Justiz - Landgericht Frankenthal verkündet am Freitag Entscheidung zur beantragten Öffnung der Passage

Rechtsstreit um Ludwigshafener Rathaus-Center: Warum sich Mieter und Stadt nicht einigen

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Julian Eistetter
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Der letzte verbliebene Mieter des Rathaus-Centers, Advar Tolu, vor seinem Laden. Am Freitag entscheidet sich, ob die Passage wieder geöffnet wird. © Julian Eistetter

Ludwigshafen

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Die Argumente sind schnell ausgetauscht. Nur eine knappe halbe Stunde dauert am Dienstag der Gütetermin am Frankenthaler Landgericht, dann ist klar: Eine Einigung wird es zwischen Advar Tolu, dem letzten verbliebenen Mieter im Ludwigshafener Rathaus-Center, und der Stadt als Eigentümerin nicht geben. Per einstweiliger Verfügung wollte der Schumacher die Öffnung der seit Ende 2021 geschlossenen Ladenpassage erzwingen, doch die Stadt beharrt wegen der Vorbereitungen für den Abriss des Gebäudekomplexes auf ihrer Position. Am kommenden Freitag wird Richterin Verena Gutzler, Vorsitzende der 6. Zivilkammer, eine Entscheidung in dieser Sache verkünden.

Kunden finden Geschäft nicht

Zum Gütetermin erscheint Advar Tolu in Begleitung seines Rechtsanwalts Christian Knüttel. Seit 2008 betreibt er den Rapid Schuh- und Schlüsselservice im Rathaus-Center. Da sein Mietvertrag nicht fristgerecht gekündigt wurde, läuft dieser noch bis August 2023, wie Gutzler einleitend verliest. Der Laden ist nur noch über den Zugang vom Carl-Wurster-Platz zu erreichen, nachdem die übrigen Türen Ende 2021 geschlossen wurden. Die Passage hat die Stadt zudem mit einer Brandschutzwand abgetrennt.

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„Meinem Mandanten geht es darum, dass der Kundenverkehr von der Innenstadt aus wiederhergestellt wird“, erläutert Knittel die Motive des Betreibers. „Es ist schwierig für Kunden und auch für Zusteller, Herrn Tolu zu finden. Die geschlossenen Türen schrecken die Leute ab. Seit zwei Wochen bekommt er auch keine Post mehr“, so der Rechtsanwalt. Deshalb fordere der 44-Jährige zumindest für einen befristeten Zeitraum die Öffnung der Passage sowie die Anbringung größerer Hinweisschilder. Eine Verzögerung des Abrissprojekts sei nicht in seinem Sinne.

Die Stadt lehnt das deutlich ab. „Die Verwaltung hat die Flächen nicht aus Jux und Tollerei abgesperrt“, sagt Rechtsanwalt Markus Deutsch mit Blick auf die kürzlich begonnenen Schadstoffuntersuchungen in der Mall. Klaus Möller, bei der Bauprojektgesellschaft zuständig für das Rathaus-Center, erläutert diese näher. „Wir öffnen Wandflächen, Decken und Bodenbelag, um zu sehen, was sich dahinter verbirgt und wie die Baukonstruktion aussieht“, sagt er. Dieser Schritt sei notwendig, um bei der Ausschreibung der Abbrucharbeiten eine genaue Beschreibung des Baubestands liefern zu können. Diese Arbeiten seien mit einem Kundenverkehr nicht vereinbar. „Die Stadt hat in dieser Hinsicht auch eine Verkehrssicherungspflicht“, betont Markus Deutsch.

Streit ums Rathaus-Center

  • Das Rathaus-Center befindet sich seit 1. Januar 2022 im Eigentum der Stadt Ludwigshafen. Sie hat es für rund 46 Millionen Euro erworben, um es zugunsten einer optimierten Stadtstraßen-Planung abreißen zu können.
  • Am 31. Dezember wurde das Center offiziell geschlossen.
  • Fast alle Mieter haben das Center spätestens zum Jahresende verlassen. Der Mietvertrag von Advar Tolu, Betreiber des Rapid Schuh- und Schlüsselservice, wurde jedoch nicht fristgerecht gekündigt und läuft noch bis August 2023.
  • Mit einer einstweiligen Verfügung will er nun erreichen, dass alle Zugänge wieder geöffnet werden.

Grundsätzlich bestehe auch seitens der Stadt Interesse an einer gütlichen Einigung. „Das ist aber ganz klar eine Frage der Bedingungen“, sagt der Rechtsanwalt. Einen großen finanziellen Spielraum habe die Verwaltung nicht. Das Angebot von 30 000 Euro, das der Vorbesitzer des Einkaufszentrums Tolu als Abfindung angeboten, das dieser jedoch ausgeschlagen hatte, bestehe deshalb auch nicht mehr. „Da die neue Stadtstraße auch mit Mitteln des Bundes und des Landes gebaut wird, haben wir keinen Spielraum und müssen sämtliche Ausgaben gut erklären“, erläutert Deutsch. Wie hoch die Förderung für die Großprojekte in Ludwigshafen ausfällt, steht jedoch nach mehrfachen Angaben der Stadt noch überhaupt nicht fest.

Droht eine Enteignung?

Der städtische Vorschlag eines Vergleichs sieht wie folgt aus: „Wir legen einen Auszugstermin fest und lassen durch einen von der Enteignungsbehörde zu bestimmenden Gutachter die Höhe der Entschädigung festlegen“, so Deutsch. Denn, so erläutert der Rechtsanwalt, wenn ein Planfeststellungsbeschluss für den Abriss des Rathaus-Centers vorliegt und bis dahin keine Einigung erzielt wurde, müsse die Stadt in ein Enteignungsverfahren gehen. Und auch in einem solchen Verfahren werde die Entschädigung durch einen Gutachter bestimmt.

All diese Überlegungen spielen jedoch für den Gütetermin noch keine wirkliche Rolle, denn bei diesem geht es einzig um die Frage der Passagen-Öffnung. Diesbezüglich bietet die Stadt dem Betreiber zwar letztlich die Montage größerer Hinweisschilder auf dessen Laden an, nicht aber die gewünschte Öffnung der Zugänge. Da Tolu darauf weiterhin besteht, muss nun das Gericht eine Entscheidung treffen. Diese wird am Freitagmorgen verkündet, ist dann aber noch über das Rechtsmittel der Berufung zum Oberlandesgericht anfechtbar.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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