Ludwigshafen. Die Stadt Ludwigshafen bereitet sich darauf vor, mehrere Hundert Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine aufzunehmen. Verwaltungsintern sei bereits ein Koordinierungsstab eingerichtet worden, in dem alle notwendigen Vorkehrungen besprochen werden sollen, wie Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck und Sozialdezernentin Beate Steeg (beide SPD) am Dienstag in einem Pressegespräch berichteten. Bereits am Morgen, nachdem die ersten russischen Bomben auf ukrainischem Boden eingeschlagen seien, hätten beide telefoniert und die möglichen Folgen für Ludwigshafen besprochen. „Wir sind zutiefst erschüttert angesichts dieses brutalen Bruchs des Völkerrechts durch Russland, arbeiten aber auch schon seit einer Woche intensiv und bereiten uns vor“, so Steinruck, die „als Kind des Kalten Kriegs“ gehofft hatte, „dass solche Zeiten vorbei sind“.
Es sei nur schwer nachzufühlen, welches Leid die Menschen in der Ukraine derzeit erfahren müssen. Deshalb sei es wichtig, dass die Stadt und all ihre Bewohnerinnen und Bewohner ihnen zur Seite stehen und Schutzsuchende in ihrer Gemeinschaft aufnehmen. Aktuell sei mit 280 000 Geflüchteten aus der Ukraine in Deutschland zu rechnen, berichtete Steinruck nach einer Schalte des rheinland-pfälzischen Städtetags. Rund 16 000 werden in Rheinland-Pfalz erwartet. „Nach dem Königsteiner Schlüssel würden Ludwigshafen somit 672 Menschen zugewiesen“, so die Rathauschefin.
Erste Schutzsuchende schon da
Die ersten Schutzsuchenden seien bereits in der Chemiestadt angekommen. Bislang seien aber alle bei Verwandten oder Freunden untergekommen, sagte Steinruck. In der Stadt am Rhein gebe es eine relativ kleine, aber sehr aktive ukrainische Gemeinschaft. „Wir haben 210 Bürgerinnen und Bürger mit ukrainischem Pass und 125 mit doppelter Staatsangehörigkeit.“ Unter anderem mit der Kinderhilfe Ukraine - Rhein-Neckar für Novograd-Volynskij gebe es einen intensiven Austausch. „Wir stimmen uns ab, welche Hilfen ehrenamtlich geleistet werden können und welche Aufgaben die Verwaltung übernehmen sollte“, so Beigeordnete Steeg.
In den städtischen Asylunterkünften und in von der Stadt angemieteten Wohnungen stehen kurzfristig Kapazitäten für mehr als 200 Menschen bereit. Bei Bedarf könnten weitere Unterkünfte reaktiviert werden. „Wir werden keinen Kraftakt scheuen, um die Menschen, die aus dem Kriegsgebiet zu uns kommen und Schutz suchen, angemessen unterzubringen“, betonte Steeg. „Wir bereiten uns besonnen vor, ich hoffe jedoch natürlich, dass wir uns nicht auf einen langen Krieg in Europa einstellen müssen und der Konflikt in der Ukraine schnellstmöglich beigelegt werden kann.“
Ob letztlich wirklich um die 670 Menschen nach Ludwigshafen kommen, sei sehr schwer absehbar. Auch sei noch auf europäischer und anschließend auf Bundesebene zu klären, welchen Aufenthaltsstatus die Menschen dann haben. Die Stadt sei dazu im Austausch mit den zuständigen Landesbehörden, die städtische Ausländerbehörde sei vorbereitet - auch wenn es dort in den vergangenen Monaten wegen Personalengpässen immer wieder zu Problemen gekommen war. „Die Ausländerbehörde wird alle mögliche Unterstützung erhalten, die notwendig ist“, erklärte Steinruck.
Die Unterbringung der Geflüchteten in den Unterkünften müsse „kultursensibel“ erfolgen, betonte Steeg. „Wir müssen zunächst einmal sehen, wer zu uns kommt. Dann können wir entscheiden, wo wir diejenigen am besten aufnehmen.“ Da in der Ukraine Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren an die Waffe gerufen und an der Ausreise gehindert werden, sei vor allem mit Müttern, Kindern, Jugendlichen und älteren Menschen zu rechnen. „Wir bereiten uns also auch auf Themen wie Kinderbetreuung und Schule vor“, sagte die Sozialdezernentin.
Jutta Steinruck sprach von einer Welle der Hilfsbereitschaft, die durch die Stadtgesellschaft gegangen sei. „Wir erhalten auch viele Angebote von Privatleuten, die uns Wohnraum für die Geflüchteten zur Verfügung stellen wollen“, sagte sie. Auch mit den großen örtlichen Wohnungsbaugesellschaften sei die Verwaltung in Gesprächen. An Notunterkünfte, wie sie bei der großen Flüchtlingsbewegung 2015/16 etwa auf dem Messplatz errichtet wurden, denke man derzeit noch nicht.
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