Mannheim. Eine dichte Wand aus weißem Rauch bewegt sich langsam auf die zahlreichen Medienvertreterinnen und -Vertreter zu. Sie wirkt bedrohlich. Zudem liegt eine leicht rauchige Note in der nun ganz und gar nicht mehr so frischen Luft. Die Lüftungsanlage im Fahrlachtunnel heult. Ja, eigentlich schreit sie regelrecht. Selbst etwa 100 Meter vor dem Tunnel, unter der Galerie auf der Lindenhof-Seite, versteht kaum jemand sein eigenes Wort.
Es ist ein außergewöhnlicher Medientermin an diesem Mittwochvormittag. Eigentlich bekommen Journalistinnen und Journalisten auf Terminen tatsächlich auch etwas zu sehen. Nun, in dieser dichten Wolke aus Rauch, ist das eher schwierig. Das brennende Fahrzeug im Inneren des Tunnels ist schon lange nicht mehr zu erkennen. Der Rettungstrupp an Feuerwehrleuten läuft vorbei. Schnell sieht man nur noch den einen oder anderen Reflektor auf den Anzügen, ehe auch diese vom dichten Weiß verschluckt werden. Um einen herum: noch immer der Lärm der Lüftungsanlage und der Geruch des Nebels.
„Man sieht, dass man nichts sieht“, wird in diesen Minuten im abgesteckten Presse-Bereich zum geflügelten Wortspiel. Wenige Minuten später sind es zunächst wieder die Reflektoren, die zu erkennen sind, ehe nach und nach der Rettungstrupp aus dem Nebel heraustritt und sichtbar wird. In der Mitte des Trupps, auf einer Trage liegend: ein Übungsdummy, also eine Puppe, die aus dem Tunnel „gerettet“ worden ist.
"Wiedereröffnung des Fahrlachtunnels hat für die Stadt absolute Priorität“
Die Stadt und die Feuerwehr proben den Ernstfall: einen Brand im Fahrlachtunnel. Oder, um es den Umständen entsprechend noch etwas präziser zu formulieren: Ein Brand im gesperrten Fahrlachtunnel. Die Tests sollen der Stadt und Experten Erkenntnisse über das Rauch- und Lüftungsverhalten im Brandfall liefern, die Feuerwehr nutzt die Übungen (es sind insgesamt acht angesetzt) zudem, um Abläufe zu optimieren und mehr darüber zu erfahren, wie schnell man von der feuerfreien Tunnelröhre in die brennende gelangen kann. „Die in einigen Tagen vorliegenden Ergebnisse der Tests wirken sich auf die Öffnungsstrategie für den gesperrten Tunnel aus“, erklärt Alexandre Hofen-Stein, Projektkoordinator Fahrlachtunnel der Stadt.
Auch für Dirk Grunert hat der Termin etwas Besonderes. Als er Mitte dieses Jahres das auch für die Nahverkehrsplanung zuständige Dezernat V als Vertretung für die sich in der Babypause befindende Bürgermeisterin Diana Pretzell übernommen hatte, folgte nur wenig später die vollständige Schließung des Tunnels. „Eine für mich sehr große Überraschung“, wie der Grünen-Politiker vor dem Feuertest an diesem Donnerstag sagt. Nun, wenige Tage, bevor er das Dezernat wieder an Pretzell übergibt, schließe sich für Grunert ein Kreis. „Die Wiedereröffnung des Fahrlachtunnels hat für die Stadt absolute Priorität“, betont er.
Vorbehaltlich der Ergebnisse der Tests verfolgt die Stadt die Strategie einer schrittweisen Öffnung der seit Anfang August vollständig gesperrten Tunnelröhren. Im Sommer nächsten Jahres soll demnach zunächst jeweils nur eine Spur für Pkw geöffnet werden. Lastwagen dürften den Tunnel erst nach weiteren Stufen passieren.
Gesamte technische Ausstattung entspricht nicht dem aktuellen Stand der Technik
Zurück in das Presse-Viereck vor dem Tunnel. Die laute Tunnellüftung wurde durch die Brandsensorik in Gang gesetzt. „Die Lüftung scheint zu funktionieren, das ist ja schon mal gut“, sagt Hofen-Stein mit einem Lachen. Der erste Schritt? Kann mit einem optimalen Testergebnis der Tunnel sogar schon vor Sommer 2022 geöffnet und damit der Verkehr in und um Mannheim in hohem Maße entlastet werden?
Die Stadt zeigt sich diesbezüglich wenig optimistisch. „Neben der Tunnellüftung und der Brandsensorik sind Mängel und Defizite bei anderen technischen Anlagen festgestellt worden“, teilt Stadt-Sprecher Kevin Ittemann dieser Redaktion auf Nachfrage hin mit. Die Stromversorgung, die Lautsprecheranlage oder die Notrufanlage bereiten demnach ebenfalls Sorgen. „Im Grunde lässt sich sagen, dass die gesamte technische Ausstattung des Tunnels nicht dem aktuellen Stand der Technik entspricht.“
Positive Ergebnisse der Brandrauchtests könnten zwar zu einer Veränderung der „Maßnahmenpriorisierung“ führen, heißt es. „Mit einer deutlich früheren Öffnung ist jedoch nicht zu rechnen.“