Mannheim. „Hier ist geborgen ein in der Lehre hervorragender Meister“ heißt es in der Inschrift auf dem Grab – aber geborgen ist der hier ruhende Lippmann Lindmann nicht mehr lange. „Sein schönes und stadtgeschichtlich bedeutsames Grabmal auf dem Jüdischen Friedhof zerfällt, wenn man nicht bald etwas tut“, warnt Volker Keller, Zweiter Vorsitzender des Vereins Stadtbild und großer Kenner des Jüdischen Friedhofs.
Moos und verblassende Schriften auf jüdischen Grabsteinen sind normal, denn die Gräber werden ja nach der Beisetzung nicht mehr angetastet und bleiben für die Ewigkeit. Die sonst üblichen Ruhezeiten von 15 oder 30 Jahren, nach denen Gräber auf öffentlichen Friedhöfen eingeebnet werden, gibt es im jüdischen Glauben nicht.
Risse und Abplatzungen
Aber Risse im Sockel, viele Abplatzungen, poröse Stellen, viele gar völlig aus dem Stein herausgebrochene Stücke – die bedeuten eine große Gefahr, wenn hier wirklich ewig an Lippmann Lindmann erinnert werden soll. Der Förderkreis historische Grabstätten hat daher einen Spendenaufruf gestartet (Konto DE24 6709 0000 0094 6121 01), von Volker Keller als Experten des Verein Stadtbilds und von der Jüdischen Gemeinde unterstützt. Die Sanierung und Nachbearbeitung der Inschriftenplatte würde etwa 5500 Euro kosten – nur 500 Euro liegen bereits vor.
Laut Übersetzung der hebräischen Grabinschrift war Lippmann „ein in der Lehre hervorragender Meister, ein weiser Mann, gottesfürchtig, unser Lehrer und Meister“. „Er lehrte das Volk Erkenntnisse, Schabbat für Schabbat und Tag für Tag“, heißt es mit dem Wunsch: „Seine Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens“, so der Text.
Lippmann Lindmann lebte von 1808 bis 1877 – also einer Zeit, als es in Mannheim äußerst reges, vielfältiges jüdisches Leben gab. Er war Rabbiner an der Lemle-Moses-Klaus-Synagoge in F 1, 11, der zweitgrößten Synagoge der Stadt und dem Zentrum der orthodox lebenden Juden. Lippmann vertrat als „Rabbinatsverweser“ ab 1830 die vakante Rabbinerstelle in F 1, 11, wo er bereits aufgewachsen war. 1840 wurde er zum Stadt- und Klausrabbiner ernannt. Er heiratete Karoline Bensbach, die Tochter des Klausrabbiners Simcha Bensbach.
Das älteste Gebäude
Volker Keller charakterisiert Lindmann als „Vertreter einer untergegangenen Welt, deren Atmosphäre voller Gelehrsamkeit und Frömmigkeit nur aus Berichten bekannt ist“. Seine Tochter Helwine beschrieb 1911 ihre Erinnerungen an die Klaus vor dem Abriss und Neubau im maurischen Stil von 1888, der dann in der Diktatur der Nationalsozialisten zerstört wurde.
Die alte, auf das Jahr 1708 zurückgehende Synagoge war lange Zeit das älteste Gebäude Mannheims. Auf einem Stein über einem Torbogen, der ein Lämmchen in einem Feld als Wappen des Stifters Lemle Moses zeigte, stand mit altmodischen Buchstaben: Renov. 1799.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-wichtigem-grabmal-droht-der-verfall-_arid,1971075.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html