Pandemie - Das Team der Malteser-Medizin unterstützt Menschen, die keinen Versicherungsschutz haben, auf dem Weg zum Piks

Corona-Impfung ohne Versicherung? In Mannheim gibt's Hilfe

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Das ehrenamtliche MMM-Team um Thomas Müller (l.) und Ewald Jammers (r.) bereitet eine Sprechstunde vor. © DANIELA CARRA

Mannheim. „Deutschland krempelt die Arme hoch“ - „Wir lieben Impfen“ - „Aus Impfen Zukunft machen“: Längst wirbt nicht nur die Bundesregierung, sondern auch die Wirtschaft für den Piks gegen Corona. Obwohl viele Kampagnen bewusst unbürokratische Wege gehen -beispielsweise die Mannheimer Aktion im Palazzo-Spiegelzelt - gibt es Männer, Frauen, ja ganze Familien am Rande der Gesellschaft, die durch sämtliche Raster fallen. Davon kann das Team der Malteser-Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung (MMM) so manche Geschichten erzählen.

Als die etwas andere Praxis im Keller der Neckarstädter Herz-Jesu-Gemeinde 2014 mit einem ehrenamtlichen Team startete, nannte sich das Angebot noch Migranten- Medizin. Aber schon bald nutzten die Basisversorgung auch Männer und Frauen mit deutschem Pass - häufig in wirtschaftliche Bedrängnis geratene Freiberufler und Mini-Unternehmer, die wegen rückständiger Beitragszahlungen aus ihrer privaten Krankenkasse geflogen sind.

Kontakt und weitere Informationen

  • Nach offiziellen Schätzungen haben in Deutschland rund 61 000 Menschen keine Krankenversicherung. Der katholische Malteser-Hilfsdienst bietet für sie in 20 Städten eine Basisversorgung mit Diagnostik sowie Vorsorge.
  • Der Standort in Mannheim: Zehnstraße 32 (mietfreie Kellerräumlichkeiten der Neckarstädter Herz-Jesus-Gemeinde).
  • Seit Jahresbeginn sind 100 Männer und 192 Frauen (davon 63 Schwangere) in 820 Behandlungen fachmedizinisch betreut worden. Von den 59 jugendlichen Patienten sind 43 Kinder wegen Standardimpfungen vorgestellt worden. Für eine komplette Grundimmunisierung wendet die Einrichtung pro Sprössling 870 Euro auf.
  • Rund die Hälfte der behandelten Menschen stammt aus Bulgarien, es folgen Deutschland, Vietnam, Rumänien und 25 andere Länder.
  • Das Team sucht für seine Donnerstagssprechstunden (Corona-bedingt nur noch mit Terminen, die nächste am 30. Dezember) weitere medizinische Mitstreiterinnen, Pflegekräfte und Dolmetscher – vor allem für Türkisch und Bulgarisch.
  • Kontakt zu Daniela Carrara: 0621/32 49 14 89 oder per Mail: mmm.mannheim@malteser.org.
  • Ehrenamtliches Engagement, unterstützendes Netzwerk und Spenden ermöglichen die Basisversorgung. Spendenkonto: Malteser Hilfsdienst, Volksbank Freiburg. IBAN: DE42 6809 0000 0005 7209 15. BIC: GENODE61FR1, Stichwort „MMM Mannheim“. 

 

Die Malteser-Einrichtung, die mit einem ausgeklügeltem Hygienekonzept, zu dem auch Antigenschnelltests gehören, ihre Sprechstunden donnerstags aufrechterhalten hat, klärt nicht nur über Covid-Schutz auf. Das Team ist obendrein bemüht, „seine Leute“ an Impfstellen zu vermitteln. Allerdings gibt es Hürden zu überwinden und Ängste abzubauen: Die organisatorische MMM-Leiterin Daniela Carrara erlebt immer wieder, dass sich Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus scheuen, öffentliche Angebote wahrzunehmen: „Sie fürchten die Weiterleitung ihrer Daten und verzichten lieber auf eine Impfung.“ So manche „Illegale“, erzählt sie, sind durchaus legal nach Deutschland gekommen - beispielsweise als Studierende, die aber nach Ablauf der Aufenthaltsgenehmigung aufgrund der globalen Virus-Pandemie nicht mehr in die Heimat zurückkehren konnten oder wollten.

Wer kein Versicherungskärtchen hat, so zeigt die Erfahrung, wird schon mal abgewimmelt - ob deutscher oder ausländischer Herkunft. Das ist auch die Botschaft eines Briefes: „Meine Erkrankung wäre wahrscheinlich vermeidbar gewesen, da ich mich mehrfach um einen Impftermin bemüht habe - aber wohl wegen meines ruhenden Leistungsanspruchs in der Krankenkasse abgewiesen wurde.“

Auch wenn das MMM-Team auf Infoblättern über aktuelle Aktionen mit dem Motto „Impfen ohne Termin - einfach hin“ ausdrücklich betont, dass eine Versicherungskarte nicht zwingend erforderlich ist, zeigt sich im Alltag: Menschen mit minimalen Deutschkenntnissen, und nicht nur die, tun sich schwer, auf einen Covid-Schutz zu beharren, wenn ihnen gesagt wird, das sei ohne Kärtchen nicht möglich. Der Malteser Hilfsdienst ist deshalb dazu übergegangen, einen offiziellen Brief mit „Bitte um Covid-19-Impfung“ mitzugeben.

Im Gespräch zeigen sich die ehrenamtlich tätigen Ärzte, der Internist Ewald Jammers sowie der Kinder-und Jugendmediziner Thomas Müller, überzeugt, dass es am besten ist, wenn in der MMM-Sprechstunde auch gegen Covid geimpft werden könnte. „Zu uns besteht einfach ein viel größeres Vertrauensverhältnis“, so der ärztlich Leiter Jammers. Bislang scheiterte dieses Angebot an den Kühlvorgaben für die Wirkstoffe. „Außerdem bräuchten wir Einzeldosen, die es nicht gibt“, erklärt Jammers das Dilemma.

Allerdings dürften sich auch bei Vor-Ort-Impfungen Menschen aus Südosteuropa nur schwer von dem Nutzen eines gespritzten Covid-Schutzes überzeugenlassen. Vor allem bei Männern und Frauen aus Bulgarien spürt das medizinische Team großes Misstrauen verknüpft mit Ängsten - beispielsweise vor Unfruchtbarkeit. „Da wird schon bei dem Thema Corona-Impfung abgewinkt “, erlebt nicht nur Daniela Carrara. In der EU ist der Balkanstaat mit einer Corona-Impfquote von knapp 30 Prozent das Schlusslicht. Wenn es hingegen um die Standardimpfungen für Säuglinge und Kinder geht, berichtet Facharzt Thomas Müller, „da sind bulgarische Eltern sehr aufgeschlossen“.

Freie Autorin

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