Handel

Ludwigshafener Innenstadt: Handy-Shops als Sinnbild des Strukturwandels

20 Handy-Shops gibt es allein im Kernbereich der Ludwigshafener Innenstadt. Laut einer IHK-Expertin sind sie ein Auswuchs struktureller Probleme. Doch es gibt auch Gutes aus der City zu berichten

Von 
Julian Eistetter
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Heute sieht man in der Bismarckstraße fast nur Handyshops, in Zukunft soll sie ein "Nachbarschaftsboulevard" mit mehr Aufenthaltsqualität sein. © Christoph Blüthner

Ludwigshafen. Wie viele Handys verkraftet eine Stadt? Diese Frage drängt sich unweigerlich auf, wenn man durch die Innenstadt von Ludwigshafen schlendert. Im Kernbereich der City ist die Dichte an Läden, die Mobiltelefone und Zubehör verkaufen, auffallend hoch.

Allein auf dem nur knapp 200 Meter langen Abschnitt der Bismarckstraße zwischen Wrede- und Kaiser-Wilhelm-Straße befinden sich acht Handy-Shops. Betrachtet man die gesamte Bismarckstraße, die Ludwigstraße und die beiden Querverbindungen, kommt man auf fast 20 Geschäfte, die Smartphones oder zumindest Smartphone-Zubehör verkaufen.

Wie kommt es zu einer solchen Ballung? Und was sagt das über die Entwicklung der Ludwigshafener Innenstadt im Allgemeinen aus?

"Handys brauchen die Leute immer"

Nicole Rabold, Leiterin des Geschäftsbereichs Infrastruktur und Digitale Wirtschaft bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) der Pfalz, kennt sich mit Innenstädten und ihren Problemen und Nöten gut aus. „Handy-Shops brauchen die Leute immer“, sagt sie zu dem enormen Aufkommen entsprechender Läden in Ludwigshafen.

Letztlich seien sie jedoch ein Sinnbild des Strukturwandels, der die Citybereiche vieler Städte, den der Chemiestadt aber in besonderem Maße treffe. „Wir erleben ein verändertes Kaufverhalten durch die Corona-Pandemie, Umstrukturierungen und damit einhergehend strukturelle Probleme“, sagt Rabold.

Gesicht der Innenstadt soll sich wandeln

Aus Sicht der Expertin muss sich das Gesicht der Innenstadt grundsätzlich wandeln. „Die Fußgängerzone in Ludwigshafen ist viel zu lang und viel zu groß für heutige Verhältnisse“, betont sie. Bismarck- und Ludwigstraße seien nicht beide als Einkaufsmeilen zu halten.

„Unser Vorschlag ist es, sich auf die Achse vom Berliner Platz bis zum Ludwigsplatz zu konzentrieren.“ Mit dem renommierten Schuhgeschäft Keller, dem benachbarten Reformhaus Escher und dem Modehaus Christan Schad gebe es dort bereits attraktive Fachgeschäfte.

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Auch die Stadt und die Ludwigshafener Kongress- und Marketinggesellschaft haben eine Vision entwickelt, nach der die Innenstadt bis zum Stadtjubiläum 2053 schrittweise attraktiver werden soll. In diesen Überlegungen spielt die Ludwigstraße ebenfalls eine wesentliche Rolle.

Weiterhin viele Leerstände

„Von der Idee einer zweiten Fußgängerzone muss man sich verabschieden“, betont Rabold. „Unter den aktuellen Gegebenheiten macht das keinen Sinn mehr.“ Viele Ladenflächen würden leerstehen, da immer weniger Händler Interesse an einem Geschäft in der Innenstadt hätten.

Die Vermieter der Immobilien seien dann letztlich auf das angewiesen, was kommt, um ihre Flächen überhaupt noch gewinnbringend nutzen zu können - auch wenn das dann am Ende zu einer solchen Situation mit einer Ballung von Handy-Shops führe.

Doch kann das Geschäft bei dieser Konkurrenzsituation überhaupt laufen? Die Betreiber vor Ort bewerten das unterschiedlich. „Die Angebote unterscheiden sich schon“, sagt ein Verkäufer in der „Smartphone Praxis“ in der Bismarckstraße. „Wir fokussieren uns vor allem auf die Reparatur von Handys, andere eher auf den An- und Verkauf“, erklärt er. Seit einem Jahr existiere der Laden, mit der Kundenfrequenz und der wirtschaftlichen Situation sei man zufrieden.

Geldwäsche? Das sagen IHK und Polizei

Das ist beim Betreiber des Star Handy Shops einige Meter weiter anders. Er sitzt hinter dem Tresen seines verlassenen Ladens. „Es läuft nicht wirklich gut“, sagt er und bringt das vor allem mit der Corona-Pandemie und den Preissteigerungen durch Krieg und Inflation in Zusammenhang. Vor zehn Jahren sei das noch anders gewesen. Aktuell würden nur ein bis zwei Kunden täglich kommen. Vielleicht auch, weil rechts und links weitere Shops wie Pilze aus dem Boden sprießen? Der Mann zuckt nur mit den Schultern.

Informationen, dass die vielen Handy-Shops in irgendeiner Form problematisch sein könnten - Stichwort: Geldwäsche -, liegen der IHK laut Nicole Rabold nicht vor. Auch die Polizei in Ludwigshafen hat dahingehend keine Erkenntnisse.

Problematisch sei die Entwicklung an sich laut Rabold jedoch allemal. Sie möchte aber auch nicht nur über die Ludwigshafener City schimpfen. „Es passieren auch gute Dinge“, betont sie und erwähnt etwa die Ansiedlung von TWL und Pfalzwerken, die neue Belebung bringe.

In der Ludwigstraße werde mit dem ehemaligen Gebäude der Deutschen Bank ein Schandfleck umgebaut. Sämtliche Händler, die wegen dessen Schließung aus dem Rathaus-Center an neue Standorte in der Innenstadt gezogen waren, seien sehr zufrieden. „Und im Gegensatz zu Mannheim ist die Erreichbarkeit der Innenstadt in Ludwigshafen jederzeit gegeben.“

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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