„Unser Schulterschluss für Ihre Sicherheit“ - Vorführungen von Feuerwehren und Hilfsorganisationen / „Es hilft, Kindern die Angst zu nehmen“

Feuerwehren und Hilfsorganisationen: Die Retter zeigen ihr Können

Von 
Peter W. Ragge
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Bergrettung, auf dem Maimarkt-Gelände demonstriert: Ronny Olbert (l.) und Thorsten Feil mit dem „Tirol Kit“ genannten speziellen Gerät der Feuerwehr Heidelberg, in dem gerade – für die Übung – Eva Heising liegt. © Michael Ruffler

Eva Heising wird festgeschnallt. Mit drei Gurten gesichert liegt sie in der Korbtrage. Dann schaukelt es ziemlich. Ronny Olbert und Thorsten Feil legen die Schultergurte an, und so wird die Frau halb getragen, halb gefahren durch das Maimarktgelände transportiert – das ja sehr eben ist. So demonstriert die Feuerwehr Heidelberg, wie sie eigentlich Personen aus unwegsamem Gelände, etwa im Odenwald rettet. Die Vorführung ist Teil der vielen Aktivitäten vor und in Halle 6, wo sich unter dem Motto „Unser Schulterschluss für Ihre Sicherheit“ die Feuerwehren und Hilfsorganisationen der ganzen Region präsentieren – zum 20. Mal.

„Wir haben ihn dreckig gelassen, umso mehr ist er ein Anziehungspunkt für die Besucher“, sagt Fritz Hormuth mit Blick auf einen mit Schlamm verschmutzten roten Kleinbus, der feuerwehrintern „MZF-AT“ genannt wird, sprich Mehrzweckfahrzeug All Terrain. Die Feuerwehr hat den 1994 gebauten, zuletzt als Einsatzleitwagen genutzten Kleinbus zum Rettungsfahrzeug für unwegsames Gelände umgebaut. Es ist geländegängig, verfügt über mehr Bodenfreiheit, grobstollige Bereifung, das mit der Tiroler Bergrettung entwickelte „Tirol Kit“ als leichtes, robustes Transportsystem, einen Gerätesatz Absturzsicherung und einen Flaschenzug.

Markus Michel (l.) und Thomas Tremmel erklären am Stand vom „Schulterschluss“ das Sonargerät auf dem Rettungsboot der Feuerwehr Speyer. © Michael Ruffler

Damit könne man Verletzte aus den Bergen oder dem Wald holen und bis zum Rettungswagen bringen, der in unwegsames Gelände nicht fahren kann, erläutert Ronny Olbert, Sachgebietsleiter Ausbildung der Feuerwehr Heidelberg. Meist einmal wöchentlich rückt er aus, so Olbert. „Immer wenn mal wieder ein Mountainbikefahrer durch den Wald brettert“, brauche man ihn, so Fritz Hormuth. Auch Wanderer müssten öfter gerettet werden: „Früher hatten die Leute eine gute Kondition, aber schlechte Kleidung, heute ist die Ausrüstung sehr gut, aber ihre Kondition schlecht“, weshalb man immer öfter zu Einsätzen in den Wald müsse. Aber auch beim Hochwassereinsatz im Ahrtal sei das Fahrzeug durch den hohen Radstand sehr hilfreich gewesen, berichtet Ronny Olbert.

Die Katastrophe im Ahrtal prägt ebenso die Präsentation des Technischen Hilfswerks (THW) beim „Schulterschluss“. Bilder zeigen, wie die Situation war – und wo die THWler geholfen haben. Sascha Zimmermann vom THW Mannheim war dabei, jetzt erzählt er auf dem Maimarkt von seinen Erlebnissen dort. Im Vergleich zu den Maimärkten der Vorjahre, so fällt ihm auf, habe durch die vielen Berichte vom Ahrtal der Bekanntheitsgrad des THW zugenommen. „Man merkt, dass sie gezieltere Fragen stellen, und es haben sich auch Leute bei uns gemeldet, die jetzt Interesse haben, bei uns mitzumachen“, so Zimmermann. Generell sei das Interesse des Publikums „erstaunlich gut“, so der THW-Helfer: „Man spürt, dass die Leute auch wieder hungrig sind nach Normalität und froh, wieder mal rauszukommen.“

Besondere Programmpunkte

  • Am 4., 6. und 9. Mai ist die Tierrettung Rhein-Neckar präsent.
  • Am Samstag, 7. Mai, zeigen Mitglieder der Freien Rettungshundestaffel Bergstraße und 10 und 14 Uhr, wie sie vermisste Menschen finden.
  • Am Sonntag, 8. Mai kommen die Rettungshundestaffel vom DRK Mannheim und vom ASB Pirmasens.
  • Am Montag, 9. Mai zeigt die BASF-Werkfeuerwehr Teile ihrer spektakulären Ausrüstung in voller Aktion.
  • Stets präsent ist die Werkfeuerwehr Henkel mit Rat und Tat zum Thema Feuerlöscher.
  • Erstmals gibt es an allen Tagen im Freigelände drei historische Einsatzfahrzeuge zu sehen, vorgestellt vom vom Kurpfälzer Verein für Feuerwehrgeschichte Mannheim.
  • Dabei handelt es sich um einen Einsatzleitwagen von 1979, der damals so spektakulär war, dass er bei der Internationalen Automobilausstellung Frankfurt 1979 gezeigt wurde, ein altes Mannheimer Pullmann-Tanklöschfahrzeug von 1966 und einen Kranwagen der Mannheimer Berufsfeuerwehr von 1965. Dazu kommt eine von Markus Appel erarbeitete Ausstellung zur Feuerwehrgeschichte

Doch bei der „Blaulichtfamilie“, wie sich die Beteiligten am „Schulterschluss“ auch nennen, ist noch lange keine Normalität. „Wir mussten Abstriche beim Programm machen“, räumt Markus Jaugitz ein, Leiter der THW-Regionalstelle Mannheim und einer der Motoren vom „Schulterschluss“. „Wir hatten nur zwei Monate Zeit zur Planung“, verdeutlicht Karl F. Mayer, Vorsitzender des Stadtfeuerwehrverbands, der vor 20 Jahren die Idee zu der „Schulterschluss“-Präsentation auf dem Maimarkt hatte. Da sie durch Corona, den Einsatz im Ahrtal und nun die Hilfe für Ukraineflüchtlinge enorm gefordert seien, hätten viele Hilfsorganisationen Personalmangel, erklärt Mayer, warum es nicht mehr wie früher ständig spektakuläre Vorführungen am Stand gibt. Oft ließen zudem die Hygieneregeln gemeinsame Übungen mit anderen Einheiten gar nicht zu, ergänzt Jaugitz. „Aber es ist hier jeden Tag etwas geboten“, so Mayer.

Drohnengruppe und Erste Hilfe

„Wir sind gerne wieder dabei, denn so eine Tradition muss gepflegt werden“, sagt Peter Georg Eymann, Kommandant der Feuerwehr Speyer. Er findet den Maimarkt wichtig, um das interne Netzwerk der Hilfsorganisationen untereinander zu pflegen, damit man sich gegenseitig unterstützen kann und im Einsatzfall besser kennt. Aber der Maimarkt stelle auch eine gute Chance dar, den Bürgern die Leistungsfähigkeit der Retter zu zeigen, so Eymann, während seine beiden Kollegen Markus Michel und Thomas Tremmel das Rettungsboot und das Sonargerät vorführen, mit dem sie bis zu 25 Meter tief Personen und Gegenstände unter Wasser finden – auf dem Rhein oder in Badeseen.

Von der Tiefe in die Luft – der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) hebt manchmal ab, mit Vorführungen seiner Drohnenseinsatzgruppe. Bei den Maltesern tummeln sich ganz brave Besuchshunde, die sonst bei behinderten oder älteren Menschen für Freude sorgen. Jugendarbeit, Erste-Hilfe-Kurse, Pflegedienste, Hausnotruf – DLRG, ASB, Rotes Kreuz, Johanniter und Malteser zeigen die ganze Vielfalt des Engagements von Hilfsorganisationen.

Manchmal ist es aber auch einfach der Alltag, der besonders faszinierend ist, gerade für die jüngsten Besucher. Das zeigt sich, als der Kindergarten St. Raphael den Maimarkt besucht. Die meist fünfjährigen Jungen und Mädchen sind nur schwer zu trennen von dem Krankentransportwagen des Roten Kreuzes, der mit eingeschaltetem Blaulicht in der Halle steht. Alisa Kaiser und Jana Schuhmann nehmen sich viel Zeit, lassen die Kinder ins Führerhaus klettern, auf der Trage probeliegen und an der Puppe Erste Hilfe trainieren. „Die waren echt neugierig, und einige wussten auch, dass sie den Brustkorb drücken müssen“, freut sich Jana Schuhmann vom DRK.

Erzieherin Michelle Adrianek ist „richtig dankbar für das Angebot“, sagt sie: „Das ist echt toll, super, denn es hilft, den Kindern die Angst zu nehmen, wenn doch mal etwas passieren sollte und sie Hilfe brauchen“. Zudem könne man nie früh genug anfangen, über Berufe zu informieren, und auch das macht ja der „Schulterschluss“.

Redaktion Chefreporter

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