Wohnen

„Abzocke“-Vorwürfe gegen Mannheimer GBG

Die neuen Regelungen rund um die Kabel-TV-Gebühren sollten für mehr Gerechtigkeit sorgen. Ein Fall ist dabei offenbar jedoch nicht bedacht worden. Nun erhebt ein Mannheimer Vorwürfe gegen ein Tochterunternehmen der GBG

Von 
Martin Geiger
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Aufgrund von neuen Übertragungsmöglichkeiten geht die Zahl der Kabel-TV-Nutzer zurück. © IStock

Mannheim. Der 33-jährige Mannheimer ist ziemlich sauer: Eine „Schweinerei“ sei das, schimpft er, eine „Abzocke“, die insbesondere ärmere Menschen treffe - und das von einem Unternehmen, das der Stadt gehöre! Das dürfe man nicht akzeptieren. Darum hat er sich unter anderem an die Medien gewandt, auch wenn er seinen Namen lieber nicht veröffentlicht haben will.

Laut Verbraucherzentrale kann etwa mit solchen Dosen der Anschluss ganz . . . © Verbraucherzentrale

Was den 33-Jährigen so umtreibt, sind die Folgen der Veränderungen rund um die Kabel-TV-Gebühren. Deshalb ist er längst nicht der einzige Betroffene: „In Rheinau-Süd regen sich viele Leute darüber auf“, erzählt er. Schuld daran ist aus seiner Sicht das Unternehmen Service-Haus, eine Tochtergesellschaft der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GBG: „Die haben es verpennt, ihre Infrastruktur zu modernisieren.“ Einigen der ohnehin nicht privilegierten Mieterinnen und Mieter der GBG werde deshalb nun „von einem Tochterunternehmen der Stadt das Geld aus der Tasche gezogen“.

Vorwurf des Mannheimers: „Das Ende vom Lied ist, dass sie das Doppelte bezahlt“

Um die Vorwürfe zu erklären, muss man etwas ausholen. Hintergrund des Ganzen ist nämlich der Wegfall des sogenannten Nebenkostenprivilegs bei den Kabel-TV-Gebühren. Früher durften die Hauseigentümer die Gebühren für einen Kabelanschluss über die Nebenkosten abrechnen, wenn es in einem Mehrfamilienhaus einen gemeinsamen Anschluss gab. Das heißt, alle Mieterinnen und Mieter haben diesen zusammen bezahlt - egal, ob sie Kabelfernsehen schauen oder nicht.

Weil das aber immer weniger Menschen machen, hat die Bundesregierung die Regelung geändert: Spätestens mit Ablauf der Übergangsfrist zum 1. Juli dürfen die Kabelgebühren nicht mehr auf alle umgelegt werden. Es sollen nur noch diejenigen bezahlen müssen, die die Kabelsender auch nutzen.

Doch ganz so einfach wie der Gedanke ist es in der Realität leider nicht. Insbesondere offenbar nicht bei Wohnungen der GBG - zumindest nicht für die Mieterinnen und Mieter, die auch ihr Internetsignal über das Kabelnetz beziehen.

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Denn die dafür notwendigen Leitungen und Anschlüsse innerhalb des Gebäudes gehören dem GBG-Tochterunternehmen Service-Haus. Und dieses unterscheidet nicht, ob jemand Kabel-TV oder nur einen Internetzugang haben will, sondern bietet für 18 Euro pro Monat lediglich einen einheitlichen Tarif an: also entweder alles oder nichts.

In der Praxis bedeutet das in dem Fall, der den 33-Jährigen beschäftigt, dass seine Mutter in ihrer Wohnung auf der Rheinau zusätzlich zu den monatlich rund 20 Euro für ihren Internetprovider Vodafone die 18 Euro an Service-Haus bezahlen muss. Obwohl sie, wie er sagt, gar kein Kabel-TV will, sondern nur das Internetsignal: „Das Ende vom Lied ist, dass sie das Doppelte bezahlt.“

Das findet er ungerecht. Denn viele vergleichbare Anbieter in anderen Teilen Deutschlands hätten Filter in den Gebäuden installiert. Diese ermöglichten es, auch nur das Internetsignal durch den Kabelanschluss zu leiten. Zwar falle dafür dann ebenfalls eine Gebühr von monatlich ungefähr fünf Euro an, berichtet der Mann. In einer solchen Größenordnung hält er diese jedoch für gerechtfertigt. Dass seine Mutter aber nur die Wahl habe, das Komplettpaket zu buchen oder nichts, bezeichnet er als „Abzocke“.

GBG verteidigt Vorgehen - und bietet teils Gratis-Lösung an

Nicht nur den 33-Jährigen treibt diese Situation um. Auch die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg beschäftigt sich mit solchen Fällen, die durch die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes entstanden sind. „Das Gesetz ist an dieser Stelle unsauber, weil der Punkt nicht berücksichtigt worden ist“, sagt Oliver Buttler, Abteilungsleiter für Telekommunikation, Internet und Verbraucherrecht. Juristisch sei dies eine Grauzone. Darum sagt er: „Das muss gerichtlich geklärt werden.“ Die Einschätzung des Verbraucherschützers ist allerdings klar: „In meinen Augen ist das eine Umgehung des Nebenkostenprivilegs.“

Bei der GBG sieht man die Sache etwas anders: Zwar biete Service-Haus tatsächlich nur den einheitlichen Tarif von 18 Euro pro Monat für Kabel-TV plus Internetdurchleitung an, erklärt ein Sprecher des Unternehmens. Jedoch könnten die allermeisten ihrer Mieterinnen und Mieter auch über die Telefonleitung/DSL oder einen Glasfaseranschluss ins Internet gehen - und sich so den Kabelanschluss komplett sparen.

. . . oder nur so gesperrt werden, dass das Internet läuft. © Verbraucherzentrale

Und in den wenigen Gebäuden, in denen dies nicht möglich sei - wo also der Kabelanschluss die einzige Möglichkeit darstellt, um das Internet zu nutzen - „besteht die Möglichkeit, einen für die betroffenen Mieterinnen und Mieter kostenfreien Nutzungsvertrag mit der Service-Haus abzuschließen“, sagt der Sprecher.

Hintergrund des Vorgehens sei, dass die kommunale Wohnungsbaugesellschaft, wie berichtet, zusammen mit der Telekom in den nächsten fünfeinhalb Jahren ihren kompletten Wohnungsbestand auf Glasfaser umstellt. „Auch aufgrund dieses Aufbaus eines neuen Glasfasernetzes sind Änderungen am bestehenden Netz weder sinnvoll noch wirtschaftlich“, erklärt der GBG-Sprecher.

Zufrieden ist der 33-jährige Mannheimer mit dieser Lösung allerdings nicht: In der Wohnung seiner Mutter gebe es noch keinen Glasfaseranschluss. „Und die Telefonleitung schafft nur ein Zehntel der Geschwindigkeit - quasi zum selben Preis“, sagt er. „Das ist keine Alternative.“

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

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