Tanztheater

Pfalzbau zeigt ein Nussknackerchen in bunten Bildern

Wenn sich russische Ballett-Klassik, moderne Video-Animation und französisches Vaudeville-Theater begegnen, kann das spannend werden. Bei "Nusskn@cker" in Ludwigshafen lag das Problem aber in der Reduktion von Bühne und Personal

Von 
Ralf-Carl Langhals
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Tschaikowskys Ballett-Figuren Zuckerfee (von links), Nussknacker und Clara tanzen im Theater im Pfalzbau um einen projizierten Weihnachtsbaum. © Frédéric Ponroy

Ludwigshafen. Weihnachtszeit, Wunderzeit, so will es die Tradition und mit ihr diejenigen, denen sie als Freund und nicht als Feind gilt. Tradition ist es auch, um den Jahreswechsel herum nicht nur landauf und landab, sondern gar über ganze Kontinente hinweg klassische romantische Ballette zu zeigen. Allen voran „Schwanensee“ und eben den „Nussknacker“, der im Französischen eben mal „Casse Noisette“ heißt. Im Pfalzbau, wo er am Nachmittag und Abend vor ausverkauftem Parkett zu sehen war, firmierte er heuer als „choreographische und digitale Kreation“ der französischen Produktionsfirma El Production. Diese Bezeichnung kommt den Tatsachen weit näher als der Untertitel „Ballett von Elsa Bontempelli“, was eigentlich reiner Etikettenschwindel ist. Intendant Tilman Gersch moderiert begrüßend auch gleich in die richtige Richtung: „Sie sehen, Tanz, eine Geschichte, Schauspiel und Animation.“

Reduktion als harte Nuss

Wer Klassisches Ballett mit orchestralem Tschaikowsky-Klang erwartete, muss sich dahingehend beschwichtigen lassen, ein kleines „@“ übersehen zu haben, schreibt Choreographin und Regisseurin Bontempelli ihren multimedialen Abend doch eben „C@sse Noisette/Nusskn@cker“. Allzu digital ist es dann doch nicht, was mittels Holo-Gauze-Technik auf metallbedampfte Gaze projiziert wird und von den vier szenisch Agierenden bespielt wird. El Production hat sich als Tourneeproduzent auf Zauberhaftes für kleine Bühnen, also Schul-Aulen, Kulturhäuser und Vereinsheime spezialisiert, weshalb die Pfalzbaubühne wegen zu viel Bühnenbreite meterweise mit schwarzen Soffitten abgehängt werden muss.

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Was als niederschwellige Familienunterhaltung zum Fest gedacht ist, muss ja nicht schlecht sein, zumal es der Produktion wichtig war, mit Live-Musikern aufzutreten. So gut hier Akkordeon, Querflöte und Cello gespielt werden, das Ergebnis von Arrangeur Philippe Pregno erinnert eher an Kurt Weill, Balkan-Jazz oder Klezmer und hat dann kaum mehr Weihnachtsmärchenzauber à la Tschaikowsky.

Ein großes Klassisches Ballett mit zwei Tänzerinnen (Camille Savy, Laurie Chomel) und einem Tänzer (Vassily Evlachev) auf eine Minibühne zu setzen, kann bei Choreograph Romain Arreghini nur eines bedeuten: spröde Reduktion, die sich in markierten Stehfiguren und verlegenem Drehen, Heben und dekorativen Armbewegungen verliert - und die drei Absolventen der Opéra national de Paris dabei sichtlich unterfordert.

Bildertheater auf Tanzkosten

Nicht minder karg ist auch die ursprünglich von E. T. A. Hoffmann ersonnene Geschichte geraten, die von Conférencier Benoit Cervelli (Onkel Drosselmeyer) in altertümelndem literarischen Französisch ein wenig zu schwülstig und wenig kindgerecht gerät.

Was bleibt, ist ein Schneeflockenwalzer als zähes „Lalala“-Mitsingen im Saal und hübscher Budenzauber, den Charly Jacquette und Antoine Messonier durchaus kunstvoll zum Leuchten bringen. Pfefferkuchen und Christbaumkugeln, animierte Mäusekönige, Zuckerstangen und Kaffeetassen sind die eigentlichen Protagonisten des Abends. Applaus gab es dafür auch, schließlich war ja Weihnachten ...

Redaktion Seit 2006 ist er Kulturredakteur beim Mannheimer Morgen, zuständig für die Bereiche Schauspiel, Tanz und Performance.

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