Rathaus-Center - Rapid Schuh- und Schlüsselservice kann bis Mitte 2023 bleiben / Betrieb steht Rückbauarbeiten nicht im Weg

Warum der letzte Mieter des Ludwigshafener Rathaus-Centers jetzt doch bleiben darf

Von 
Julian Eistetter
Lesedauer: 
Advar Tolu vor seinem Rapid Schuh- und Schlüsselservice im Rathaus-Center. Nach langem Hin und Her darf er nun bis Vertragsende dort bleiben. © Julian Eistetter

Ludwigshafen. In seinem Geschäft ist Advar Tolu am Donnerstag nicht anzutreffen, und auch ans Handy geht er nicht. Da er als Aramäer erst am kommenden Wochenende Ostern feiere, halte er sich aktuell noch im Kreise seiner Familie auf, sagt ein Mitarbeiter, der im Rapid Schuh- und Schlüsselservice im Ludwigshafener Rathaus-Center die Stellung hält. Der Mann selbst hat die gute Nachricht jedenfalls noch nicht mitbekommen: Tolu, der letzte verbliebene Mieter im eigentlich schon seit Ende Dezember geschlossenen Einkaufszentrum, darf bis zum Vertragsende bleiben und somit bis Mitte 2023 sein Geschäft weiterbetreiben. Damit endet eine monatelange Auseinandersetzung mit der Stadt Ludwigshafen, die sich zwischenzeitlich auch schon vor dem Frankenthaler Landgericht abspielte.

Die Kehrtwende in der Geschichte teilt am Donnerstag ein Rathaussprecher auf Anfrage dieser Redaktion mit: „Im Fall des verbleibenden Mieters wurde eine Lösung gefunden, die dessen Verbleib bis zum Ende der Vertragslaufzeit ermöglicht“, sagt er – nach Tolus Angaben also bis August 2023. Die Vorbereitungen der Rückbauarbeiten für das dem Abriss geweihte Gebäude seien sehr komplex. Die Arbeiten hätten nun so koordiniert werden können, dass sie nicht durch den Ladenbetrieb im nördlichen Teil der Passage behindert oder verzögert werden. „Die Vorbereitungen für den Abriss des Rathauses und des Rathaus-Centers laufen planmäßig, und die Stadtverwaltung stimmt die anfallenden Arbeiten aufeinander ab. Der im Gebäude verbleibende Mieter kann sein Geschäft fortführen, ohne dass die Vorbereitungen davon gestört oder beeinträchtig sind“, so der Sprecher. „Insofern ist das Verfahren aus Sicht der Stadtverwaltung beendet.“

Streit ums Rathaus-Center

  • Das Rathaus-Center befindet sich seit 1. Januar 2022 im Eigentum der Stadt Ludwigshafen. Sie hat es für rund 46 Millionen Euro erworben, um es zugunsten einer optimierten Stadt-straßen-Planung abreißen zu können.
  • Am 31. Dezember wurde das Center offiziell geschlossen.
  • Fast alle Mieter haben das Center spätestens zum Jahresende verlassen. Der Mietvertrag von Advar Tolu, Betreiber des Rapid Schuh- und Schlüsselservice, wurde jedoch nicht fristgerecht gekündigt und läuft noch bis August 2023.
  • Die Stadt hat die Abrissvorbereitungen nun so organisiert, dass der Betrieb bis Vertragsende laufen kann, ohne für Verzögerungen zu sorgen.

Abfindung vom Tisch

Das bedeutet im Umkehrschluss auch, dass die Stadt dem Schuhmacher kein Abfindungsangebot mehr unterbreiten wird, damit dieser das Einkaufszentrum vorzeitig räumt. Ein solches hatte die Verwaltung eigenen Angaben nach Mitte Februar noch vorbereitet. Auch ein Enteignungsverfahren stand im Raum, sollte keine gütliche Einigung erzielt werden. Das alles scheint nun vom Tisch zu sein.

Wie mehrfach berichtet, hatte der vorherige Eigentümer des Rathaus-Centers, eine Fondsgesellschaft, versäumt, Tolus Mietvertrag fristgerecht zu kündigen. Der Ladenbetreiber beharrte fortan auf der Erfüllung des Vertrags und schlug selbst Abfindungsangebote bis zu 30 000 Euro aus – eine Summe, die die Stadt als neue Eigentümerin eigenen Angaben nach nie und nimmer hätte zahlen können. Im Januar standen sich Advar Tolu und Vertreter der Verwaltung in einem Zivilverfahren vor dem Frankenthaler Landgericht gegenüber. Der Schuhmacher hatte per Eilantrag gefordert, dass sämtliche Zugänge zu dem Center wieder geöffnet werden, damit ihn die Kunden besser erreichen können. Das Gericht wies den Antrag ab.

Mehr zum Thema

Streit mit Stadtverwaltung

Enteignung des letzten Mieters im Ludwigshafener Rathaus-Center? Das sagt ein Experte

Veröffentlicht
Von
Julian Eistetter
Mehr erfahren
Justiz

Letzter Mieter des Ludwigshafener Rathaus-Centers verliert vor Gericht

Veröffentlicht
Von
Julian Eistetter
Mehr erfahren
Justiz

Rechtsstreit um Ludwigshafener Rathaus-Center: Warum sich Mieter und Stadt nicht einigen

Veröffentlicht
Von
Julian Eistetter
Mehr erfahren

Deshalb ist das wenige Quadratmeter große Geschäft bis heute nur noch über den Zugang vom Carl-Wurster-Platz aus erreichbar. In die Mitte der Passage wurde eine Trennwand eingezogen, damit Passanten nur noch der Weg zum Laden und zurück bleibt.

Dass Advar Tolu mit seinem Geschäft nun noch ein gutes Jahr im Rathaus-Center bleiben kann, hat nach Angaben des Verwaltungssprechers auch keine negativen finanziellen Folgen für die Stadt. „Es trifft nicht zu, dass nur wegen des verbliebenen Ladengeschäfts die Haustechnik wie Licht oder Strom weiterläuft, da die Versorgungsleitungen bis zum vollständigen Abriss auch von der Bauprojektgesellschaft für Rückbau- und Sanierungsarbeiten sowie den Betrieb auf der Baustelle benötigt werden“, erläutert er.

Infopunkt im Café Palazzo

In der Mall finden seit dem Frühjahr Schadstoffsanierungen statt, bei denen Böden, Wände und Decken geöffnet werden. Zu den Ergebnissen dieser Untersuchungen macht die Verwaltung Stand jetzt noch keine Angaben. Planmäßig sollen bis zum Ende des Jahres der Rathausturm entkernt, die Dächer von Kies befreit und die ersten Fassaden im Bereich des ehemaligen Saturn zurückgebaut werden. Auch Parkhaus-Zufahrten, Brücken und Balkone sollen bis dahin abgerissen werden.

Über den geplanten Abriss informieren können sich Interessierte neuerdings im ehemaligen Café Palazzo an der Südseite des Centers. Dort hat die Verwaltung einen Infopunkt eingerichtet. Ansprechpartner vor Ort ist Dieter Jung.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen