Ludwigshafen. 1700 Menschen haben am Samstag am Rande des Blies-Sees zwölf Stunden lang ausgelassen getanzt zu den Klängen international mehr oder weniger bekannter Techno-DJs. So fröhlich der Tag selbst war, so fraglich war im Vorfeld, ob da alles richtig gelaufen war in der Planungsphase. Dass eine Kulturdezernentin sich schon vor einer von ihr verantworteten Veranstaltung öffentlich vor einem städtischen Gremium zur Rede stellen lassen muss, war in Ludwigshafen bisher nicht alltäglich.
Hieß die Devise am vergangenen Donnerstag noch eher, dass Angriff wohl die beste Verteidigung ist, so klangen die Worte Reifenbergs am Montagnachmittag vor dem Hauptausschuss moderater und reflektierter. In mehrfacher Hinsicht sei ihr Handeln und jenes der Organisatoren unüberlegt gewesen, räumte sie ein. Fingerspitzengefühl habe gefehlt in der Frage, Zahlungen über das Konto einer Gesellschaft laufen zu lassen, zu deren Betreibern ihr eigener Sohn gehörte. Dass dieser von der Veranstaltung nicht profitiere, wurde zumindest von dieser Redaktion – und im Anschluss dann auch vom Kulturausschuss – hinterfragt. Diese Fragen wertete Reifenberg von Beginn an als Unterstellung. Es sei ein höchst unglückliches Vertragskonstrukt entstanden, gab sie am Montag schließlich zu. Die Kritik aus den Reihen des Kulturausschusses nehme sie an und bitte, es zu entschuldigen, sagte Reifenberg. Sie habe dennoch nach bestem Wissen und Gewissen für die Ludwigshafener Kultur gehandelt.
13 920 Euro flossen im Dezember
Nur ein Gesellschafter des Plattenlabels Hardworksoftdrink sei am Gewinn beteiligt. Das sei nicht ihr Sohn, der dort Mitgesellschafter ist, sondern Karl Becker, der auch künstlerischer Leiter des Blies-Festivals sei. Im Dezember 2020 erfolgte auf das Konto dieser Gesellschaft eine erste Zahlung von 13 920 Euro, so Reifenberg auf Nachfrage des SPD-Fraktionsvorsitzenden David Guthier.
Für was das Geld geflossen sei, dürfe sie in öffentlicher Sitzung nicht sagen, da es um schützenswerte Interessen der Vertragspartner gehe. Künftig werde sie den Dialog mit dem Kulturausschuss früher und mutiger angehen. Über die letztendlichen Kosten der Gesamtveranstaltung ist noch nichts Genaues bekannt. Geschätzt sind es 90 000 Euro oder mehr, die dieses Festival beansprucht hat. So ungefähr hat es die Verwaltung budgetiert. In wenigen Monaten soll darüber Klarheit herrschen. Eine Richtungsentscheidung, ob die Veranstaltung wiederholt werden kann, sei bisher nicht gefallen, so Reifenberg.
Guthier nahm sehr positiv zur Kenntnis, dass sich Reifenberg nun selbstkritisch zeige bezüglich der Irritationen, die durch die zunächst undurchsichtige Dreieckskonstellation von Verwaltung, Organisatoren und Kooperationspartnern entstanden sind. Wissen wollte die SPD aber noch, wie viele Ludwigshafener am Wochenende selbst dabei gewesen seien. Der Hintergrund der Frage: Schafft die Stadt hier mit hohem finanziellen Einsatz Angebote, die gar nicht dem Publikum vor Ort zugutekommen, sondern solventen auswärtigen Partygästen?
1,4 Milliarden Schulden
Sie könne das nicht genau aufschlüsseln, entgegnete Reifenberg. Sie kenne lediglich die Zahl der Gäste aus Rheinland-Pfalz. Das seien 414 der 1720 Feiernden gewesen. Sie gehe davon aus, dass die weitaus größte Anzahl darunter aus Ludwigshafen selbst gekommen sei. Ob es dazu demnächst noch konkretere Zahlen gibt, sagte Reifenberg nicht.
Um konkrete Zahlen war es im Hauptausschuss zuvor gegangen. Der Nachtragshaushalt wurde am Montag präsentiert. Das Gremium möge dem Stadtrat empfehlen, dem Zahlenwerk zuzustimmen, lautete die Beschlussvorlage. Vorweg: Er tat das mehrheitlich. Der Jahresfehlbetrag steigt unter den Bedingungen der Corona-Pandemie rapide. Statt 49 Millionen Euro fehlen der Stadt in diesem Jahr wohl 115 Millionen Euro, also knapp 66 Millionen mehr als geplant. Das hat zuvorderst mit jenen 50 Millionen Euro zu tun, die die Stadt weniger aus Schlüsselzuweisungen des Landes erhält.
Ludwigshafen wird demnach Ende des Jahres mit 1,4 Milliarden Euro verschuldet sein. Die Fraktionen waren sich darin einig, dass die Stadt nie in der Lage sein wird, diesen Betrag zurückzuzahlen. Kritik wurde an den Vorgaben der Aufsichtsbehörde in Trier laut, die unerfüllbare Vorgaben mache.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Blies-Festival - das Handeln der Bürgermeisterin bleibt fragwürdig