Mobilität

Besser zu Fuß unterwegs: Warum Mannheim begehbarer werden muss

Warum eine neue Ortsgruppe vom Fachverband für Fußverkehr einen Katalog mit heikeln Stellen in Mannheim für Rollstühle, Kinderwagen, Rollatoren und Fußgängern erarbeiten will

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Lisa Uhlmann
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Zugeparkte Gehwege sorgen auch in Mannheim immer wieder für Ärger. © Thomas Tröster

Mannheim. Parkschilder, Sperrmüll, E-Scooter, Mülltonnen - und natürlich Autos. Was sich da eigentlich alles auf dem Gehweg tummelt, fällt erst auf, wenn man genauer hinschaut. „Hier ist der Gehweg zu Ende, blockieren Mülltonnen und Baustellenabsperrungen den Weg.

Wie soll da zum Beispiel ein Rollstuhlfahrer durchkommen, ohne riesige Umwege zu fahren?“, fragt sich Manfred Hetzel, während er sich zwischen einem Auto und der Baustellenabsperrung im Quadrat C 4 hin durch drückt.

Gemeinsam mit Gerhard Fontagnier und Ines Joneleit hat es sich Hetzel nämlich frisch zur Aufgabe gemacht, den zu Fuß gehenden Mannheimerinnen und Mannheimern eine Stimme zu geben - und mit zwei weiteren Mitstreitenden die erste Ortsgruppe in Mannheim des Fachverbands Fuss gegründet. Bundesweit gibt es längst unzählige Ortsgruppen, arbeitet der Verband, vergleichbar mit dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC), etwa an einem nationalen Fußverkehrsplan.

Viele Gehwege werden als Abstellfläche genutzt, es gibt zu wenig Kontrollen beim Falschparken, zu wenig Zebrastreifen.
Gerhard Fontagnier Fachverbands Fuss

Warum es das nun in Mannheim überhaupt braucht und wo die heikelsten Stellen in der Quadratestadt sind? „Viele Gehwege werden als Abstellfläche genutzt, es gibt zu wenig Kontrollen beim Falschparken, zu wenig Zebrastreifen. Autofahrer halten nicht, als Fußgänger wird man in der Innenstadt manchmal beschimpft“, sagt Fontagnier.

Der Grünen-Stadtrat ist zum Treffen selbst zu Fuß gekommen, seine beiden Mitstreitenden mit dem Rad - sie alle eint eine langjährige Mitgliedschaft beim Fachverband Fuss - und der Ansporn, das Gehen in der Stadt zu verbessern.

Gehwegparken neu geordnet

Ihr Ziel: Zunächst die Probleme in Mannheim analysieren und einen Katalog darüber zusammenzustellen. Lob gibt es aber trotzdem für die Stadt: etwa für die barrierefreien Haltestellen oder das neu geordnete Gehwegparken. Auch mit anderen Verbänden wie der AG Barrierefreiheit oder dem Gesundheitstreffpunkt will sich die frisch gegründete Ortsgruppe vernetzen, die aktuell aus fünf Mitgliedern besteht und sich bewusst ist: Nur gemeinsam lässt sich eine Verkehrswende vorantreiben.

Paris und Wien als Vorbild für Mannheim?

Als Vorbilder dienen etwa Städte wie Wien oder Paris. So gibt es in der französischen Hauptstadt etwa 100 Fußgängerzonen, wo motorisierte Fahrzeuge dauerhaft oder am Wochenende verboten sind. „Mit Fußgänger sind auch Rollstuhlfahrende, Eltern mit Kinderwagen, Senioren mit Rollatoren und kleine Kinder gemeint, die ja oft eine ganz andere Perspektive haben“, erklärt Ines Joneleit, die gleichzeitig Sprecherin vom Frauennetzwerk des ADFCs und dem Grünen-Ortsverband Mitte ist.

Wollen sich auch für freie Gehwege einsetzen (v.r).: Die Fuss-Mitglieder Ines Joneleit, Gerhard Fontagnier, und Manfred Hetzel demonstrieren, wie eng es auf manchen Gehwegen ist, hier im Quadrat C 5. © Lisa Uhlmann

Wo es gerade in Mannheim am meisten hakt, sind sich alle drei einig: Bei den Kontrollen der Parkverstöße von Autos, aber auch der E-Scootern sei noch viel Luft nach oben, brauche es für mehr Kontrollen eben auch mehr Personal für das Ordnungsamt. Besonders für blinde Menschen seinen die herumliegenden E-Scooter eine enorme Stolperfalle.

„Wir wollen aber nicht mit dem Hammer durch die Wand. Die Autos müssen ja auch irgendwohin, jeder muss seinen Platz finden“, sagt Fuss-Mitglied Hetzel. Aus Sicht der Ortsgruppe müssten die Autos trotzdem weiter auf die Straße ausweichen, statt auf den Gehweg, orientiert sich Mannheim am Mindestabstand von 1.50 Meter - noch zu wenig, finden die Mitglieder.

In Japan etwa muss man beim Autokauf nachweisen, wo genau man sein Auto abstellen kann. Hier hält jeder einen Parkplatz überall für selbstverständlich
Manfred Hetzel Fuss-Mitglied

Dabei gäbe es genügend Parkhäuser in der Innenstadt, würden oft auch in den Stadtteilen die meisten Garagen einfach nicht genutzt. „In Japan etwa muss man beim Autokauf nachweisen, wo genau man sein Auto abstellen kann. Hier hält jeder einen Parkplatz überall für selbstverständlich“, sagt Hetzel.

Kritik am Ende des Verkehrsversuchs

Was die Ortsgruppe auch klar stellt: Bislang wurde der Verkehr nur von der Autoseite aus gedacht, reichten gut gemeinte Alternativ-Angebote nicht mehr aus, um die Bequemlichkeit des Autos zu überstrahlen. „Wir wollen die Narrative wechseln, aktiv mitgestalten und uns einbringen“, ergänzt auch Fahrradfahrerin Joneleit.

Jetzt wieder für den Autoverkehr geöffnet: die Mannheimer Fressgasse. © Thomas Tröster

Mit ausschlaggebend für die Gründung der Ortsgruppe sei auch der vorzeitig beendete Verkehrsversuch in der Innenstadt gewesen. Mit dem Öffnen der Schranke brettert der Verkehr in der Fressgasse nun wieder direkt durch die Fußgängerzone in der Breiten Straße. „Das zeigt doch, wie gering der Stellenwert für die Fußgängerzone ist. Dabei würde eine verkehrsberuhigte Innenstadt die Stadt schöner machen“, findet Joneleit, die schon den Mannheimer Parkingday mitorganisiert hat, bei dem Parkplätze und Straßen in Parks umgewandelt werden.

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Wie eng es auf den Gehwegen durch geparkte Autos werden kann, wollen die Mitglieder für das Foto in der Zeitung demonstrieren - und führen zum Quadrat C 5. Dort ist der Gehweg auf der einen Seite durch parkende Autos so schmal geworden, dass sich die drei Mitglieder kaum direkt nebeneinander stellen können. „Alle wechseln die Straßenseite, der Gehweg wird also nur von Autos genutzt“, sagen die überzeugten Fußaktivisten.

Redaktion Seit 2018 als Polizeireporterin für Mannheim in der Lokalredaktion.

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