Wallstadt

Nach Absage der Fasnachtszüge: Mannheimer Vereine fordern mehr Hilfe

Interessengemeinschaft schlägt bei Neujahrsempfang zentrale Servicestelle vor

Von 
Peter W. Ragge
Lesedauer: 
Närrische Machtübernahme: Die „Gowe“ gestalten den Wallstadter Neujahrsempfang mit mehreren Programmpunkten mit. © Christoph Blüthner

Die Vereine brauchen dringend mehr Hilfe durch die Stadt, um die zunehmenden Auflagen für Genehmigungen von Veranstaltungen erfüllen zu können. Das hat jetzt Jens Weber, der Vorsitzende der Interessengemeinschaft Wallstadter Vereine (IWV), beim Neujahrsempfang des Stadtteils im – einschließlich der Stehplätze – überfüllten Evangelischen Gemeindezentrum gefordert. „Wie wäre es mit einer zentralen Serviceeinheit, die Vereinen unter die Arme greift, damit sie nicht zu X verschiedenen Ämtern gehen müssen“, regte der Vorsitzende an.

Die Absage der Fasnachtszüge in Mannheim und Feudenheim stelle nur ein Beispiel dar, wie schwierig es inzwischen geworden sei, Auflagen zu erfüllen. „Damit stirbt ein Stück unserer Kultur“, und neben den Fasnachtszügen fielen auch viele andere, kleinere Veranstaltungen einfach weg, beklagte Weber.

„Wir brauchen diese Halle“

„Jeder Euro, der in Vereine investiert wird, spart ein paar Jahre später fünf Euro für Sozialarbeiter“, meinte Weber. Vereine seien „der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält – auch bei Erschütterungen, wie wir sie gerade erleben“, erklärte er. Im Ehrenamt werde enorm viel geleistet, doch das stoße an Grenzen. In Wallstadt könne man glücklich sein, „dass wir noch eine solche Vielfalt im Vereinsleben haben“, doch sie sei bedroht, wenn der schon lange diskutierte Neubau des Kultur- und Sportzentrums ausbleibe. „Wir brauchen diese Halle“, bekräftigte er, „wir brauchen einen Ort der Begegnung, Begegnung braucht Raum, und dieser Raum wird sich von alleine füllen“, verwies er auf den vielfältig dokumentierten Bedarf vieler Vereine des Stadtteils.

Mehr zum Thema

Kommentar Berechtigte Forderung der Vereine

Veröffentlicht
Kommentar von
Peter W. Ragge
Mehr erfahren
Neujahrsempfang

Nicht alle Mannheimer Fasnachts-Vereine haben Corona gut überstanden

Veröffentlicht
Von
Peter W. Ragge
Mehr erfahren
Fasnacht

Warum jetzt auch der Feudenheimer Fasnachtszug abgesagt wird

Veröffentlicht
Von
Peter W. Ragge
Mehr erfahren

In der Rückschau auf 2022 erinnerte Weber unter anderem an eine „tolle Kerwe“, das Open-Air-Kino („so etwas gibt es nur in unserem Stadtteil“) und an den erfolgreichen Weihnachtsmarkt. Zugleich dankte er Manuela Müller, von der er im vergangenen Jahr den Vorsitz der IWV übernommen hatte. „Es sind große Schuhe“, meinte er.

Auch zwei weitere Redner würdigten Manuela Müller. Stadträtin Birgit Reinemund (FDP) nannte sie eine „großartige Netzwerkerin und Organisatorin“, Bezirksbürgerserviceleiter Frank Kassner hob unter anderem ihre Rolle bei der Initiative „Kultur im Rathaus“ hervor.

Reinemund vertrat offiziell die Stadt und grüßte im Namen der beiden ebenso in Wallstadt anwesenden Bürgermeister Christian Specht und Ralf Eisenhauer sowie zahlreicher Stadträte. Dass so viele nach Wallstadt gekommen seien, bedeute „eine besondere Wertschätzung für einen so quicklebendigen Stadtteil“, sagte Reinemund.

Jens Weber, der neue Vorsitzende der Interessengemeinschaft. © Christoph Blüthner

Sie charakterisierte Wallstadt als „starken Stadtteil mit gutem Zusammenhalt“ sowie großem ehrenamtlichen Engagement. „Das soll auch so bleiben“, meinte sie. Obgleich es diesmal nicht gelungen sei, bereits Gelder dafür im Haushalt für 2023 zu verankern, hätten sich doch „alle Fraktionen dazu bekannt“, das Kultur- und Sportzentrum mit Gerätehaus für die Freiwillige Feuerwehr in Wallstadt zu bauen. Der Gemeinderat wolle das Projekt „auch in finanziell schwierigen Zeiten weiterführen“ und werde für 2024 „definitiv Gelder im Etat einstellen“, sagte sie zu. Sollte die Kirche die DJK-Halle aufgeben, ehe der Neubau fertig ist, „brauchen wir eine Übergangslösung“. Daran könne Wallstadt dann alle Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters messen.

Auch auf die Klage von Jens Weber wegen der zunehmenden Auflagen ging Reinemund ein. „Wir müssen als Gemeinderat und Stadtverwaltung Wege finden, Bürokratie abzubauen und Augenmaß bei Auflagen walten zu lassen, ohne die Sicherheit zu gefährden“, sagte sie. Und sie verspracht, sich für einen – schon lange geforderten – Zehn-Minuten-Takt der Stadtbahn in Wallstadt einzusetzen. Beim Öffentlichen Nahverkehr sei „noch Luft nach oben“, räumt sie ein.

Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren

Zahlreiche kleinere Probleme im Stadtteil sprach Franz Busenbender in seinem Grußwort im Namen des Bezirksbeirates an. Er forderte eine Quartiersgarage, kritisierte im Wohngebiet abgestellte Wohnmobile, fehlende Mülleimer sowie den „sehr schmutzigen Zustand des Rathausplatzes“. Das „größte Problem“ stelle aber das fehlende Kultur- und Sportzentrum dar, drängte er auf einen baldigen Baubeginn.

Gitarre und „Gowe“

„Wir müssen dafür eine Lösung finden“, schloss sich „Gowe“-Präsident Manuel Kohl an. Nach der Corona-Pandemie sei das Leben wieder in die Vereine zurückgekehrt und der Ort habe eine „super Kerwe“ erlebt, dankte Kohl der IWV, aber ohne eine Halle als Trainings- und Veranstaltungsstätte drohe das Ende der Jugendarbeit und die Auflösung vieler Vereine, warnte er. Zudem kritisierte er auch er wie schon Jens Weber die zunehmenden Auflagen für Vereine. Schließlich gehörten Fasnachtszüge zum Brauchtum „wie der Neckar und der Rhein zu Mannheim!“

Neben Gitarrist Johannes Voogdt („Hannes Mono“) mit einfühlsamen Songs sorgten die „Gowe“ mit Tanzmariechen Feline Bencik, Mini- und Jugendgarde für gleich drei Programmpunkte, ehe Bezirksbürgerserviceleiter Frank Kassner ihnen offiziell den Rathausschlüssel übergab. Kassner dankte zugleich für das Verständnis der Wallstadter, dass das Vorortrathaus zum Jahreswechsel „aus Energiespargründen“ geschlossen worden war – doch darauf gab es viel Gelächter, denn so viel Verständnis hatten die Wallstadter dafür gar nicht.

Redaktion Chefreporter

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen