Infoabend

Unterbringung von Geflüchteten in Ludwigshafener Walzmühle: Das sagen Stadt und Polizei

Die Unterbringung von bis zu 400 Geflüchteten in der Walzmühle löst bei Anwohnern und Geschäftsleuten Besorgnis aus. Was ihnen Stadt und Polizei jetzt anworteten

Von 
Uwe Rauschelbach
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Die Unterbringung von bis zu 400 Geflüchteten in der Walzmühle löst bei Anwohnern und Geschäftsleuten Besorgnis aus. © Thomas Tröster

Die Atmosphäre im Konzertsaal des Ludwigshafener Pfalzbaus ist angespannt. Auch Oberbürgermeisterin Jutta Steinbruck lässt sich eine gewisse Nervosität anmerken. Die geplante Unterbringung von bis zu 400 geflüchteten Menschen in der Walzmühle hat unter Anwohnern und Geschäftsleuten teilweise erhebliche Sorgen ausgelöst. Im Rahmen eines Bürgerforums will die Stadt nun informieren und Bedenken ausräumen.

Bis zu 300 Interessierte verfolgen die Diskussion über den Youtube-Kanal der Stadt. Sie können sich mit Fragen einschalten. Am Ende ist die Verwaltungschefin erleichtert. Bis auf einige empörte Zwischenrufe bleibt die von zahlreichen Sicherheitskräften begleitete Diskussionsveranstaltung sachlich. Gleich zu Beginn macht Steinbruck deutlich: Es gebe bezüglich der Walzmühle „keine Diskussion über das Ob“. Die Stadt sei vielmehr verpflichtet, Geflüchtete aufzunehmen. Doch die Oberbürgermeisterin betont auch: „Wir nehmen Ihre Sorgen sehr ernst.“

Zur Aufnahme verpflichtet

Laut Sozialdezernentin Beate Steeg besteht für das Land Rheinland-Pfalz eine Aufnahmequote von 4,8 Prozent. Von den Geflüchteten, die dem Land zugeteilt werden, müsse Ludwigshafen wiederum 4,5 Prozent aufnehmen. Derzeit seien in Ludwigshafen rund 1700 Geflüchtete untergebracht, davon hätten 1000 Menschen eine Aufenthaltserlaubnis. Sie könnten die Asylunterkünfte verlassen, doch der Wohnungsmarkt zwinge die meisten zum Verbleib.

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An 64 Standorten im Stadtgebiet habe die Verwaltung die infrastrukturellen Voraussetzungen für die Aufstellung von Leichtbauhallen geprüft. Das Verfahren sei aufwendig und deshalb noch im Gang. Wie Oberbürgermeisterin Steinruck betont, soll die Belegung von Schulturnhallen oder Veranstaltungshäusern wie der Eberthalle vermieden werden, um das soziale Leben in der Stadt nicht zu belasten. Die Walzmühle sei als zeitlich befristete „Notlösung“ zu sehen: Im Januar würden die ersten Geflüchteten erwartet. Im September solle mit dem Ausbau der Walzmühle zu einem Fachmarktzentrum begonnen werden.

Wie Sozialdezernentin Beate Steeg ausführt, werden im Erdgeschoss der Walzmühle Kojen für bis zu 400 Menschen eingerichtet. Im Obergeschoss befinden sich die sanitären Anlagen sowie Kochgelegenheiten und ein Aufenthaltsraum. Das Sicherheitskonzept beruhe auf einer engen Kooperation von Verwaltung und Polizei. Auch der Betreiber der Unterkunft stelle Personal zur Verfügung. Sozialarbeiter vermittelten Integrations- und Sprachangebote.

Besorgnisse rund um das Thema Sicherheit und Ordnung

In der Diskussion werden dennoch Besorgnisse geäußert, die um das Thema Sicherheit und Ordnung rund um die geplante Flüchtlingsunterkunft kreisen. Ein Geschäftsmann des Gesundheitszentrums Lusanum meint, er traue sich abends nicht mehr vor die Tür. Dort lungerten häufig „dunkle Gestalten“ herum. Auch beklagt der Ladeninhaber zunehmende Müllablagerungen vor seinem Geschäft.

Wie Finanz- und Ordnungsdezernent Andreas Schwarz sowie Bau- und Umweltdezernent Aleander Thewalt bekräftigen, wird der kommunale Vollzugsdienst personell aufgestockt, um Ordnung und Sauberkeit im Stadtgebiet zu gewährleisten. Was die Sorgen von Anwohnern und Passanten betrifft, so hätten die bestehenden Flüchtlingsunterkünfte in Ludwigshafen „keine besondere Sicherheitslage“ verursacht. Dies bestätigt der Leiter der Polizeidirektion Ludwigshafen I, Marco Weißgerber. Die Polizei sehe bislang keinerlei Veranlassung, ihr bisheriges Sicherheitskonzept zu erweitern.

Jakob Lenz (l.) moderierte die Veranstaltung, auf der Jutta Steinruck, Beate Steeg und Marco Weißgerber die Fragen der Bürger beantworteten. © Uwe Rauschelbach

Oberbürgermeisterin Steinruck appelliert denn auch an die humanitäre Gesinnung der Bevölkerung: „Wir empfangen hier Menschen, die auf der Flucht sind. Es kommen unbescholtene Menschen. Geben Sie diesen Menschen eine Chance.“ Und sie fügt hinzu: „Niemand darf von vornherein kriminalisiert werden.“ Im Saal werden gleichwohl Stimmen laut, die negative Erfahrungen schildern. Eine Teilnehmerin beobachtet ein zunehmend aggressives Verhalten von migrantischen Jugendlichen.

Nach Einschätzung von Bürgermeisterin Cornelia Reifenberg erwarten die Schulen unterdessen keine Welle an Neuzugängen. Ein Rechtsanspruch auf einen Schulplatz gebe es erst für anerkannte Asylbewerber. Oberbürgermeisterin Steinruck fügt hinzu, es kämen nicht 400 Geflüchtete auf einmal, sondern in Gruppen. Eine Mutter fürchtet dennoch um die Sicherheit der Kinder, die auf dem Schulweg an der künftigen Flüchtlingsunterkunft vorbeilaufen.

Eine Anwohnerin in der Berliner Straße äußert obendrein „Bauchweh“ angesichts der Tatsache, dass die Stadt in der Walzmühle kein Wlan-Netz installieren wird, die Geflüchteten würden aus purer Langeweile „rumlaufen“ und rumlungern“. Sie berichtet auch, dass sie seit fünf Jahren eine bezahlbare Wohnung suche und sieht sich in einer gewissen Konkurrenzsituation mit Geflüchteten.

In puncto Wohnungsnot kann auch die Verwaltung keine akute Abhilfe schaffen. Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck verweist auf die Ausweisung von Neubaugebieten, die allerdings erst in einigen Jahren zu einer gewissen Entspannung auf dem Wohnungsmarkt führen werden. Der Ortsvorsteher der Südlichen Innenstadt, Christoph Heller, zeigt sich über die Wahl des Standorts Walzmühle selbst nicht glücklich. Aber er sagt auch: „Jetzt isses wie’s is. Und jetzt mache mer des Beschte draus.“

Die Stadt hat eine Anlaufstelle für Fragen rund um die Walzmühle eingerichtet, die unter der E-Mailadresse buergerinformation-asyl@ludwigshafen.de und unter Telefon 0621/504-38 92 zu erreichen ist.

Freier Autor

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