Herzogenriedpark - Gemeinderat beschließt mit großer Mehrheit Erhalt und Sanierung der Multihalle / Status aufgewertet

Bald ein „Denkmal de luxe“

Von 
Peter W. Ragge
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Blick auf die Deckenkonstruktion der Multihalle im Herzogenriedpark in Mannheim. Tragwerk und Dachhaut werden nun bis 2023 erneuert. © dpa

Die Multihalle, die seit 1998 unter Denkmalschutz steht, wird vom Regierungspräsidium Karlsruhe künftig noch höher eingestuft. Das teilte Baubürgermeister Lothar Quast dem Gemeinderat mit. Das Gebäude erhalte dann den Status eines „Kulturdenkmals von besonderer Bedeutung“, also quasi eine Art „Denkmalschutz de luxe“. Mit der großen Mehrheit von SPD, CDU, Grüne und Linken gegen die Stimmen von ML, FDP, MfM und Bürgerfraktion bewilligte das Gremium dann, dass die Stadt die Multihalle saniert.

Zuvor machten Oberbürgermeister Peter Kurz und Quast deutlich, dass sie dazu gar keine Alternativen sehen. Ein „geordneter Rückbau“, sprich ein Abriss, sei durch die „überregional deutlich gestiegene Wahrnehmung des Denkmals gar nicht machbar“, so Kurz. Man könne jetzt „einen entscheidenden Schritt tun“, den Zuschuss des Bundes zur Sanierung annehmen und den Rest selbst finanzieren – oder aber sie „auf unabsehbare Zeit dem Verfall preisgeben“, warnte Kurz. Doch das komme nicht infrage.

Baubürgermeister Quast wehrte sich auch gegen die Erwartung, man könne dafür viele Spenden einwerben: „Es gibt Grenzen“, mahnte er. Der Erhalt eines Denkmals sei eine „öffentliche Aufgabe“. Da gebe es für Kommunen „auch nicht die Einrede einer leeren Kasse“, verwies er darauf, dass Privatleute geltend machen können, der Erhalt eines historischen Gebäudes sei „wirtschaftlich unzumutbar – die Stadt aber nicht.

Zuvor hatte Birgit Reinemund (FDP) an den Beschluss des Gemeinderats von 2016 erinnert, dass nur der Abriss bleibt, wenn sich nicht Sponsoren für eine Rettung finden. Sie halte das „scheibchenweise Vorgehen der Verwaltung“, jetzt doch eine Sanierung zu finanzieren, für „unseriös“. Zudem habe der Gemeinderat „kein Nutzungskonzept besprochen und beschlossen“. Ferner fragte sie, wie Wolfgang Taubert und Helmut Lambert (MfM), nach den Betriebskosten. Die sah ebenso Achim Weizel (ML) als ungeklärt an. „Und ein Nutzungskonzept erkenne ich nach wie vor nicht“, kritisierte er.

Eberhard Will (Bürgerfraktion) wandte sich gegen die „wahnsinnige Hybris“ und ein „von einem Feuerwerk von Lobbyisten“ verursachten „moralischen Zwang“. Die Halle sei „völlig nutzlos“ und man dürfe sie „nicht für die Ewigkeit einbalsamieren“, formulierte Will.

Freude über Sinneswandel

Dem widersprachen vehement die Vertreter der großen Fraktionen. CDU-Stadtrat Steffen Ratzel, der aus dem Gemeinderat ausscheidet, sah sich in seiner letzten Rede bestätigt. „Es war ja nicht immer so, dass alle in diesem Haus die Multihalle erhalten wollten“, blickte er zurück. Dabei sei die Multihalle „das architektonisch bedeutendste Werk, das wir haben in Mannheim“. Nun freute sich Ratzel über den „Sinneswandel“ und erinnerte daran, dass er früh für den Erhalt und auch die jetzt angedachte Nutzung für Sportaktivitäten eingetreten sei. Doch wichtig finde er, dass die Halle „nicht für irgend ein elitäres Projekt“ genutzt werde, sondern der Bevölkerung zur Verfügung stehe: „Das ist auch eine Aufwertung für den Stadtteil“, meinte Ratzel.

„Wir haben die letzten Jahren einen neuen und besseren Blick auf die Multihalle gewonnen“, sagte SPD-Fraktionschef Ralf Eisenhauer. „Die SPD bekennt sich zur Multihalle und dass es sich lohnt, sie zu erhalten“, so Eisenhauer. Er glaube „sehr daran, dass dies mit einer Aufwertung für das gesamte Umfeld verbunden ist“.

Eine stärkere Einbeziehung der Bürger verlangte Volker Grunert, der Fraktionsvorsitzende der Grünen. Unter Begriffen wie „Urban City Lab“ könne sich „der durchschnittliche Neckarstädter nichts vorstellen“. Aber klar sei für die Grünen, dass „die Kommune in der Verantwortung sei“, die Multihalle zu erhalten. „Wir ärgern und schließlich genug über Private, die ihrer Verantwortung da nicht gerecht werden“. Dass die Multihalle 1975 zunächst nur für die Bundesgartenschau errichtet worden sei, war für Grunert kein Argument gegen den Erhalt, verwies er auf den Eiffelturm. „Denkmäler unterliegen auch keiner Nutzungslogik, sie sind ein Wert an sich“, mahnte Grunert. Auch Thomas Trüber (Linke) plädierte für den Erhalt des „weltweit einzigartigen Bauwerks“, zumal es Bedarf dafür bei der Bevölkerung des Stadtteils gebe: „Solche Räume findet man nicht wie Sand am Meer“. „Was wir absolut ablehnen, ist, die Multihalle durch Untätigkeit verfallen, hinrotten zu lassen“, mahnte Trüper.

Der Beschluss

  • Die Multihalle entstand zur Bundesgartenschau 1975. Es handelt sich um die weltweit größte frei tragende Dachkonstruktion aus Holz und gilt daher als „architektonisches Wunder von Mannheim.
  • Die Bundesregierung bewilligte für die Sanierung der Multihalle als „Nationales Projekt des Städtebaus“ fünf Millionen Euro.
  • Die Stadträte bewilligten nun den Rest von 9,2 Millionen für die mit 14,2 Millionen Euro veranschlagte erste Stufe der Generalsanierung.„ Sie umfasst nur die notwendige Tragwerkssanierung und eine neue Dachhaut sowie den teilweisen Rückbau der Betoneinbauten.

Redaktion Chefreporter

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