Mannheim. „Traurig.“ Die Sonne scheint nicht an diesem Vormittag. Passend dazu ist die Stimmung bei Giampaolo Da Col merklich gedrückt. Gerade erst hat einer seiner größten Konkurrenten angekündigt, die Planken zu verlassen. Dario Fontanellas berühmtes Eiscafé liegt genau gegenüber vom Eissalon Cortina, das Da Col in P 4 führt.
Wer glaubt, dass er deswegen jubiliert, liegt falsch. Viel zu gut kann er nachvollziehen, was es bedeutet, einen so traditionsreichen Standort wie den von Fontanella aufzugeben. Seit 1955 verkauft Da Cols Familie ihr Eis auf den Planken. Doch mehr als das eine Wort möchte er zu Fontanellas Abschied nicht sagen.
Fontanella auf den Planken schließt: Händler trauern
Doch damit trifft er den Ton vieler Händler auf den Planken. Als „jammerschade“ bezeichnet es Andreas Hilgenstock, dass die Planken mit Dario Fontanella nicht nur den Erfinder des Spaghettieis’, sondern auch noch ein Bloomaul verlieren. „Wenigstens“, so der Engelhorn-Geschäftsführer, „bleibt er uns in Q 6/Q 7 erhalten.“
Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren
Ein anderer Händler, der ebenfalls ein Geschäft auf den Planken führt, will zwar nicht namentlich genannt werden. Aber auch er findet es „sehr bedauerlich“, dass Fontanella schließt. Die Probleme hätte sich Mannheim selbst geschaffen, die Stimmung unter den Inhaber in der City sei richtig schlecht. Wörtlich drückt er es deutlicher, aber nicht druckreif aus.
Dario Fontanella kritisiert Standort auf den Planken in Mannheim
Mit Kritik am Standort hatten auch die Fontanellas nicht gespart. Seit 1954 haben sie den Laden in O 4, 5 gemietet - fast 70 Jahre. Und vor rund 90 Jahren wurde ihr erster Eissalon in der Innenstadt eröffnet. Im Gespräch mit dem „MM“ sagen Dario und seine Frau Desi Fontanella, dass der Weg zur Entscheidung, die Planken zu verlassen, „lang und schmerzhaft“ gewesen sei. Gründe nennen die beiden viele: fortwährende Diskussionen mit der Stadt wegen der Außenbestuhlung vor dem Café, Planken-Umbau und Corona-Lockdowns drückten aufs Geschäft. Dario und Desi Fontanella beklagen, dass die Flaniermeile ihre Anziehungskraft verloren habe, sie zu schmutzig und die Passantenfrequenz in den letzten Jahren immer weiter zurückgegangen sei.
Fontanella-Aus auf den Planken: Das sagt die Stadt Mannheim
Auch im Wirtschaftsdezernat der Stadt löst die Nachricht vom Fontanella-Weggang keine Freude aus: „Die Schließung dieses prominenten Standorts bedauern wir sehr, respektieren aber die unternehmerische Entscheidung, die sicher nicht leicht gefallen ist.“
Die jüngste Passantenbefragung bestätigte erneut die Attraktivität der Mannheimer City trotz Corona-Pandemie, Inflation und allgemeiner Kaufzurückhaltung.
Gleichzeitig sieht man im Dezernat inhaltlich einiges anders als Dario und Desi Fontanella. Beispiel Anziehungskraft der Planken: „Die jüngste Passantenbefragung bestätigte erneut die Attraktivität der Mannheimer City trotz Corona-Pandemie, Inflation und allgemeiner Kaufzurückhaltung“, heißt es auf Anfrage des „MM“. Vorgestellt wurde die Erhebung Mitte Februar.
Dabei erhielt die Innenstadt die beste Note in den zehn Jahren, seit es die Erhebung gibt: 2,2. Die schlechteste Note mit 2,7 wurde 2014 und 2016 vergeben. Auch die Zahl der Passanten habe sich nach der Pandemie „sehr schnell wieder sehr gut entwickelt“, heißt es aus dem Dezernat von Wirtschaftsbürgermeister Michael Grötsch (CDU). Laut der Erhebungsplattform Hystreet liege sie mittlerweile wieder auf dem Niveau von 2019.
Muss man sich um die Planken Sorgen machen? Nein, sagt Lutz Pauels. Dafür, sagt der langjährige Vorsitzende der Werbegemeinschaft Mannheim-City, sei ihre Bedeutung zu groß. Und laut Hilgenstock seien Mieterwechsel in Zeiten von Inflation ganz normal. „Trotzdem bleibt Mannheim eine der kulturell und einkaufstechnisch spannendsten Städte Baden-Württembergs“, sagt er.
Schloss-Uni, Kunsthalle, Nationaltheater - all das mache die Stadt interessant. „Wir sollten nicht wegen eines Mieterwechsels die ganze Stadt infrage stellen und den Kopf in den Sand stecken“, so Hilgenstock. Aber man müsse die Erreichbarkeit der Innenstadt verbessern.
Cineplex, Schlemmermeyer und Leiser: Zuletzt mehrere Schließungen auf den Planken
Doch zuletzt machten immer wieder Nachrichten über Schließungen auf den Planken die Runde: Im Kino Cineplex lief der letzte Film Anfang Mai, im Sommer machten Schlemmermeyer und das Schuhhaus Leiser dicht, im Spätsommer 2022 schlossen bereits die Filialen von Tchibo und Geox. Purer Zufall, findet Pauels, sei diese Häufung von Leerständen. Bislang sei die Einkaufsstraße davon ja verschont geblieben. „Es wird auf den Planken immer ein Nachmieter kommen. Die Frage ist eher, wer“, sagt der Interessensvertreter des Handels.
Grund für die Schließungen seien, so betont auch das Wirtschaftsdezernat, bundesweite Unternehmensentscheidungen und Insolvenzen. „Bisher gab es auf den Planken eher Flächenreduzierungen in den Obergeschossen“, heißt es in einer Stellungnahme. Das sieht auch Pauels so. Er und das Wirtschaftsdezernat heben auch positive Entwicklungen hervor. So sei die ÖVA-Passage wieder voll belegt. Pauels: „Es wird kein Massensterben auf den Planken geben, aber einzelne Insolvenzen sind nie auszuschließen.“
Natürlich bedauert auch er den Weggang des Planken-Promis Fontanella. Und viele ähnliche Reaktionen erreichen ihn von anderen. Fontanella habe immer mal wieder signalisiert, dass es Probleme gebe. Und auch Pauels sieht den Standort in O 4 für ein Eiscafé als nicht optimal an. Dennoch habe ihn der Zeitpunkt überrascht, als der Abschied öffentlich wurde. „Das ist keine Entscheidung, die ein Traditionsgeschäft mal eben so trifft.“
Deswegen ist Pauels froh, dass Fontanella Mannheim zumindest erhalten bleibt. Die Familie hat wie berichtet angekündigt, das Eiscafé Intermezzo am Münzplatz in Q 6/Q 7 weiterzubetreiben. Ein größerer Innenbereich und eine vor Regen und praller Sonne geschützte Terrasse - das seien bessere Bedingungen als auf den Planken, erklärten Dario und Desi Fontanella. Erhalten bleibt auch die Eismanufaktur.
Ziel ist die Belebung der City in Mannheim
An der Belebung der Innenstadt werde unterdessen weiter gearbeitet, so das Wirtschaftsdezernat von Grötsch, um „Mannheim auch zukünftig als attraktive Einkaufs- und Erlebnisstadt zu positionieren“. Als Beispiel wird das Projekt „FutuRaum“ genannt, mit dem Veranstaltungen wie das Stadtfest weiterentwickelt werden sollen. Und die Erlebniswochenenden zur Bundesgartenschau im April und Juli seien gut besucht gewesen. Das Wirtschaftsdezernat erwartet auch für das dritte und letzte Erlebniswochenende am 30. September und 1. Oktober „wieder viele Besucherinnen und Besucher in Mannheim“.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-das-sagen-die-stadt-mannheim-und-haendler-zum-fontanella-aus-_arid,2120192.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-eiscafe-fontanella-auf-den-mannheimer-planken-wohl-bald-geschichte-_arid,2117977.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-ende-des-eiscafes-auf-den-planken-jetzt-spricht-dario-fontanella-_arid,2118533.html
[3] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
[4] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-cineplex-auf-den-planken-endgueltig-geschlossen-_arid,2080458.html
[5] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/wirtschaft_artikel,-regionale-wirtschaft-schlemmermeyer-filialen-schliessen-auch-in-mannheim-_arid,2101967.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Nach dem Fontanella-Aus: Trauern erlaubt, schwarzmalen nicht