Mannheim. Man merkt, wie schwer es ihm fällt und wie er um Worte ringt. „Es tut mir in der Seele weh“, gesteht Thomas Dörner, der Präsident der Karnevalkommission. Aber jetzt steht die Entscheidung, die viele Fasnachter schon seit Wochen fürchteten, fest: Der große gemeinsame Fasnachtszug der Städte Mannheim und Ludwigshafen, der 2023 turnusgemäß durch die Quadratestadt gelaufen wäre, findet nicht statt. Das hat Dörner am Nachmittag gemeinsam mit der Stadt gegenüber der Presse bestätigt.
Die Karnevalkommission (KKM) ist die Dachorganisation von 23 Vereinen, gegründet 1951. Sie kümmert sich um die Straßenfasnacht und die Koordination über Vereinsgrenzen hinweg, als Hauptaufgabe hat sie aber die Organisation des Fasnachtszugs in Mannheim. „Doch das ist im Ehrenamt nicht mehr zu leisten“, so Dörner, „so sehr ich, so sehr wir das bedauern“.
Haftung und Versicherung
Schon 2020 und 2021 hatte der Fasnachtszug ausfallen müssen - wegen der Corona-Pandemie. Nun begründet Dörner die erneute Absage mit „durch die Pandemie bedingten veränderten Rahmenbedingungen mit Ressourcenengpässen im Ehrenamt“. Ferner verweist er auf „fehlende verlässliche Planbarkeit“. Diese verhinderten eine genehmigungsfähige Durchführung in Mannheim.
Zuletzt lastete die Hauptarbeit der Organisation auf ihm. Hinzu kamen die Vizepräsidentin und der Vizepräsident, ferner die Schatzmeisterin für die ganzen Abrechnungen. Das eine oder andere Vorstandsmitglied übernahm noch kleinere Aufgaben, etwa die Sprecherstationen. „Aber wir können das als Verein allein nicht mehr leisten“, so Thomas Dörner: „Das ist im Ehrenamt nicht mehr zu stemmen“, erklärt er.
Von Jahr zu Jahr seien die behördlichen Auflagen strenger, die Kontrollen des TÜV der teilnehmenden Fahrzeuge genauer geworden. Dabei stand die Karnevalskommission immer zwischen den Vereinen und den Behörden, musste vermitteln. Die ganze Haftung sei letztlich an den Organisatoren gehangen. „Ein Riesenproblem“, so Dörner: „Keiner konnte uns sagen: Was ist, wenn etwas passiert?“ Bislang sei der Fasnachtszug mit einer Deckungssumme von drei Millionen Euro versichert gewesen, aber bei großen Sach- oder gar vielen Personenschäden bei einem Zwischenfall mitten in der Innenstadt käme man schnell auf einen viel höheren Millionenbetrag. „Man hat uns gesagt, dass 50 bis 100 Millionen Versicherungssumme nötig wären - das bedeutete allein 20 bis 25 000 Euro Versicherungsprämie“, rechnet der Präsident vor.

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Die Stadt zahlt für den Fasnachtszug, wenn er in Mannheim stattfindet, bisher 80 000 Euro Zuschuss. Davon sind Absperrungen, Security-Personal, Tribünenbau, Sprecherstationen, nicht zuletzt die Wagen für Prinzenpaar und Kleppergarde sowie die Miete, um sie das ganze Jahr unterzustellen, zu zahlen. „Es war klar, dass dieses Jahr alles viel, viel teurer wird - aber wir wussten gar nicht, wo es hinlaufen würde, und es war auch unklar, welche zusätzlichen Auflagen wir womöglich erfüllen müssen“, erläutert Dörner.
Wechsel nach Ludwigshafen nicht möglich
Dabei macht er der Stadt keine Vorwürfe. „Wir hatten gute Gespräche“, zuletzt auch mit dem Oberbürgermeister. Der habe geprüft, ob den Fasnachtszug 2023 eine städtische Gesellschaft durchführen könnte. Doch das sei „aufgrund kurzer Vorlaufzeiten und nicht vorhandener Strukturen“ ebenso ausgeschieden wie ein kurzfristiger Wechsel mit Ludwigshafen, das 2024 wieder dran ist. Ab 2025 solle der Fasnachtsumzug in Mannheim organisatorisch „neu aufgestellt werden“, formuliert es Dörner. Er habe sich mit der Stadt verständigt, bis dahin „entsprechende organisatorische und strukturelle Voraussetzungen zu schaffen“. Konkret soll die städtische Gesellschaft Event & Promotion Mannheim (EPM) den Umzug künftig veranstalten, die Karnevalskommission aber weiter inhaltlich unterstützen.
Kulturbürgermeister Michael Grötsch sieht darin „eine gemeinsame tragfähige Lösung für die Zukunft“. Er bedauere zwar sehr, dass auch 2023 kein Fasnachtsumzug in Mannheim stattfinden werde, so der im Rathaus für die Fasnacht zuständige Dezernent. Er könne die Entscheidung der Karnevalkommission „aufgrund der derzeitigen Rahmenbedingungen“ aber nachvollziehen. Rückendeckung bekommt Dörner auch von Feuerio-Präsident Bodo Tschierschke. Vor dem Zweiten Weltkrieg hat Mannheims größte und älteste Karnevalsgesellschaft den Fasnachtszug selbst durchgeführt. Vereine könnten das heute aber nicht mehr leisten. „Wir sind schon mit unserem Wagenbau ausgelastet“, so Tschierschke. „Es ist sehr, sehr schade für alle Mitwirkenden und die Tausenden, die immer jubelnd am Straßenrand standen“, meint er, „aber es ist richtig, dass eine Veranstaltung mit solch einer Größe und Verantwortung die Stadt selbst übernimmt“. Auch das Stadtfest sei anfangs ja von der Karnevalskommission organisiert worden, „bis man eingesehen hat, dass man andere Strukturen braucht“.
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