Wie verändert sich die deutsche Krankenhauslandschaft in den kommenden Jahren und welche Folgen haben die bevorstehenden Veränderungen für ein Haus der Maximalversorgung, wie es das Klinikum der Stadt Ludwigshafen darstellt? Es sind mehrere Entwicklungen, die sich am Vorabend einer (kleinen) Krankenhausreform aus dem Haus von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach überlagern.
KliLu-Geschäftsführer Hans-Friedrich Günther ist in dem Business das, was man einen alten Hasen nennt. Er hat vieles erlebt, aber eben noch keine Pandemie, die die Gesellschaft derart verändert hat. Vieles muss nun neu gedacht werden. Spürbar seien die Corona-Folgen an vielen Stellen im Krankenhaus, sagt er. Noch immer würden sich weniger Menschen in eine Klinik trauen als vor Auftauchen des SarsCov-2-Virus. Und noch immer kämen Patienten aus diesen Gründen zu spät ins Krankenhaus. Das betreffe Krebserkrankte wie auch Herz-Kreislauf-Patienten. Zu spät heißt in diesen Kontexten immer, dass man ihnen nicht mehr helfen kann.
2,5 Millionen Verlust im Jahr 2022
Weniger Patienten - das heißt auch weniger Einnahmen in Form von Fallpauschalen. Und diese waren seit der Reform im Jahr 2003 zuvorderst entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg eines Krankenhauses. Das soll sich mit der noch vom Bundesrat zu verabschiedenden Reform ändern. „Wir haben die Ökonomie zu weit getrieben“, sagte Lauterbach kürzlich bei der Vorstellung der neuen Reformpläne. Er selbst hatte 2003 schon unter Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) an der damaligen Fallpauschalen-Regelung mitgewirkt.
Das Klinikum Ludwigshafen in Zahlen
- Voraussichtlicher Verlust in 2022 rund 2,5 Millionen Euro (weniger als ein Prozent des Gesamtumsatzes).
- Für 2023 sind die Rahmenbedingungen, wie etwa Ausgleichszahlungen durch den Bund, noch komplett offen. Daher ist eine Prognose nur schwer möglich.
- Das Klinikum verfügt derzeit über 997 Betten bei rund 3 500 Mitarbeitenden. Davon sind etwa 500 Ärzte. sal
Hans-Friedrich Günther, der in diesem Jahr mit einem Verlust von rund 2,5 Millionen Euro (ein Prozent des Gesamtumsatzes) rechnet, kalkuliert auch in den kommenden beiden Jahren nicht mit schwarzen Zahlen, wie er am Montag gegenüber dieser Redaktion sagte. Mitverantwortlich für diese Prognosen seien Lohnentwicklungen beim Personal und gestiegene Sachkosten als Folge der Inflation.
„Das ist nicht sparen, das ist kaputtsparen“
Für größere Diskussionen sorgten die zu erwartenden Entwicklungen im städtischen Tochterunternehmen vergangene Woche in der Ludwigshafener Stadtpolitik - und zwar wegen des geplanten Abbaus von 55 Vollzeitstellen. Liborio Ciccarello, Fraktionschef der Linken, moserte: „Das ist nicht sparen, das ist kaputtsparen“. Die medizinische Versorgung werde sich signifikant verschlechtern, sagte er.
Den Hintergrund für die Diskussion im Stadtrat bildete einmal mehr die desaströse Finanzlage Ludwigshafens und die bange Frage aus den Reihen der Freien Wähler (FWG), ob angesichts der Negativbilanz des Klinikums über eine Privatisierung der städtischen Tochter nachgedacht werden müsse. Dem widersprach beispielsweise David Guthier (SPD), der als Aufsichtsratsmitglied am Klinikum sagte, dass alles dafür getan werde, das Unternehmen in Trägerschaft der Stadt zukunftsfest zu machen.
Ambulantisierung der Medizin
Geschäftsführer Günther bringen diese Fragen und Aussagen nach eigenen Angaben nicht übermäßig ins Grübeln - zumal durch gutes Wirtschaften in den vergangenen Jahren Rücklagen in Höhe von 107 Millionen Euro vorhanden sind.
„Es ist nichts Dramatisches und ein ganz normaler Vorgang“, kommentiert er den eingeschlagenen Weg einer „normalen Konsolidierung“. Bei deutlich weniger Klinikaufenthalten und damit gesunkenen Erlösen sei der Personalstand derselbe wie vor der Pandemie. Darauf müsse er reagieren. Das heiße aber nicht, dass es einen Einstellungsstopp gebe.
Deutlich mehr beschäftigt sich der Geschäftsführer mit der Zukunft. Dafür wurden nach seiner Aussage beispielsweise 100 Interviews mit Mitarbeitenden geführt. KliLu 4.0 heißt das nicht bescheidene Ziel, beim Thema Digitalisierung einen entscheidenden Schritt nach vorne zu kommen. Dabei geht es unter anderem um die Arbeitswelt von Medizinern und Pflegekräften, deren Lust auf ihre Tätigkeit nicht erst seit der Pandemie stark abgenommen hat. Beispielsweise das Thema Dokumentation von Krankheitsverläufen bereitet Ärzten und Ärztinnen derart viel Arbeit, dass die Zeit für die Patienten in den vergangenen Jahren immer geringer wurde. Nicht wenige saßen mehr vor dem Rechner als sie vor dem Krankenbett standen.
Nichts anderes als eine Zeitenwende
Das soll sich auch nach den Vorstellungen Günthers mit Hilfe kluger Software und digitaler Prozesse wieder ändern. „Wir vergewaltigen diese Menschen“, findet er. Er bereitet insofern nichts anderes als eine Zeitenwende in seinem Haus vor und wünscht sich mehr „wertschöpfendes Arbeiten“ - also Arbeiten, das dem Patienten nutzt. Das solle zu mehr Zufriedenheit bei den Mitarbeitenden führen.
Zu den Zukunftsentwicklungen in der Medizin gehört nach den Erwartungen Günthers auch, dass mehr Behandlungen ambulant und weniger stationär erfolgen. In diese Bereiche will er die Klinik weiter einhegen. Ob das etwa auch zu weniger Nachtschichten für Pflegekräfte führen könnte, ist bisher nur schwer vorhersagbar.
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