Maimarkt Was fünf Menschen vom Mannheimer Maimarkt erzählen

Von der Chefstewardess, die für die Verbrauchermesse eigens Urlaub nimmt, bis zum Wurstverkäufer, der schon 35 Jahre dabei ist - wir haben mit einigen Leuten an den Ständen des Mannheimer Maimarkt gesprochen

Von 
Peter W. Ragge
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Punkt 1 von 2 Celine Lutz

So schnell kann man gar nicht schauen, so flink arbeitet sie. Flasche raus, Geld kassieren, nächste Flasche. „Wenn es ratzfatz geht, finde ich das richtig klasse“, sagt Celine Lutz. „Danach bin ich richtig stolz, dass wir es geschafft haben“. Geschafft, dass die Warteschlange kürzer geworden ist am Getränke-Ausschank der Odenwald Quelle. Sonst Chefstewardess bei Condor, nimmt die 44-Jährige jedes Jahr Urlaub, um auf dem Maimarkt Mineralwasser, Fruchtschorle oder Limonade zu verkaufen.

1998, sie war noch Schülerin, fing sie an. Ihre Eltern kannten den damaligen Geschäftsführer der Odenwald Quelle, aber sie musste sich einem regulären Vorstellungsgespräch unterziehen – eine halbe Stunde lang, „so richtig schick“. Aber es machte ihr Spaß, und seither kommt sie immer wieder, auch als sie 2000 dann als Stewardess anfing. Sie fliegt mehrfach im Jahr rund um die Welt, in die USA oder die Karibik. Aber für die elf Tage Maimarkt nimmt sie sich immer frei, „weil es schön ist, weil es Spaß macht, weil das Team toll ist“, so Celine Lutz. Zwar reiche es nach den elf Tagen, „aber ab Ende des Jahres freue ich mich wieder darauf“, sagt sie.

Am alten Stand der Odenwald Quelle in der Halle sei es immer stickig gewesen, weshalb sie es gut findet, dass die Firma nun im Freigelände ist. „Wir sind immer an der frischen Luft“, hebt sie hervor, und zudem habe das Publikum Sitzplätze: „Wir haben hier eine schöne, kleine Wohlfühloase geschaffen“. Aber auch sie fühle sich bei der Odenwald Quelle „unheimlich wohl“. Sie habe prima Kolleginnen, alle Mitarbeiter würden von Odenwald Quelle-Inhaber Andreas Schmidt und seiner Frau „rundum verpflegt“ und „zu 99 Prozent hat man auf dem Maimarkt nette, gut gelaunte Gäste.“ Nur am Samstag, da muss sie früher Feierabend machen – denn sie spielt noch Handball bei der HSG Bergstraße.

Punkt 1 von 2 Helmut Fecher

Die Gastronomie war vielleicht nicht Helmut Fechers erste Liebe, aber wahrscheinlich seine größte – natürlich gleich nach seiner Frau und der Familie. Dass er eines Tages Chef eines Groß-Betriebes sein würde, der in Spitzenzeiten bis zu 42 Menschen beschäftigt und heute an gleich drei Ständen auf dem Mühlfeld vertreten ist, das hätte sich der 69-Jährige als junger Mann nicht träumen lassen. Schließlich stand für ihn schon als Kind fest, dass er als Wertheimer einmal Glasbläser werden würde: „Die Faszination für diesen Werkstoff ist einem in unserer Heimatstadt mit ihrem Glasmuseum nun mal so in die Wiege gelegt worden.“ Und auch der gebürtige Franke gestaltete viele Jahre lang riesige Industriethermometer. Seine Firma steckte in der Krise, musste Mitarbeiter entlassen. Der Handwerker nahm immer öfter Jobs bei seiner Schwester an, die große Festzelte bewirtschaftete. Und eines Tages machte er sich selbstständig. Schweinshaxen, Spanferkel, Knödel, Kraut und jede Menge Soße samt Freibier: Wann der Wirt zum ersten Mal auf dem Maimarkt war, kann er gar nicht mehr genau beziffern: „Ende der 90-er Jahre, jedenfalls noch zu D-Mark-Zeiten.“ Anfangs mit Freibier in Halle 6, inzwischen auch noch mit zwei weiteren Angeboten in Halle 8 und 41.

Ob er den Wechsel vom Glas zur fränkischen Wurst je bereut hat? Nein, dafür ist er mit zu viel Leidenschaft Gastronom. Auch wenn er Tochter Gabriele, die als Erzieherin heute als Klinik-Entlass-Managerin arbeitet, immer verboten habe, den Betrieb einmal zu übernehmen: Denn im Geschäft sei man „heute hier, morgen dort“. Lockangebote, kostenlose Pommes- und Saft-Aktionen für Kinder: „Ich freue mich, wenn alle zufrieden sind. Und das ist doch die beste Werbung.“ Also doch eine Herzenssache? „Ja, im richtigen Team macht es einfach Spaß. Ich allein kann keine Messe machen. Und irgendwann verliebst du dich halt in dieses Geschäft.“

Punkt 1 von 2 Regina Klopp

Eine große Liebe stand auch am Anfang von Regina Klopps Erfindung – allerdings galt die nicht deftigen kulinarischen Genüssen, sondern Schäferhund Merlin. „Ich hatte zeitlebens Tiere.“ Ob Hund oder Perserkatze: „Ob lang und wollig, oder kurz und stoppelig – die Haare sind einfach ein Problem. Und ich wollte einfach etwas schaffen, das nachhaltig ist und dennoch extrem effektiv.“ Und obwohl die Petershagenerin keineswegs ein Maimarkt-Neuling ist, sondern schon seit 1996 von Rasierern über Hammerstiele bis zu Staubsaugerdüsen so manches Schnäppchen an Frau und Mann bringt, nahm sie sich Zeit für eine pfiffige Idee: die „HuKaBü“, Hunde- und Katzen-Bürste von Elras.

„Das funktioniert ja wunderbar“, schwärmt Eveline aus Bruchsal, die fasziniert verfolgt wie Regina Klopp mit den weichen Wellen und Gummidornen der Bürste selbst dick mit Haaren übersäte schwarze Samtdecken wieder zum Vorschein bringt. Inzwischen sind die Produkte der Gründerin patentiert und preisgekrönt. Unter anderen eine innovative Staubsaugerdüse, an deren Unterseite sich nicht etwa alle Haare unwiederbringlich fest verhaken, sondern ganz leicht abnehmen und säubern lassen. Die Idee stammt aus dem Jahre 2013, als ihr Seelenhund mit 14 Jahren eingeschläfert werden musste: „Er hat wirklich alle Herzen verzaubert“, erinnert sich die Einzelhandelskauffrau. Und man muss kein Magier sein, um zu raten, wie der Prototyp heißt: „Natürlich Merlin. Und das ist kein fauler Zauber“.

Punkt 1 von 2 Janet Carstensen

Zur Kult-Messehändlerin hat es Janet Carstensen als absoluter Messe-Neuling, der mit seinen individuell gestalteten Gaming- oder Bürostühlen gerade in Halle 12 am Stand 12-14 Einstand feiert, natürlich noch nicht schaffen können. Trotzdem ist ihre Premiere durchaus eine glanzvolle, denn die Erfinderin und ihre kunterbunten Kreationen sind ständig von Besuchern zum Probesitzen belagert. Wie die 43-Jährige auf die „Gamechanger“-Idee kam? Nun, sie hatte Betriebswirtschaftslehre studiert und im Außendienst eines Büromöbelproduzenten Erfahrung in puncto Ergonomie und Stahlkonstruktion gesammelt: „Doch da der Markt zurzeit mit Massenproduktionen aus Fernost überschwemmt wird, wollte ich eine Alternative schaffen;“ eine ergonomisch gesunde, wie sie immer predige: „Damit eure Leidenschaft keine Leiden schafft.“ Ob in dezentem Anthrazit und Cremeweiß oder pink mit Himmelblau samt eingesticktem Logo: Sonderwünsche zu erfüllen ist eine der Herzensangelegenheiten der Hanseatin. Apropos: Wie kommt denn die Gründerin aus dem kühlen Norden so mit den Kurpfälzern zurecht? „Ich musste erst mal lernen, was ein Nickerschä ist.“ Ein was bitte? „Ja, da staunen Sie.“ Jedenfalls hätte eine Mannheimerin beim Testsitzen gesagt, da könne man ja gleich „ä Nickerschä“ machen, was die gebürtige Hamburgerin erst beim zweiten Hinhören als Nickerchen identifizieren konnte, wie sie lachend erzählt: „Aber im Ernst, die Leute hier sind alle super nett.“

Punkt 1 von 2 Jörg Keidel

Wenn er seine Sprüche macht, bleibt jeder stehen: Jörg Keidel verkauft im „Schlemmerland“ nicht nur Wurstspezialitäten der Marke „Rhöni“, er preist sie auf unvergleichlich locker-originelle Weise so toll an, dass er unter vielen Salami-Anbietern heraussticht. Haussalami, Rotweinsalami, Mediterrane Salami, Pfefferbeißer, Wacholdersalami – nach und nach füllt er kleine Körbchen, bis zehn Würste drin sind, dann gibt es noch eine gratis dazu, und schon zahlen die Leute 15 Euro. Seit 35 Jahren kommt er auf den Maimarkt, sein Kollege schon 40 Jahre auf den Weihnachtsmarkt. Ab der „Grünen Woche“ in Berlin ist er unterwegs, durch ganz Deutschland bis nach Ravensburg verkauft er Wurst und macht seine Späßchen gratis dazu. „Der Maimarkt ist ein guter, schöner traditioneller Markt“, so der 63-Jährige, leider gebe es seit Corona manche Verbrauchermesse gar nicht mehr und die Besucher- sowie Ausstellerzahlen hätten abgenommen. Man spüre überall die Kostenexplosion und „dass die Leute weniger Geld in der Tasche haben sehe ich auch“, so Keidel. „Die Zeit wie früher, das ist vorbei, das kommt nicht mehr“, ist ihm klar, „aber ich bin im Großen und Ganzen zufrieden, denn die Stammkunden halten uns die Treue – und es macht Spaß!“

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