Seit Oktober 2018 wohnt Matthias Schüler mit seiner jungen Familie in einer Wohnung auf Franklin. Er gehört damit zu den 800 Pionieren, die derzeit auf dem früheren Areal der amerikanischen Streitkräfte siedeln. „Wenn man den Leuten erzählt, wo wir wohnen, finden das alle interessant und wollen mehr von uns hören“, sagt Schüler. Auf die Frage, ob Franklin seine Heimat ist, erwidert er: „Sowas wie Heimat wird sich ja hier erst bilden.“
Matthias Schüler wurde 1980 in Aalen geboren. Vor elf Jahren kam er nach Mannheim – wegen der Arbeit. Der Physiotherapeut betreute drei Jahre lang die Jungadler des MERC. Anschließend eröffnete er eine Praxis in der Schwetzingerstadt. Mannheim fand er immer gut. „Eine praktische Stadt, die wunderbare Ecken hat – ist schon Heimat“, findet er. Vor fünf Jahren zog er mit seiner Frau Miriam(32), die 1986 ebenfalls in Aalen geboren wurde und Physiotherapeutin ist, auf den Lindenhof. „Dort hat es uns gefallen“, sagte er. Allerdings sei hier ein Immobilienerwerb bei den Preisen für ihn unmöglich. „Da bekommt man als Selbständiger Bauchgrummeln“, meint er.
Eineinhalb Jahre habe sich die Familie umgeschaut und schließlich auf Franklin eine Wohnung gefunden – mit Garten für ihre kleine Tochter. „Das fanden wir von Anfang an spannend; Konversionsflächen wie diese gibt es bestimmt nicht in vielen Städten. Toll, dass man alles hier aktiv mitgestalten kann und was es alles hier gibt und noch geben soll“, sagt Schüler. Zum Beispiel? „Die vielen Energiesparmodule. Es gibt Busse, die elektrisch fahren als feste Linie alle 20 Minuten. Und am Platz der Freundschaft gibt es einen Straßenbahnanschluss.“
Schnelles Wachstum
„Franklin wächst ganz schnell, das merkt man am Kindergarten“, so Schüler. Der evangelische Kindergarten ist nur über die Straße – 23 Kinder in der gleichen Altersklasse. „Das ist für die Erzieherinnen schon eine immense Herausforderung“, meint der Neu-Bürger.
Beim Vorgespräch mit dem Bauträger gefallen hat ihm, dass Franklin weitgehend autofrei ist. Durch die Tiefgarage gibt es auch kein Parkplatzproblem mehr. Der Hausbau nebenan soll bis Ende dieses Jahres fertig sein. „Dann ist auch der Baulärm vorbei“, hofft Schüler.
„Eigentlich ist Franklin ein noch nicht richtig funktionierender Stadtteil, wie man sieht, hier fängt vielmehr ja alles neu an“, findet er. „Es ist der Franklin Spirit“, der Geist von Franklin also, den er an seinem neuen Domizil so schätze. „Man hilft sich untereinander, redet miteinander, über den Gartenzaun kommt man ins Gespräch mit den Nachbarn.“ Franklin Spirit bedeute: „Alle sind offen, man kennt noch niemanden. Es ist leichter, wenn man Kinder hat, es gibt hier viele junge Familien.“ Schön fand Schüler das Nikolaus-Fest der hier gebliebenen Amerikaner: „Der Nikolaus kam, es gab für die Kinder Süßigkeiten, Essen wurde angeboten, es war total nett.“
An Weihnachten fand auch ein erster ökumenischer Gottesdienst auf Franklin statt. Anschließend zogen die Pfarrer von Tür zu Tür. Monatlich findet ein Treffen zum Austausch mit Live-Musik bei der Sports Arena statt. Da wird dann beispielsweise auch informiert, „wo der nächste Metzger ist“.
„Bäcker vor der Tür“ wird vermisst
„Am meisten vermisst meine Frau den Bäcker vor der Tür“, verrät Schüler. Auch einen Großeinkauf könne man hier noch nicht machen. Doch das Ganze solle ja 2025 abgeschlossen sein. „Das ist spannend, momentan wohnen hier 800 und später 9000 Menschen, wir klappern regelmäßig den Stadtteil ab, um zu sehen, was alles passiert“, erzählt Schüler.
Sein Lieblingsort ist das großzügige Sportgelände bei der Sports-Arena, weil er gern Sport treibt. Seine Tochter liebe die blaue Schaukel dort und die Schafe, die in der Nähe grasen. Zweimal in der Woche läuft Matthias Schüler auch von Franklin aus in seine Praxis in der Schwetzingerstadt – acht Kilometer, auch durch die George Washington Straße. Da sei es im letzten Winter plötzlich nicht mehr weitergegangen, weil es dort damals noch keine Beleuchtung gab. „Jetzt ist alles schon viel besser“, findet der Franklin-Pionier. Er erzählt, alle sechs Wochen fahre er mit seiner Familie in seine alte Heimat nach Aaalen. „Jedesmal sind wir froh, wenn wir wieder hier sind – das Schöne an Franklin ist der urbane amerikanische Style.“
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