Mannheim. Da muss er erst einmal kräftig durchatmen. Oberbürgermeister Christian Specht hat gleich nach dem herrlichen wie treffenden Humor von Kerwebürgermeisterin Irmi Benz den denkbar schlechtesten Zeitpunkt für seine Rede zur Feudenheimer Kerweröffnung erwischt - und schafft es dennoch, sehr viel Beifall zu bekommen. Er überbringt nämlich die Zusage, dass die Stadt den unter enormen Kostensteigerungen leidenden Kerweverein mit 5000 Euro unterstützt, der Bezirksbeirat aus seinem Budget zudem 2000 Euro beisteuert. Schließlich trage der Kerweverein mit seiner, so Specht, „großartigen Arbeit“ dazu bei, „dass Feudenheim so lebens- und liebenswert bleibt“.
Das zeigt schon die Eröffnung des Fests mit einem kleinen Umzug entlang der Hauptstraße, vorbei an über 130 Ständen von Geschäftsleuten, Vereinen oder Flohmarktverkäufern - so vielen wie noch nie. Am Beginn der über einen Kilometer langen Kerwemeile, beim auch als großer Bühnensponsor engagierten Metzger Trautmann, formieren sich Landfrauen und „Lallehaag“, Freiwillige Feuerwehr, Feudenheimer Frauenfasnacht und „Teutonia“. Mit den lautstark trommelnden Karlsternhexen sowie dem Feudenheimer Spielmannszug geben sie Kerwebürgermeisterin Irmi Benz das Geleit. Die Kerweschlumpel ziehen zwei Jungs, Fabian Hettinger und Tim Heckmann, in einem Leiterwagen hinter sich her.
Sie ist „ein wichtiges Stück kurpfälzer Kerwetradition“, betont Irmi Benz, als die Puppe am Rathaus aufgehängt wird. Und diese „jahrhundertealte Kerwetradition“ gelte es aufrechtzuerhalten, „auch wenn die ganze Welt verrückt spielt“, sagt sie.
Teutonia-Kinderchor singt auf Feudenheimer Kerwe
Die Jüngsten bleiben nämlich optimistisch. „Im Namen der Kinder“, so das Lied, begrüßt der „Teutonia“-Kinderchor die Gäste an der Bühne. Kerstin Bäumer-Ampersberger, die Vorsitzende des Kerwevereins, macht dann deutlich, wie viel Arbeit in dem zweitägigen Fest steckt. Auf nur acht ehrenamtlichen Helfern laste die ganze Arbeit, wobei sie besonders Christian Sandner nennt, der erstmals das Bühnenprogramm zusammengestellt hat. Ohne Sponsoren und die Hilfe vieler Geschäftsinhaber „könnten wir das nicht stemmen“, verdeutlicht sie.
Diesen Einsatz würdigt zunächst Bezirksbürgerserviceleiterin Alysha Molitor, die für die Kerwezeit traditionell den Rathausschlüssel abgibt. Sie dankt allen Aktiven „für unermüdliches Engagement und Hingabe“ und alles „was sie mit Leidenschaft und Herzblut auf die Beine stellen“. Dafür trete sie gerne symbolisch die Macht im Rathaus ab.
Und die übernimmt Irmi Benz - wortgewaltig und mit pfiffig-kritischem Humor. Die Präsidentin der Feudenheimer Frauenfasnacht ist in Hochform und lobt nicht nur die Kerwe als „größtes Stadtteilfest in Mannheims schönstem Vorort“. Sie fordert von der Stadt mehr Anerkennung für bürgerschaftliches Engagement und weniger Verwaltungsaufwand und Gebühren für Ehrenamtliche, denen „das Leben nicht weiter schwer gemacht werden“ dürfe. Auch dem Geschäftsleben im Stadtteil widmet sie sich mit der Anmerkung, dass man auf der Hauptstraße nun „echt genug Friseure“ habe.
Ausführlich befasst sie sich mit der Bundesgartenschau. Den See, der nicht dicht wird, und den „monströsen Panoramasteg“, hätte sie zwar nicht gebraucht. Sonst äußerst sie sich aber „restlos begeistert“ über das Sommermärchen, das „eine rundum gelungene Veranstaltung“ und „Luxus vor der Haustür“ der Feudenheimer gewesen sei.
Kerweverein zufrieden
- „Durchweg positiv“ fällt die Bilanz von Kerstin Bäumer-Ampersberger, der Vorsitzenden des Kerwevereins, nach der Feudenheimer Kerwe aus. „Ich glaube, wir haben Feudenheim dieses Wochenende glücklich gemacht“, kommentiert sie die gute Resonanz.
- Zwar habe wegen des kühlen Wetters die Besucherzahl am Sonntagnachmittag „minimal“ unter dem Vorjahr gelegen, so dass man die 30 000 Besucher vom Vorjahr, als es wärmer gewesen sei, vielleicht nicht ganz erreichte. „Aber am Samstag war es brechend voll“, so Bäumer-Ampersberger.
- Soweit sie Rückmeldungen von Schaustellern oder Geschäftsleuten habe, seien die „mega zufrieden“, und „geklagt hat gar keiner“, meinte sie. Viele Schausteller hätten auch sofort gesagt, dass sie wiederkommen wollen. „Total toll“ sei die Resonanz auf die stärkere Nutzung des Edeka-Parkplatzes, wo diesmal mehrere größere Fahrgeschäfte standen, die stark frequentiert wurden.
Einladung zu Gespräch für „Interessengemeinschaft Spinelli“
Und sie äußert auch Verständnis für das im Stadtteil grassierende „ABS“, das „After-Buga-Syndrom“. Wenn all das, was auf Spinelli geschaffen worden sei, nun „wieder platt gemacht“ werde, sei das nicht nur „jammerschade“, sondern auch kein Beispiel für nachhaltige Stadtentwicklung. Ausdrücklich begrüßt Irmi Benz daher die „echte Feudenheimer Koalition“ aus Mitgliedern von CDU, ML und SPD im Stadtteil, die sich für eine weitere Nutzung des Spinelli-Areals stark machen.
Das greift Oberbürgermeister Christian Specht sofort auf. Er lobt das „großartige Engagement“ und lädt die Vertreter der neu gegründeten „Interessengemeinschaft Spinelli“ zu einem Gespräch ins Rathaus ein. Man müsse sehen, „was wir langfristig retten können“, und bei den Gesprächen wolle er gerne auch die Grünen einbeziehen, die für eine komplette Räumung des Areals und die Anlage von Magerrasen plädieren. „Natürlich ist Naturschutz wichtig“, so Specht, aber man müssen „auch den Menschen die Chance geben, das Gebiet langfristig zu erleben“, wobei er - wie die Interessengemeinschaft - etwa Felder Mikrolandwirtschaft als ein Beispiel nennt.
Dabei erinnert Specht auch daran, dass viele Feudenheimer anfangs der Bundesgartenschau sehr skeptisch gegenübergestanden hätten. „Die Feudenheimer waren da ein schwieriges Völkchen, ein gallisches Dorf“, aber umso mehr freue er sich, dass die Bundesgartenschau in dem Stadtteil dann doch so gut angekommen sei. Immerhin sei es damit gelungen, für mehrere Generationen einen Grünzug zwischen den Stadtteilen Feudenheim und Käfertal zu sichern.
Etat für Mannheimer Vororte
Den zugesagten Zuschuss von 5000 Euro von der Stadt verbindet Specht mit der Ankündigung, dass es ab dem nächsten Jahr einen speziellen Etat von 200 000 Euro bei der Stadt geben werde, um solche Vorortveranstaltungen zu unterstützen. „Ich kann Ihnen die Auflagen nicht abnehmen“, erklärt Specht unter Hinweis auf die Klage wegen zu starker Vorschriften für solche Großveranstaltungen, „aber dafür sorgen, dass die Arbeit für Sie leichter wird“, verspricht er ausdrücklich und würdigt das „großartige Engagement“ des Kerwevereins, der Vereine und Geschäftsleute des Orts. „Bleiben Sie ihren lokalen Händlern und Handwerker treu“, appelliert der Oberbürgermeister an die Besucher, ehe „Lallehaag“-Garde und Gemischter Chor der „Teutonia“ mit Auftritten das Kerweprogramm eröffnen.
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