Migration

So unterstützt ein Netzwerk in Ludwigshafen Flüchtlinge bei der Rückkehr nach Hause

Mit einem neuen Projekt soll es gelingen, Migranten einen humanitären Rückweg in die Herkunftsländer zu ermöglichen. In den ersten fünf Monaten ist genau einer ausgereist. Warum?

Von 
Stephan Alfter
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Wie kann Rückkehr in die Heimat humanitär gestaltet werden: Die rehinland-pfälzische Integrationsministerin Katharina Binz (l.) informiert sich bei Katja Nel de Boer, die im IOM-Netzwerk arbeitet. © Michael Ruffler

Ludwigshafen. Sind Städte und Landkreise durch die Aufnahme zu vieler Migranten überfordert? Die Mehrzahl der Bürgermeister und Landräte in Deutschland würde diese Frage bejahen. Und große Teile der Bevölkerung wohl auch. Aber was passiert mit Asylbewerbern, wenn ihr Antrag abgelehnt wird und die Abschiebung droht? Um eine humanitäre Art der Rückkehr zu ermöglichen, gibt es in vielen Städten, darunter Ludwigshafen, Beratungsstellen, die eine Reise nach Hause finanziell fördern und im Zweifelsfall sogar eine Existenzgründung in den Herkunftsländern unterstützen.

Rückkehrberatung von Flüchtlingen: Integrationsministerin Katharina Binz macht sich ein Bild

Von der Arbeit einer solchen IOM-Beratungsstelle machte sich am Mittwoch die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Katharina Binz ein Bild. Konkret sieht das vor Ort so aus, dass eine Person in einem Gebäude der Stadtverwaltung im Hemshof sitzt und an zwei Tagen pro Woche Menschen berät, die aus sehr diversen Gründen ausreisen müssen oder sogar wollen. Vielleicht, weil sie kranke Verwandte in der Heimat haben. Vielleicht, weil Deutschland doch nicht das Wunderland ist, als das es ihnen vor der Flucht aus Kabul von Schleusern verkauft wurde.

Was bedeutet IOM

  • Die Internationale Organisation für Migration (IOM) gehört zu den Vereinten Nationen und setzt sich seit 1951 für eine menschenwürdige und geordnete Migration zum Wohle aller einsetzt.
  • In der Bundesrepublik Deutschland arbeitet (IOM) mit Ministerien und Behörden sowie mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, Wohlfahrtsverbänden und Diasporaverbänden zusammen.
  • Die Arbeitsbereiche umfassen unter anderem Rückkehr und Reintegration und humanitäre Aufnahmen und Familienzusammenführung

Nun ist es aber nicht so, dass die Menschen das Ludwigshafener Büro, das seit rund fünf Monaten existiert, seither gestürmt hätten. Wer bei Projektleiterin Annika Schwendemann konkreter nachfragt, der erfährt, dass es seit September 2013 genau 13 Beratungen für Rückkehr- und Reintegration in die Herkunftsländer gegeben hat. Davon - auch diese Zahl klingt nicht besonders überzeugend - ist eine Person tatsächlich in den Irak ausgereist. Handelt es sich also um ein humanitäres und am Ende nicht ganz günstiges Angebot an Migranten, für das es gar keine richtige Nachfrage gibt? Die Antwort ist wie so oft nicht ganz einfach.

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Beratung für Rückkehr von Flüchtlingen schon seit fast 20 Jahren

Rückkehrberatung gibt es in Rheinland-Pfalz schon seit fast 20 Jahren. Seit 2005 unterstützt die Diakonie Städte und Landkreise rund um die freiwillige und geförderte Rückkehr von Menschen aus so genannten Drittstaaten. Nur ist es eben auch so, dass Ausländerbehörden wie jene in Ludwigshafen an ihre Kapazitätsgrenzen gekommen sind und eine nachhaltige Rückkehrberatung in geeigneter Form nicht mehr anbieten können. Auch an dieser Stelle herrscht Fachkräftemangel. Kofinanziert aus der Europäischen Union und auch aus rheinland-pfälzischen Landesmitteln springt hier IOM gewissermaßen in die Bresche. IOM ist die „International Organization of Migration“, die Teil eines Netzwerks ist, das sich um Rückkehr und Reintegration von Flüchtlingen kümmert. Warum es für IOM nicht ganz einfach aus, gleich auf eine höhere Anzahl von Beratungsgesprächen zu kommen, erklärt die Projektleiterin mit dem Umstand, dass die Beratungsstelle bisher schlicht keiner kennt.

Rückkehr wird oft gefördert

Man betreibe derzeit viel Öffentlichkeitsarbeit, sagt Projektleiterin Schwendemann. Das sei ein wichtiger Schritt zur Etablierung. Mit Awo, Diakonie, Caritas und Café Asyl sei man vor Ort im Gespräch. Denn das sind die Organisationen, die mit Flüchtlingen oft in Kontakt stehen. Und mit einer weiteren Zahl verteidigt Schwendemann das Projekt: In Rheinland-Pfalz habe es im vergangenen Jahr nach Rückkehrberatungen 160 freiwillige und geförderte Ausreisen gegeben. Ihr geht es vor allem darum, die Menschen vor einer harten Art der Abschiebung zu bewahren. Auch in Ludwigshafen sind in diesem Kontext schon schlimme Bilder entstanden, wenn staatliche Kräfte Schüler einfach aus dem Unterricht abgeholt und Richtung Flughafen transportiert haben.

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Ein idealtypisches Beispiel skizziert, was IOM tut: In Ludwigshafen befindet sich ein Russisch sprechender Ukrainer, der sich mit seiner Frau in Russland wieder vereinen möchte. Den deutschen Staat würde er zunächst vielleicht viel Geld kosten, weil er keinen Job hat. Um ihm eine sichere Rückkehr nach Russland zu ermöglichen, nutzt IOM sein Netzwerk vor Ort und führt Interessen in Würde zusammen. Womöglich zahlt man seine Reise und eine medizinische Versorgung in Russland, aufgrund derer er hier arbeitsunfähig war.

Pro Monat 15 Rückkehrberatungen

Auch wenn es die Zahlen aus Ludwigshafen bisher nicht hergeben, sei das Interesse an Beratung stark gestiegen - und es werde weiter zunehmen. Dieser Überzeugung verleihen Abteilungsleiter in der Ludwigshafener Stadtverwaltung Ausdruck. In der dortigen Ausländerbehörde, wo Jessica Lutz beschäftigt ist, finden pro Monat zehn bis 15 dieser Rückkehrberatungen statt. Für eine freiwillige Rückkehr würden auch schon mal Leistungen in Höhe von bis zu 7000 Euro bewilligt, schätzt sie vorsichtig. Aber Leistungen für Leute, die sich mit dem Geld aus Deutschland und Europa in ihrer Heimat selbstständig machen? Wären das nicht auch Kräfte für den deutschen Arbeitsmarkt?

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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