Fachtagung

Bei den Blutspenden droht ein „eklatanter Mangel“

Auf ihrem Kongress im Mannheimer Rosengarten suchen Deutschlands Transfusionsmediziner nach Wegen, die Bevölkerung zu Blutspenden zu motivieren. Zu den Themen gehört aber auch die Versorgung anderer Länder in Krisensituationen

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Die Anzahl der Spenderinnen und Spender geht zurück. Grund ist auch der demografische Wandel. © Hans-Jürgen Wiedl

Bei vielen Blutbanken zeichnet sich ein besorgniserregender Mangel an Blutprodukten ab. Ein Thema, das auch die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie bewegt, die vom 21. bis 23. September im Mannheimer Rosengarten stattfindet. Die Fachgesellschaft weist im Vorfeld darauf hin, dass in Deutschland täglich um die 15 000 Blutspenden bei Operationen, für Tumortherapien und Unfallopfer benötigt werden.

„Spare in der Zeit, so hast Du in der Not“, dieses vielfach bewährte Motto bringe leider nichts, so Institutsdirektor Hermann Eichler vom Uniklinikum des Saarlandes. Grund: Aus Vollblut gewonnene Produkte sind nur begrenzt haltbar, Konzentrate von Thrombozyten müssen gar innerhalb von vier bis fünf Tagen verwendet werden. Eichler nennt als weiteres Problem: „Die Generation der Babyboomer kommt jetzt ins Rentenalter und fällt somit allmählich aus dem Spenderpool heraus.“ Weil allem Hightech-Fortschritt zum Trotz der rote Rohstoff nach wie vor nicht künstlich hergestellt werden kann, fordert die Frage heraus: Wie kann die Bevölkerung zum Blutspenden motiviert werden?

Transfusionen im Mutterleib

Eines der wissenschaftlichen Schwerpunktthemen der Tagung greift den Alptraum werdender Mütter auf - dass ihr Blut dem Ungeborenen schaden könnte. Inzwischen weiß man, dass Schwangere Antikörper gegen Blutgruppeneigenschaften des Kindes bilden können. Bekanntes Beispiel: die Rhesusunverträglichkeit. Mütterliche Antikörper sind in der Lage, rote Blutkörperchen wie auch Blutplättchen (Thrombozyten) des Babys zu attackieren.

Kongresspräsident Gregor Bein von der Justus-Liebig-Universität Gießen leuchtet im Rosengarten aus, wie sich beide Phänomene frühzeitig erkennen und gezielt behandeln lassen - beispielsweise durch Bluttransfusionen noch im Mutterleib beziehungsweise durch hochdosierte Gaben an Immunglobulin. Vorgestellt werden neue Verfahren, die sich teilweise noch im experimentellen Stadium, manche aber bereits in klinischer Erprobung befinden.

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Welche Dramatik hinter diesem Thema steckt, offenbart ein Blick in die Geschichte: Von den fünf Kindern der Goethes hat nur der Älteste die Geburt oder die ersten Tage danach überlebt. Heutige Mediziner gehen davon aus, dass eine Unverträglichkeit beim Blut-Rhesusfaktor dem großen Dichter und seiner Christiane vier Kinder nahmen.

Auf dem Tagungsprogramm stehen auch Studien und Erkenntnisse zur Wirksamkeit von sogenanntem Rekonvaleszentenplasma, das zur Therapie von Covid-Patienten eingesetzt wird. Dabei handelt es sich um Blutplasma von Personen, die eine Sars-CoV-2-Infektion erfolgreich überstanden und Immunität gegen den Erreger entwickelt haben.

Die Fachgesellschaft richtet traditionsgemäß einen „Neighbour Day“ für Erfahrungsaustausch über Grenzen hinweg aus. So soll neben innovativen Forschungsprojekten diskutiert werden, wie andere Länder in Krisen und Bedrohungslagen die Versorgung mit lebenswichtigen Blutpräparaten organisieren.

Gäste aus Israel

Erstmals reist eine Delegation aus Israel an, zu der die Leiterin der Blutbank in der Partnerstadt Haifa, Lilach Bonstein, gehört. Die Gäste betreut der Chef des Mannheimer Instituts für Transfusionsmedizin und Immunologie, Harald Klüter. Vorgesehen ist ein Empfang im Rosengarten, an dem für die Stadt Gemeinderatsmitglied Heidrun Kämper und für die jüdische Gemeinde Majid Khoshessan teilnehmen.

Freie Autorin

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