Mannheim. Wenn der Ablauf einer Straftat im Wesentlichen unstreitig ist, so muss dies noch lange nicht für die auslösende Vorgeschichte zutreffen. In dem Schwurgerichtsprozess um versuchten Mord in Zusammenhang mit zwei Brandanschlägen während einer letztjährigen Augustnacht bleiben auch am zweiten Verhandlungstag so einige Fragen offen - auch weil entscheidende Zeugen wenig auskunftsfreudig sind oder erklären, keine Ahnung zu haben.
Brandstiftung in Mannheim-Lindenhof: Geschädigter Unternehmer bestätigt Zwist, schweigt aber über den Inhalt
Der Angeklagte streitet (wie berichtet) keineswegs ab, im Nobelviertel des Lindenhofs an der Villa eines Landsmanns und erfolgreichen Unternehmers Brandbeschleuniger verspritzt und angezündet zu haben - was jedoch zweimal glimpflich verlief. Die Beweisaufnahme soll klären, ob Mustafa Y. tatsächlich nicht gewusst hat, dass in dem Haus mit herunter gelassenen Rollläden die Haushaltshilfe übernachtete.
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Obendrein gilt es, die Behauptung des Mittvierzigers auszuleuchten, dass er aus Wut ein flammendes Zeichen setzen wollte: Im Prozess blitzt ein langjähriger Streit auf, der zwischen zwei ursprünglich befreundeten türkischen Familien schwelt - nämlich jener des Angeklagten und der des Geschäftsmanns. Als Folge dieses Konflikts, so gibt Mustafa Y. an, soll das Lieferservice-Lokal seines Bruders im Stadtteil Sandhofen verwüstet worden sein.
Der Unternehmer, der in Mannheim und anderen Städten der Region, außerdem im Ausland, beispielsweise Rumänien, in der Gastronomie sowie in der Casino-Branche tätig ist, bestätigt einen Zwist, spricht von „schlimmen Wörtern“, mit denen der Angeklagte wiederum seinen Bruder beschimpft habe - aber worum es dabei geht, davon will er nichts mitbekommen haben. Staatsanwältin Utt kommentiert: „Ich habe das Gefühl, Sie sagen hier nicht alles.“ Und Verteidiger Alexander Klein äußert unverblümt den Verdacht, dass im Vorfeld des Prozesses Aussagen abgesprochen beziehungsweise verhindert wurden.
Sind im Prozess um eine Brandstiftung in Mannheim-Lindenhof Aussagen abgesprochen worden?
Er berichtet, eigentlich sei ein Landsmann seines Mandanten zunächst bereit gewesen, vor Gericht zu bestätigen, dass in der Tatnacht die Lindenhof-Villa verwaist sein sollte. Aber einige Tage später habe ein anderer Türke angerufen und mitgeteilt, der Zeuge stünde doch nicht zur Verfügung. Außerdem weist Klein darauf hin, dass sich jener Mann, der die Verwüstung des Lokals in Sandhofen gefilmt hat, im Gerichtssaal zwischen Mitarbeitern des Geschäftsmanns sitzt. Das gezeigte Kurz-Video offenbart, wie Männer die Fensterscheibe des Lieferservice-„Bistorante“ einschlagen, blitzschnell im Inneren Mobiliar zerstören und danach flüchten. Wer die vermummte Truppe bestellt hat, bleibt unklar.
Die Begegnung im Gerichtssaal möchte der Angeklagte nutzen, um sich für sein wutentbranntes Zündeln bei dem Landsmann zu entschuldigen. Außerdem bietet er an, für den erneuerten Alu-Rollladen aufzukommen. „Das möchte ich nicht“, reagiert der Geschäftsmann - „aber Entschuldigung ist in Ordnung“.
Zum Ende des zweiten Sitzungstags gibt es noch einen rechtlichen Hinweis: Laut Richter Gerd Rackwitz könnte der Angeklagte auch wegen schwerer Brandstiftung ohne den Anklagevorwurf des versuchten Mordes verurteilt werden.
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