kameras – Hauck: „Da hat sich die Installation wegen Bauarbeiten verzögert.“ Bis Ende November soll dann auch die automatisierte Überwachung in Betrieb gehen, so lange werfen ausschließlich Polizeibeamte ein Auge auf die Kamerabilder, die 72 Stunden lang gespeichert und – falls keine Straftat aufgezeichnet wurde – gelöscht werden. Bis die intelligente und selbstlernende Automatik, die Bewegungsmuster von möglichen Straftaten erkennen soll, aber keine biometrische Gesichtserkennung enthält, noch nicht in ausreichendem Umfang „gelernt“ hat, geht man den „Mannheimer Weg“, wie Hauck erklärt: „Beamte schauen zusätzlich die Bilder an und schicken sofort Kollegen los, wenn sie eine Tat sehen.“

Zu den Kritikern der Videoüberwachung zählen im Gemeinderat die FDP, die Grünen und die Linken. Die beiden Letzteren erneuerten ihre Ablehnung jetzt noch einmal im Bezirksbeirat Neckarstadt, wo Bürgermeister Christian Specht und Polizeipräsident Thomas Köber das Konzept vorstellten. Neben dem Schutz der informationellen Selbstbestimmung geht es auch darum, dass man Überwachung für kein wirksames Instrument der Kriminalitätsbekämpfung hält. Hauck sieht das anders: „Videoüberwachung ist ein Baustein, Aufklärung, Prävention, Streifen gehören selbstverständlich zum Sicherheitskonzept.“ Im Übrigen habe die erste Videoüberwachung von 2001 bis 2007 gezeigt, dass von Kameras durchaus eine abschreckende Wirkung ausgehe.

Ab heute weisen also Schilder die Bürger auf die Überwachung hin, auf ihnen ist auch ein sogenannter QR-Code zu sehen, der mit Smartphones eingescannt werden kann und zu ausführlichen Hintergrundinformationen leitet – auch in englischer und türkischer Sprache. „Blinde und Sehbehinderte haben wir zusammen mit dem Badischen Blinden- und Sehbehindertenverein schon vorab informiert.“

Info: Fotostrecke und Dossier unter morgenweb.de/sicherheit

Videoüberwachung

Neue Kameras am Paradeplatz und am Alten Meßplatz

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Technik und Kosten

Bei der Videoüberwachung arbeiten Stadt und Polizei zusammen. Die Kosten für Anschaffung und Installation betragen 800 000 Euro für die Stadt, die technische Infrastruktur bei der Polizei kostet 200 000 Euro.

Zum Einsatz soll ein neuartiges und bundesweit einmaliges Auswertungsprogramm des Fraunhofer Instituts für Optronik (Karlsruhe) kommen. Es ist selbstlernend und kann Bewegungsmuster von Straftaten erkennen, erfasst aber keine biometrischen Daten von Gesichtern ohne Verdacht auf Straftaten.

Zudem schauen in der Lernphase des Programms immer auch Polizeibeamte auf die Bilder und intervenieren sofort, falls eine Straftat zu sehen ist, indem sie Kollegen losschicken.

Redaktion Lokalredaktion, Koordinator Stadtteilseiten

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