Mannheim. „Kaum zu glauben, aber wahr – trotz Corona ist sie da“: Gereimt hieß Mannheims oberster Fasnachter Thomas Dörner Daniela Kinney willkommen. Bei einem sehr stilvollen Abend in der Feudenheimer Kulturhalle haben die „Pilwe“ die 35-Jährige als neue Stadtprinzessin Daniela II. inthronisiert – wenngleich die Sorge, ob es angesichts dramatisch zunehmender Corona-Infektionen überhaupt eine Fasnachtskampagne geben wird, viele Gratulationen bestimmte und am Rande sogar ganz massiv angezweifelt wurde.
Am Eingang wird streng kontrolliert, ob alle Gäste geimpft oder genesen sind. Betritt man dann aber die Kulturhalle, wo die „Pilwe“-Aktiven mit viel Aufwand und Liebe zum Detail Bühne und Tische dekoriert haben, könnte man das fast vergessen – wenn die Maskenpflicht nicht wäre. Jens Huthoff & Band sorgen auch gleich für so gute Stimmung, dass die Garde schon, statt starr Spalier zu stehen, die Beine im Takt bewegt. Und bei den Reden stimmt die Formation stets passende Titel an.
„Zeige dich, ich kann’s kaum erwarten, zeige dich, ich will dich sehen“ – das erklingt dann zu dem Moment, den „Pilwe“ und Daniela Kimmey schon über ein Jahr herbeigesehnt haben. Unter dem Beifall der Gäste, dann gar aufkommendem Jubel wird die neue Lieblichkeit von Präsident Rolf Braun auf die Bühne geführt, zum Vereinslied „Wir sind die Pilwe“ inthronisiert.
Nun fließen Tränen – Tränen der Rührung bei ihr, aber auch bei Vertretern des Vereins und einigen ihrer Vorgängerinnen. „Du wirst es mit sicherer Hand führen und sehr souverän regieren“, überreicht ihr „Pilwe“-Vizepräsident Matthias Böckel das Zepter und verspricht: „Wir werden alles tun, damit Du eine wunderschöne Kampagne hast!“ „Wir sind von Herzen bei Dir“, übergibt ihr Elferrätin Gertraude Karusseit die Kappe und fordert: „Hör uff zu Weinen“ – wird aber selbst von der Rührung übermannt. Von Marc Karusseit bekommt Daniela II. ihre Standarte, von Präsident Rolf Braun, voller Stolz auf die neue Regentin, schließlich ihren Orden.
„Es ist ein so schönes Gefühl, hier oben zu stehen“, strahlt sie und dankt dem Neckarauer Verein, der sie „so geil, so super aufgenommen“ habe. Und ein besonderes Lob bekommt von ihr die Jugendgarde für den Tanz, den sie – überwiegend per Video und Internet – eigens einstudiert hat. Daniela II, einst selbst Gardetänzerin, fällt dabei gleich auf: „Super süß, wie die Mädchen mich angestrahlt haben“, so die Stadtprinzessin: „Das habt ihr super, super schön gemacht ihr seid echt der Hammer!“, lobt Daniela II..
Ein „wunderschönes Lächeln“ bescheinigt aber auch der bisherige Stadtprinz Naro Vitale der neuen Lieblichkeit. „Ich war deutlich aufgeregter“, erinnert sich Maren-Michelle Gruber, die vorherige Stadtprinzessin, an ihre eigene Inthronisation. „Egal unter welchen Umständen die Kampagne stattfindet, Du wirst ein ganz tolles Erlebnis haben“, meint Maren-Michelle Gruber. „Egal was kommt – mach das Beste daraus. Du hast den besten Verein hinter Dir stehen,“ sagt Nadine Duschka, die 2015 zuletzt Prinzessin der „Pilwe“ war. Ihr Prinz war damals Alexander Fleck, der Danielas feierliche Inthronisation als „Schritt, ein bisschen Normalität hinzukriegen“ wertet und ihr wünscht, „dass wir eine fast normale Kampagne hinkriegen.“
Zweifel daran bestimmt indes viele weitere Gratulationen. „Wehmut, dass wir auf große Teile der Straßenfasnacht verzichten müssen“ bekennt Stadtrat Bernhard Boll. „Das ist der Preis der Freiheit, die immer die Freiheit der Andersdenkenden ist – in dem Fall derer, die nicht sich und andere schützen mögen, und das Tribut, das wir in einer offenen Gesellschaft an das Virus entrichten müssen“, merkt er kritisch an. Da offenbar kein Bürgermeister Zeit hat, vertritt der Neckarauer SPD-Stadtrat offiziell die Stadt – und spricht vielen aus dem Herzen, als er den „Pilwe“ zur „ausgezeichneten Wahl“ von Daniela, die eine „Vollblutfasnachterin sei“, gratuliert. Ihr und dem Verein, der seit der Gründung das ganze Jahr Motor des kulturellen Lebens in Neckarau sei und eine ausgezeichnete Jugendarbeit betreibe, drücke er die Daumen für eine gelingende und erfolgreiche Kampagne. Dabei wisse die Stadt um die Bedeutung der „aufopferungsvollen ehrenamtlichen Arbeit“, die nötig sei, um das Vereinsleben am Leben zu erhalten.
Daniela und die „Pilwe“
Daniela Kinney (35), die neue Stadtprinzessin Daniela II., ist Medizinisch-Technische Assistentin am Uniklinikum Heidelberg und kommt aus Ludwigshafen. Sie war dort bereits Vereinsprinzessin der Stadtgarde.
Das Privileg, die Stadtprinzessin zu stellen teilen sich von den 23 Mannheimer Karnevalsgesellschaften in einem festen Turnus sechs „federführende Vereine“: die „Pilwe“, die „Sandhase“, die „Grokageli“, der „Lallehaag“ , die „Fröhlich Pfalz“ sowie die „Löwenjäger“. Einige andere Mannheimer Vereine inthronisieren jährlich oder nur zu Jubiläen eigene Vereinsprinzessinnen.
Erst im Januar, beim „Weißen Ball“, kommt der Prinz dazu. Ihn stellt seit 1899 – mit nur kurzen Unterbrechungen durch die beiden Weltkriege – der Feuerio, Mannheims älteste und größte Karnevalsgesellschaft. Danach repräsentieren sie als Prinzenpaar gemeinsam die kurpfälzer Fasnacht.
In ihrem Motto erklärt die neue Lieblichkeit auch, was der Name ihres Vereins, nämlich „Pilwe“, bedeutet. „Pilwe“ wird ein mit Gänsefedern gefülltes Bettkissen genannt – abgeleitet vom lateinischen „pulvinus”. Neckarau war ein reiches Dorf, die Bauern haben viele Gänse gehalten und konnten es sich daher leisten, auf Federkissen zu schlafen. Nachbarn gaben den Neckarauern dann den Namen „Pilwe“.
Dietmar Beck gratuliert im Namen der Vereinigung Badisch-Pfälzischer Karnevalsvereine nicht nur der neuen Stadtprinzessin, sondern auch dem seit 1987 amtierenden „Pilwe“-Präsidenten Rolf Braun zum Vereinsjubiläum. Präsident Thomas Dörner von der Karnevalskommission bedauert, dass ausgerechnet dann, wenn eine Ludwigshafenerin als Prinzessin regiert, der gemeinsame Fasnachtszug in Ludwigshafen ausfallen muss. „Aber wir Fasnachter stellen uns unserer Verantwortung“, sagt er mit Blick auf Corona.
Die Feuerio-Vizepräsidenten Stefan Hoock und Oliver Althausen versichern, dass der Feuerio einen Prinz für Daniela II in petto hat, wenn im Januar ein Weißer Ball möglich ist. Zunächst beglückwünscht Hoock die Pilwe aber zur „fantastischen Inthronisation“, und Althausen hat für die Ludwigshafenerin eine Mannheimer Neubürgermappe dabei: „Sie soll sich ja auskennen, wenn sie von drüben kommt!“, sagt Hoock.
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