Mannheim. Bei 888 Spielen stand er für Mannheim auf dem Eis. Sein Trikot hängt symbolisch unter dem Hallendach der SAP Arena, und er gilt als Idol nicht nur für Adler-Anhänger. „Aber als Sportler war mir das nie so bewusst“, sagt Harold Kreis. „Ich musste erst aufhören, um zu sehen, wie begeistert die Mannheimer sind“, so der 66-Jährige, seit März 2023 Bundestrainer der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft. Jetzt ist er erstmals auch außerhalb seines Sports geehrt worden – mit der „Mannheimer Kochschürze“, verliehen von der Rustikalen Feinschmeckerchuchi beim traditionellen Mannheimer Herrenessen.
„Eine wunderbare Wahl“, gratuliert Oberbürgermeister Christian Specht. Kreis sei „eine Ikone für Mannheim“, und er sei auch nach seinem Abschied aus der Mannschaft der Adler trotz aller Erfolge und Meistertitel als Spieler wie als Trainer „immer seinen Werten treu geblieben“, so Specht. Aber er gratuliert nicht nur Kreis, sondern ebenso Hermann Enning, und dankt dem neuen Chef der Rustikalen Feinschmeckerchuchi Mannheim, „dass sie diese großartige Tradition fortsetzen“. Denn selbstverständlich ist das nicht.
„Mannheimer Kochschürze“: Tradition bewahrt und doch Mut für leichte Korrekturen
Im November 2024 war Bert Schreiber gestorben. 1967 erfand er die „Mannheimer Kochschürze“ als Ehrung für Menschen, „die erfolgreich zu rühren verstehen“, wie er immer sagte. Die letzte verlieh er im Herbst 2022, von Krankheit gezeichnet. Letztlich handelt es sich nur um ein Stück Stoff – aber Schreiber verstand es, dieses auf einzigartige Weise aufzuladen und mit seinem hartnäckigen, gewinnenden Charme für dessen Verleihung stets Prominente aus Politik, Wirtschaft, Showgeschäft oder Sport nach Mannheim zu holen. Und das von dem Club der Hobbyköche ausgerichtete Herrenessen mit 111 ausgewählten Männern bekam unter ihm den Rang einer „Schaffermahlzeit des Südens“.
Die Köche
Am Herd standen Erik Baumann, Reiner Baumann, Peter Bausback, Hermann Enning, Jonas Hübl, Eugen Kettemann, Guido Moch, Stefan Muser, Bernd Nennstiel, Max Nennstiel, Peter Norheimer, Bernd Otto, Julian Otto, Roland Teutsch und Charalambos Tsagogiorgas.
Unterstützt wurden sie von den Ehrendelikateuren Klaus Curth, Hans-Jürgen Farrrenkopf, Karl Hörmann und Franco Troncone sowie Servicechef Nico Muzzi, ferner unter anderem von Eichbaum, Grimminger, Mercedes Autowelt Weinheim, Odenwald Quelle, Weingut von Winning, Otto Blumen. pwr
Daran knüpft auch Hermann Enning an, indem er – wie Schreiber fünf Jahrzehnte lang – zur Begrüßung im MVV Casino den einen Satz sagt: „Wer hier isst, ist wer!“ So ist auf den Punkt gebracht, wie prominent nahezu alle Herren an diesem Abend sind, auch wenn man zahlreiche neue Gesichter sieht. Und nicht nur damit beweisen Enning und seine Mitstreiter der Rustikalen Feinschmeckerchuchi den Mut zu kleinen Veränderungen im lange starren Ablauf. So sitzt erstmals nicht mehr Franz Lambert an seiner Orgel, sondern Jazztrompeter Thomas Siffling stimmt mit seiner Band sanft-beschwingte Töne an. Und vom Palazzo-Künstlerensemble schießt Schlangenfrau Cristina Garcia im Handstand kopfüber mit den Beinen mit Pfeil und Bogen auf einen Luftballon.
Aber das Ritual der Verleihung der Kochschürze, das bleibt – und das muss natürlich bleiben. Gabriel Clemens, der neue Vorstandsvorsitzende der MVV Energie AG, geleitet Harold Kreis zur Ehrung. Guido Moch hält auf einem roten Kissen die weiße Schürze bereit, Bernd Otto den Sekt, der in den Riesenlöffel gegossen wird. Den hebt Großlöffelmeister Hans-Peter Maichle, vor dem schon viele Minister, Ministerpräsidenten, Showgrößen und Unternehmenslenker niedergekniet haben. Und so tut es jetzt auch Harold Kreis und trinkt den Riesenlöffel aus – womit er aufgenommen ist in den Kreis der Träger der „Mannheimer Kochschürze“.
1959 in Winnipeg (Kanada) geboren, lebt er seit 1978 in Deutschland. Damals sucht der Trainer des gerade in die Eishockey-Bundesliga aufgestiegenen MERC, Heinz Weisenbach, in Kanada Spieler und gewinnt Harold Kreis. 888 Mal steht der Verteidiger im blau-weiß-roten Trikot des MERC und dann der Adler auf dem Eis, ist lange Kapitän und wird mit der Mannschaft 1980 und 1997 Deutscher Meister.
Nach einer schweren Gesichtsverletzung wird er „vom Haudegen zum in sich ruhenden Spieler, der Ruhe und Beharrlichkeit ausstrahlt“, so Hermann Enning in seiner Laudatio. Er charakterisiert Harold Kreis als „zähen Burschen“, der auch für die deutsche Nationalmannschaft Erfolge erzielt, dann eine Trainerkarriere startet, derzeit als erfolgreicher Bundestrainer.
Er sei wegen seines „dicken Hintern“ manchmal verspottet worden, erzählt Enning, denn auch nach der Spielerkarriere habe Kreis weiter so viele Kalorien zu sich genommen wie zur aktiven Zeit auf dem Eis.
Aber das ist der einzige Hinweis auf das Thema Essen. Wer die „Mannheimer Kochschürze“ bekommt, muss nur generell etwas geleistet haben, aber nicht kochen können, betont Enning. „Er muss schlicht und ergreifend etwas bewegt haben, auch über den Tellerrand hinaus“, so der Chef der Feinschmeckerchuchi, und das habe Kreis nicht nur als Spieler und Trainer. Längst sei der Ladenburger über den Eishockeysport hinaus „ein sehr gefragter Mann“, etwa zu den Themen Motivation und Teamführung auch für den Deutschen Fußball-Bund oder Firmen tätig.
Auch da achte er weiter auf Teamgeist und Fairness, denn inzwischen sei er sich bewusst, dass er ein Vorbild für die Jugend sei – als aktiver Spieler habe er das nie so empfunden, sagt Harold Kreis bescheiden und schaut etwas verwundert an seiner Kochschürze herab: „Ich fühle mich sehr geehrt!“
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