Demonstrationen - Zuerst protestieren bis zu 850 Menschen gegen nicht angemeldete Versammlungen – dann ziehen Kritiker der Corona-Politik in Gruppen los

Corona-Demo in Mannheim: 850 Menschen setzen Zeichen gegen nicht angemeldete Proteste

Von 
Sebastian Koch
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Bis zu 850 Menschen haben laut Polizei zwischen Rathaus und Paradeplatz für Solidarität in der Pandemie und gegen nicht angemeldete Versammlungen demonstriert. © Thomas Tröster

Mannheim. Es muss für Unbeteiligte ein merkwürdiges Bild sein, das sich ihnen gegen 19 Uhr rund um den Paradeplatz bietet: Einige von ihnen laufen jedenfalls mit neugierigen Blicken von der Breiten Straße aus kommend und schauen sich um. Sie sehen: Menschen. Kameras. Viele Kameras. Polizisten. Sogar auf Pferden. Blicken die Passanten in Richtung Rathaus, sehen sie auch auf den Bürgersteigen Menschen. Mit Schals halten sie Abstand voneinander. Auf der Straße zwischen den Gehwegen: Polizisten, ausgestattet mit Helmen, die sie in Händen halten, und in ausgebeulten Uniformen.

„Wissen Sie, was hier los ist?“, lautet eine oft gestellte Frage von jenen Unbeteiligten. „Eine Demonstration gegen Corona-Proteste“, die wohl ebenso häufig gegebene Antwort.

Anschließend liefen Kritiker der Corona-Maßnahmen unangemeldet durch die Stadt. © Pressefotoagentur Thomas Tröste

Jene Menschen jedenfalls, die sich zwischen Rathaus und Paradeplatz versammeln, Mundschutz tragen, mit Schals für Abstand sorgen und von Polizisten geschützt werden, sind dem Aufruf von Chris Rihm und Gerhard Fontagnier gefolgt. Zum zweiten Mal wollen die Grünen-Stadträte mit einer angemeldeten und von der Stadt genehmigten Menschenkette gegen die zu erwarteten Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen protestieren. „Wir sind als demokratische Gesellschaft in der Pandemie nicht gelähmt“, sagt Fontagnier zu Beginn. „Wir können auch in der Pandemie agieren.“

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Breites Bündnis hinter Stadträten

Hinter Fontagnier und Rihm haben sich zahlreiche Prominente der Stadt zusammengeschlossen, um die Aktion zu unterstützen: Etwa Schauspiel-Intendant Christian Holtzhauer, Autor Richard Brox, die Dekane der katholischen und evangelischen Kirche, Karl Jung und Ralph Hartmann, Uni-Rektor Thomas Puhl oder die Bundestagsabgeordneten Melis Sekmen, Gökay Akbulut, Isabel Cademartori und Konrad Stockmeier.

Die Kette ist länger als am vergangenen Montag. Auf bis zu 850 schätzt die Polizei auf Nachfrage die Teilnehmerzahl. Das Medienaufkommen ist ebenfalls größer als zuletzt. „Wir haben zum zweiten Mal ein deutliches Zeichen gegen nicht angemeldete Proteste gesetzt, das auch wieder überregional wahrgenommen werden wird“, erklärt Fontagnier dieser Redaktion. Die Kette vertrete die „schweigende Mehrheit der Vernünftigen“ und diene als „demokratisches Gegenstück zu dem, was heute Abend noch kommt“.

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Friedrichsring gesperrt

In der Menschenkette steht auch Petra Raddaz. Sie wolle ein Zeichen dafür setzen, sich impfen zu lassen, „damit die Pandemie endet“. Dadurch solle die Wirtschaft wieder in Schwung kommen und das Kurzarbeitergeld enden. Auch Andreas Geyer ist zwischen zwei Schals zu finden. Er wolle „eine andere Meinung zeigen als die Minderheit, die sich bemerkbar macht“, erklärt er.

Als sich gegen 19 Uhr auch am Kopf der Planken wieder Menschen versammeln, wollen die gegen die Corona-Maßnahmen demonstrieren. Es folgt, was in diesen Monaten an Montagen immer folgt: eine Durchsage der Polizei. Diese Versammlung sei nicht genehmigt, sogar von der Stadt untersagt. Buhrufe folgen. Auch das ist bekannt - und doch ist dieser Montag anders: Denn im Gegensatz zu den vergangenen Wochen ziehen fast keine Demonstranten die Planken hoch.

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Immer wieder spalten sich stattdessen kleinere Gruppen ab und laufen, das soll betont werden, friedlich durch die Stadt. Nur wenige Parolen sind zu hören. Sind Polizisten in der Nähe, trennen sich die Gruppen laut Polizeisprecher Patrick Knapp erneut. „Mich als Künstler treffen die Maßnahmen seit zwei Jahren brutal“, erklärt Timo, der nur seinen Vornamen nennen will.

„Die Lage ist, wie jeden Montag, unübersichtlich“, sagt Knapp dieser Redaktion. Friedlich - aber unübersichtlich. Wie unübersichtlich, das zeigt sich an der Tatsache, dass die Polizei bis zum Abend auch auf Nachfrage hin keine Schätzung zur Zahl der Teilnehmer an der nicht genehmigten Versammlung nennt. Gegen 20 Uhr löst sich die Ansammlung auf - bis auf einen kleinen Teil friedlich: Zwei Gruppen auf dem Friedrichsring mit insgesamt etwa 50 Menschen hätten sich der Aufforderung der Polizei widersetzt, weshalb Personalien aufgenommen werden, heißt es am Abend. Für die Dauer des Einsatzes war der Ring in Höhe Gewerkschaftshaus in beide Richtungen gesperrt.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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