Bildungspolitik

Rektorin der Ludwigshafener Gräfenauschule kritisiert bei Lanz Bildungsmisere

Barbara Mächtle spricht in der ZDF-Talksendung Markus Lanz über den Alltag in der Ludwigshafener Grundschule und über das Versagen der Bildungspolitik seit über 20 Jahren. Diese Note gibt die Rektorin dem Schulsystem.

Von 
Stephan Alfter
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Die Rektorin der Ludwigshafener Gräfenau Grundschule saß am Dienstagabend in der Talkshow von Markus Lanz. Es ging um das Bildungssystem und die Herausforderungen durch Migration. © ZDF und Cornelia Lehmann

Ludwigshafen. Die Ludwigshafener Gräfenau Grundschule war am Dienstag Hauptthema in der Politiktalk-Sendung von Markus Lanz. Barbara Mächtle, die extrem engagierte Schulleiterin aus dem Stadtteil Hemshof, diskutierte mit Lanz und weiteren Gästen über die spürbare Überforderung des Bildungssystems durch Veränderungen in allen Teilen des gesellschaftlichen Lebens.

Frühkindlicher Bildung – das war die Botschaft des Abends – wird von der Politik- und oft auch von Elternseite, nicht genug Bedeutung beigemessen. Mächtle erzählte beispielsweise von Hausbesuchen bei ihren Schülern und Schülerinnen, wo sie in manchen Fällen weder ein Buch noch ein Spielzeug wahrgenommen habe. „Wenn ich nicht wüsste, dass da Kinder leben, würde ich es nicht vermuten“, so Mächtle. Hauptproblem? Der Spracherwerb sowohl von in Deutschland geborenen als auch von Kindern mit Migrationsgeschichte. Seit wann besuchen Grundschulrektorinnen die Kinder zu Hause, mag sich mancher ZDF-Zuschauer gefragt haben. Im Hemshof gehört das dazu, heißt die Antwort.

In Ludwigshafen fehlen laut Schulleiterin Mächtle aktuell 1.100 Kita-Plätze

Mächtle ist diejenige, die der Bildungsmisere im Kita-Alter seit dem Frühjahr 2023 ein Gesicht gegeben hat. Was Aufsichtsbehörden nicht gerne aussprechen, machte sie damals öffentlich. Von 126 Kindern mussten 40 die erste Klasse wiederholen. Viel besser ist es seither nicht geworden. Guten Ideen verweigerte sich vor allem die damalige rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD), die dann zur Bundesjustizministerin im Kabinett Merz befördert wurde. Nicht das Land übernahm die vergleichsweise mickrigen 8.000 Euro für das Programm „Klasse null“, das den Übergang zwischen Kita und Schule reibungsloser machen sollte, sondern die BASF zahlte Mächtles Idee.

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Von aktuell 459 Schülerinnen und Schülern haben in der Gräfenau Schule 447 einen Migrationshintergrund. Doch das Versagen fängt aus Sicht der Rektorin nicht in der Schule an, sondern bereits im Kindergartenalter. Sie plädiert für eine Kita-Pflicht, konstatiert aber gleichzeitig, dass in Ludwigshafen nach ihren Informationen aktuell 1.100 Plätze fehlen würden. Mächtle berichtete dem mehrmals mit dem Kopf schüttelnden Moderator von Kindern, die in Ludwigshafen geboren seien und dennoch kein Deutsch sprächen, weil sie es in ihrem Stadtteil nicht bräuchten.

Viele Wiederholer in der ersten Grundschulklasse schon seit dem Jahr 2004

„Parallelgesellschaften“ wirft Lanz später in der Sendung ein und kommt in seinen Fragen immer wieder auf die Überforderung zu sprechen, die mit der sich erhöhenden Anzahl an Flüchtlingen seit 2015 eingetreten sei. Die Runde lässt sich darauf weniger ein und formuliert lieber grundsätzliche Probleme im oft dysfunktionalen System. Dass insgesamt zu wenige Lehrkräfte in den Schulen ankämen, stellt Mächtle überdies fest. Schon gleich zu Beginn des Gesprächs hatte sie klargemacht, dass die Entwicklungen nicht völlig neu seien. Sie habe im Jahr 2004 an der Gräfenau Schule begonnen. Schon damals hätten viele Kinder die erste Klasse wiederholen müssen.

Zu welcher Anzahl von Schulabbrechern diese Zustände in den weiteren Lebensläufen führen, war ein weiterer Aspekt der Sendung. Von Lanz nach der Zeugnisnote für das Schulsystem gefragt, antwortete Mächtle: „ausreichend“.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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