Fasnacht

Warum jetzt auch der Feudenheimer Fasnachtszug abgesagt wird

In Feudenheim wird es an Fasnachtdienstag 2023 keinen Fasnachtszug geben. „Schweren Herzens, nach Abwägung des Für und Wider“ hat die Bürgergemeinschaft die Absage beschlossen. Das sind die Gründe

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Peter W. Ragge
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An solchen Stellen wird künftig genauer hingeschaut: Großer Andrang an der Ecke Hauptstraße/Pfalzstraße beim Feudenheimer Fasnachtszug. © Markus Proßwitz

In Feudenheim wird es an Fasnachtdienstag 2023 keinen Fasnachtszug geben. „Schweren Herzens, nach Abwägung des Für und Wider“ habe die Bürgergemeinschaft die Absage beschlossen, so Thomas Frank, Ehrenpräsident der „Narrebloos“, der die Großveranstaltung mit Werner Barth (ehemals „Lallehaag“) bisher organisiert und moderiert hat. Die Gründe sind vergleichbar denen, die zur Absage des großen Fasnachtszugs Mannheim-Ludwigshafen geführt haben - es geht um Sicherheit, behördliche Auflagen, Fragen von Versicherung und Verantwortung.

Größter der Vorortumzüge

Nach zwei Jahren Corona-Pause waren die Feudenheimer Vereine eigentlich davon ausgegangen, dass sich 2023 wieder ein Umzug durch die Straßen des Stadtteils bewegen würde. Mit meist über 50 Zugnummern - Wagen, Musik- und Fußgruppen - handelte es sich stets um den mit Abstand größten der fünf Mannheimer Vorortumzüge. Die Polizei zählte auch oft um die 20 000 Zuschauer. „Zumal sich die Coronasituation zusehends entspannt und von dieser Seite Veranstaltungen dieser Art eigentlich durchführbar sind“, so Thomas Frank, seien auch die Vorbereitungen längst angelaufen.

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Doch so wie der Karnevalskommission, die letztlich im November den Mannheimer Fasnachtszug absagte, ging es nun der Bürgergemeinschaft Feudenheim. Die Dachorganisation von 26 Vereinen, stieß ständig auf neue Schwierigkeiten. Hauptgrund der Absage sei „die Unsicherheit, sowohl bei der Planung, als auch bei der Durchführung des Zuges“, so Frank. Er spricht von „vielen Fragezeichen, die in der Kürze der Zeit nicht lösbar sind, da die genauen Anforderungen, die zu erfüllen sind, nicht qualifiziert werden können“, wie er mit Blick auf behördliche Auflagen formuliert. Die seien in den vergangenen Jahren nicht unbedingt strenger geworden, „aber man schaut jetzt genauer hin“. Es hätten sich „ganz viele Kleinigkeiten summiert“, so Thomas Frank: „Wir haben dann die Notbremse gezogen“, bedauert er.

Kosten und Haftung als Problem

Als ein Beispiel nennt er die geforderte Beschilderung zum Halteverbot, die eine bestimmte Höhe, deren Schrift eine bestimmte Größe haben müsse und die man theoretisch über die gesamte Wegstrecke aufstellen müsste. Wer das unterlasse, könne letzlich nicht sicher sein, dass keine Autos die Wegstrecke blockieren - auch wenn sie lange vorher angekündigt werde.

Durch den Wegfall des großen Fasnachtszuges in Mannheim hätten sich einige Aufgaben auf die Bürgergemeinschaft als Veranstalter in Feudenheim verlagert, etwa die Begutachtung und Abnahme der Fahrzeuge vor Ort am Tag des Umzugs durch Ordnungskräfte und TÜV - denn sonst verließ man sich darauf, dass die großen Wagen ja schon einmal in der Stadt abgenommen wurden. Das alles überfordere die personelle Kapazität in Feudenheim.

Eigenes Sicherheitskonzept

Zudem habe man erwarten müssen, dass nach dem Wegfall des großen Fasnachtszuges mehr Publikum nach Feudenheim ströme - was aber dann ein ganz eigenes Sicherheitskonzept erfordert hätte. Und was plötzlich großer Andrang bedeuten kann, hat die Bürgergemeinschaft gerade erlebt: Am 11. November strömten rund 1000 Kinder und Eltern zum Martinszug - sehr viel mehr als in den Jahren vor Corona, was zu entsprechendem Gedränge führte.

Ein weiteres Problem sei die Deckungssumme der Versicherung und deren Prämie sowie die Verantwortung. Letztlich müsse der Unterzeichner der Anmeldung, also der Vorsitzende der Bürgergemeinschaft, als Privatperson persönlich haften. Auch die Karnevalskommission hatte zuletzt erklärt, dass das unzumutbar sei und deshalb der Fasnachtszug nicht mehr ehrenamtlich abgewickelt werden könne.

Schließlich seien wegen der Inflation „die Kosten, die durch Beschilderung, Sicherheitsdienst und TÜV entstehen, nicht kalkulierbar“, so Thomas Frank. Allein für das Ausleihen Schilder habe man zum Beispiel mit über 3000 Euro rechnen müssen.

Tradition bis 1888

„Wir haben uns das alles nicht leicht gemacht“, erklärt er, aber letztlich jetzt absagen müssen, da sonst die Vereine ja mit dem Wagenbau beginnen würden. Die Absage solle aber nicht für immer sein: „Wir wollen wieder, sonst fehlt ja etwas“, betont Thomas Frank auch im Namen von Werner Barth und dem ganzen Vorstand der Bürgergemeinschaft.

Die hat in der Nachkriegszeit die Verantwortung für den Fasnachtszug übernommen - 2023 wäre der 69. Zug gewesen. Die Tradition geht aber viel weiter zurück - und sogar länger als in den Quadraten. Bereits 1888 hatte sich in Feudenheim die Karnevalsgesellschaft „Heiterkeit“ gegründet - zehn Jahre vor dem Mannheimer Feuerio und als einer der ersten Karnevalsvereine der Region. Die „Heiterkeit“ führte in Feudenheim auch gleich nach der Gründung Umzüge durch, beginnend am „Neckartal“, mit dem Till als Symbolfigur und zeitweise einem Prinzenpaar. 1913, zum 25-jährigen Bestehen, soll der Umzug ganz besonders groß gewesen sein.

Feudenheimer Umzüge mit eigenem Prinzenpaar sind bis in die 1930er Jahren belegt. 1957 nahm der „Lallehaag“ die Tradition mit einer „Kappenfahrt“ wieder auf, in den 1960er Jahren übernahm die Bürgergemeinschaft die Organisation. Dabei zeichnete den Feudenheimer Umzug aus, dass sich hier neben den Karnevalsvereinen „Lallehaag“ und „Narrebloos“ aus Feudenheim, der „Gowe“ Wallstadt“ und den „Insulana“ Ilvesheim sowie den „Schlappmäulern“ aus der Neckarstadt auch immer viele weitere Vereine beteiligten. Gerade die Sänger der „Teutonia“, „Goggelrobber“, Freiwillige Feuerwehr oder Geschäftsleute des Orts vom Gewerbeverein beteiligten sich oft mit eigens aufwendig gebauten, fantasie- und humorvollen Motivwagen oder Fußgruppen.

Redaktion Chefreporter

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