Ludwigshafen. Dass Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) ihre Neujahrsrede 2021 in eine Kamera gesprochen hat, sollte eigentlich eine Ausnahme bleiben, eine einmalige Sache. Ihre Hoffnung sei groß gewesen, dass durch konsequentes Impfen die Pandemie bis zum Sommer eingedämmt hätte werden können. „Doch das Coronavirus bestimmt noch unseren Alltag. Nach der Delta-Variante kam Omikron, nach einem relativ entspannten Sommer stiegen die Zahlen im Herbst und Winter rapide an, und wir standen mitten in der vierten Welle“, sagt die Rathauschefin eingangs ihrer diesjährigen Ansprache an die Ludwigshafenerinnen und Ludwigshafener. Im Angesicht der Pandemie wurde der Neujahrsempfang auch 2022 aufgezeichnet. Es blieb also nicht bei der einmaligen Sache. Das Video inklusive Beitrag der städtischen Musikschule und der Übergabe der Neujahrsbrezel wurde am Mittwochabend ausgestrahlt und ist seitdem im Internet zu finden.
Aufzeichnung im Internet
- Zum zweiten Mal ist der traditionelle Neujahrsempfang im Pfalzbau ausgefallen und durch eine Aufzeichnung ersetzt worden. Diese erfolgte im ehemaligen Hallenbad Nord.
- Neben einer Ansprache von Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) ist ein Beitrag der städtischen Musikschule und die Übergabe der Neujahrsbrezel durch Bäckermeister Ulf Lanzet und seinen Sohn Sebastian teil des Programms, alles begleitet von Schornsteinfeger Mike Job.
- Das rund 43-minütige Video ist unter https://www.youtube.com/watch?v=fr99DJTSl9I abrufbar.
Mehr Vertrauen und Zuversicht
Wie im vergangenen Jahr nimmt also auch diesmal die Corona-Pandemie eine wesentliche Rolle der Rede ein. Doch diesmal geht es nicht in erster Linie um den Dank an Pflegekräfte, Ärzte, Lehrkräfte, Erzieherinnen und Ehrenamtliche. Diesmal geht es um die aktuelle Spaltung der Gesellschaft, um die Feindseligkeit untereinander und einen flammenden Appell, diese zu überwinden. „Wir alle sind Menschen, die Respekt verdient haben. Ich denke viel darüber nach, wie im Verlauf der Pandemie und vor allem im vergangenen Jahr dieser Bruch zustande kam - von der anfänglichen Solidarität und Bereitschaft, die eigenen Interessen denen des Gemeinwohls unterzuordnen und insbesondere die Schwächeren zu schützen, hin zu so viel Verbitterung und Spaltung, wie wir es heute teilweise erleben müssen“, sagt Steinruck. Diese Gereiztheit, Aggression und Unversöhnlichkeit habe verheerende Folgen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Um dagegen anzukämpfen, setzte die Oberbürgermeisterin auf Orientierung und Diskurs. „Wir brauchen als Gemeinschaft wieder mehr gegenseitiges Vertrauen, mehr Miteinander, mehr Zuversicht. Dahin gelangen wir nur im Dialog, wenn wir uns aufeinander einlassen, auf Augenhöhe miteinander reden, einander zuhören, gerne auch streiten“, betont sie. „Nur gemeinsam sind wir stark. Nur so schützen wir unsere Demokratie. Dieser Appell ist mir wichtig.“
Klima-Initiativen zusammenführen
Neben der Pandemie gibt es in den kommenden Jahren in Ludwigshafen aber noch weitere große Herausforderungen zu meistern. Bei den Hochstraßen-Projekten soll in den kommenden Wochen und Monaten das Gesamtfinanzierungskonzept geschnürt werden, kündigt Steinruck an. „Dann liegen belastbare Zahlen vor. Ich bin zuversichtlich, dass Land und Bund die überregionale Bedeutung unserer Planungen anerkennen.“ Mitte 2023 soll der Bau der Ersatzbrücke für die abgerissene Pilzhochstraße beginnen, Ende 2025 wird sie stehen. „Dann ist auch die Weiße Hochstraße fertig saniert, und auf der Hochstraße Süd heißt es Anfang 2026 wieder: freie Fahrt!“, macht Steinruck Mut.
Auch abseits der Großprojekte - etwa der Vorbereitungen auf den Rathaus-Center-Abriss - sei viel für die Menschen erreicht worden. So sei die Kommunikation mit „Hol die OB“, mit der Mängelmelder-App oder mit Whatsapp-Sprechstunden ausgebaut worden. Eine transparente Bürgerbeteiligung sei die Maßgabe. Die Sanierung von Schulen und der Ausbau von Kita-Plätzen stehen auch im Jahr 2022 auf der Tagesordnung. Der Wohnungsbau müsse weiter vorangetrieben, Kultur- und Vereinsarbeit gefördert werden.
Viel mehr als bislang werde die Stadt in den kommenden Jahren die Klimakrise beschäftigen. „Es gibt in Ludwigshafen sowohl seitens der Verwaltung als auch der Industrie und der Zivilgesellschaft bereits viele sehr ambitionierte Klimaschutzziele und Aktionspläne. Ich möchte all diese Initiativen zusammenführen, sie wahrnehmbar machen und ihnen mehr Gewicht und ein gemeinsames Ziel geben“, so die Oberbürgermeisterin. Letztlich gehe es um die Frage: „Wie wollen wir künftig hier in unserer Stadt leben?“ Diesen Prozess wolle sie in der zweiten Hälfte ihrer achtjährigen Amtszeit anstoßen. Mit den Worten des französischen Schriftstellers Antoine de Saint-Exupéry schließt sie: „Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen.“
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Tristesse oder Aufbruch: Ludwigshafen befindet sich am Scheideweg