Kongresszentrum - m:con benennt den auf dem Dach über dem Mittelfoyer neu entstehenden Saal nach Alice Bensheimer

Alice Bensheimer - Wer ist die Frau, nach der ein Saal im Mannheimer Rosengarten benannt wird?

Von 
Peter W. Ragge
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Der neue Saal, um den der Rosengarten bis September 2024 erweitert wird, soll den Namen von Alice Bensheimer tragen. © Michael Ruffler

Mannheim. Es gab lange ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Bertha Benz, der ersten Frau am Steuer eines Automobils. Aber Alice Bensheimer, zu Lebzeiten eine Kämpferin, kämpfte sich dann in der Online-Abstimmung nach vorne und lag am Ende auf dem Spitzenplatz. Nun soll der neue Saal, um den der Rosengarten bis September 2024 erweitert wird, den Namen von Alice Bensheimer tragen. Das hat am Montag der Aufsichtsrat der m:con – mannheim:congress-gmbh beschlossen und damit das Ergebnis des Votums im Internet gebilligt. Sofort danach ist am Glaskubus Ost ein riesiges Plakat enthüllt worden.

Bertha Benz, Alice Bensheimer oder Julia Lanz, die vielfältig karitativ engagierte Ehefrau des Inhabers der gleichnamigen Landmaschinenfabrik? Im März hatte die m:con alle drei Namen zur Abstimmung gestellt. Denn nachdem die anderen Säle im Rosengarten nahezu alle nach Männern, nämlich Komponisten, benannt sind, sollte es nun in jedem Fall ein Frauenname sein. Und die Entscheidung legte die m:con in die Hand ihres Publikums.

Neubau über dem Lichthof

„Für eine hohe Identifikation im ganzen Haus“ war ihm „die Mitbestimmung ein elementares Anliegen“, so m:con-Geschäftsführer Bastian Fiedler. „Mehrere Tausend Stimmen“ seien abgegeben worden, „gut die Hälfte“ entfielen am Ende an Alice Bensheimer.

Die Voraussetzungen für den Bau des neuen Saals sind schon geschaffen – weil Bauarbeiter im Zuge der Brandschutzsanierung des Foyers mit dem Treppenhaus, das zwischen dem Musen- und Mozartsaal liegt, bereits Stützpfeiler verstärkt haben. Die Baugerüste, Staubschutzwände, Abdeckfolien und Umwege, die daher seit 2018 hier das Bild geprägt haben, sind jetzt verschwunden. Der Lichthof ist wieder hell und steht komplett zur Verfügung.

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Über diesem Lichthof soll bis September 2024 der neue Saal entstehen. Für das vom Architekturbüro Schmucker geplante Projekt wird in den freien Luftraum zwischen Altbau und Neubau noch ein Saal gesetzt. Für, so der bisherige Stand, 14 Millionen Euro, entsteht ein Raum mit 600 Quadratmetern Grundfläche, der in bis zu sechs kleinere Workshop- und Tagungseinheiten unterteilt werden kann, bei voller Nutzung aber bis zu 450 Personen Platz bietet. Mit dem Ausbau stelle man „wichtige Weichen, um auch in Zukunft zu den führenden Kongressdestinationen Deutschlands zu zählen,“ kommentiert Bürgermeister Michael Grötsch, m:con-Aufsichtsratsvorsitzender, die Planung.

Mit der Benennung des Saals nach Alice Bensheimer wird eine für Mannheims Stadtgeschichte bedeutende Frau geehrt, die aber bisher nirgendwo im Stadtgebiet eine öffentliche Würdigung fand. Nach ihrer Schwester Ida Demel (1870-1942), Gründerin der Gesellschaft der Künstlerinnen und Kunstfreunde (GEDOK), ist im Neubaugebiet Rott in Käfertal-Süd eine Straße benannt, weil dort der ganze Bezirk einflussreichen Frauen gewidmet wurde. Alice Bensheimer fehlt dort aber – wegen Verwechslungsgefahr, denn es gibt im Wohlgelegen eine nach dem jüdischen Buchhändler und Verleger Jakob Bensheimer (1807-1863) benannte Straße. Sein Sohn Julius heiratete 1885 die 1864 in Bingen geborene Alice Coblenz. Sie widmete, so der frühere Mannheimer Bürgermeister Karl Otto Watzinger in einer Biografie, „ihr ganzes Leben dem Kampf um die gesellschaftliche und politische Gleichstellung der Frauen, wobei sie selbst vorbildlich im sozialen Bereich wirkte“. Watzinger charakterisierte Bensheimer als „warmherzigen Frau, die sich für ihre Mitbürger einsetzte“.

Notgemeinschaft gegründet

1896 gründete sie den „Frauenbund Caritas“ als Schwestervereinigung der „August-Lamey-Loge“ zur Unterstützung von Witwen und Waisen. 1899 wurde Bensheimer Armenpflegerin und Mitglied der städtischen Armen- und Jugendkommission, 1914 Leiterin der „Zentrale für Kriegsfürsorge“, die Oberbürgermeister Kutzer gegründet hatte. 1922 entstand auf ihre Initiative die „Mannheimer Notgemeinschaft“, in der alle Wohlfahrtsverbände mit Gewerkschaften und Arbeitgeber zusammenarbeiteten – unter ihrem Vorsitz. Im Badischen Frauenbund und im „Bund deutscher Frauenvereine“ war sie aktiv.

1908 veröffentlichte sie in der Zeitschrift „Die Frau“ einen Aufsatz über „Die Frau im Dienste der Gemeinde“ und kritisierte, dass Frauen nur selten Mitglieder städtischer Kommissionen sind – damals geradezu revolutionär. Zunächst Mitglied der Fortschrittlichen Volkspartei, für welche ihr Mann von 1905 bis zu seinem Tode 1917 dem Bürgerausschuss angehörte, arbeitete Alice Bensheimer nach dem Ersten Weltkrieg im Vorstand der Mannheimer Ortsgruppe der Deutsch-Demokratischen Partei mit. Nur durch ihren Tod im Jahre 1935 entging sie der Deportation, die kurz darauf allen Juden und Jüdinnen durch die Nationalsozialisten drohte.

Redaktion Chefreporter

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