Nahverkehr - Bauabschnitt in Hohenzollernstraße zwölf Millionen Euro teurer / Fast ein Jahr Verzögerung / Planung soll vereinfacht werden

Kostenexplosion: Wie die Stadt Ludwigshafen jetzt bei der Linie 10 in Friesenheim vorgehen will

Von 
Julian Eistetter
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Die Gleisarbeiten in Alt-Friesenheim – hier die Luitpoldstraße – sind in wenigen Monaten abgeschlossen. Der nächste Bauabschnitt wird sich aber verzögern. © RNV

Ludwigshafen. Beim größten Nahverkehrsprojekt in Ludwigshafen, dem Ausbau der Linie 10 in Friesenheim, muss die Stadt Ludwigshafen jetzt sprichwörtlich die Notbremse ziehen. Grund dafür ist eine massive Kostensteigerung für den Bauabschnitt in der Hohenzollernstraße, der im Frühjahr 2022 an die aktuell stattfindenden Arbeiten in Alt-Friesenheim anschließen sollte. Anstatt der ursprünglich veranschlagten 23 Millionen Euro rechnen Verwaltung und Rhein-Neckar Verkehr GmbH (RNV) jetzt mit 35 Millionen. Das hat eine Neuberechnung ergeben, die nach dem Eingang eines Förderbescheids durch den Landesbetrieb Mobilität durchgeführt wurde. Bei einem Pressegespräch am Dienstag haben Stadt und RNV über die Hintergründe und Folgen informiert.

Generelle Baupreisentwicklung

„Im Vergleich zum Zeitpunkt des Förderantrags im Jahr 2016 sind die Kosten deutlich gestiegen. Das hängt vor allem mit der generellen Entwicklung der Baupreise zusammen“, sagte Bau- und Umweltdezernent Alexander Thewalt. „Material ist nicht verfügbar, es gibt längere Wartezeiten.“ Aus diesem Grund habe die Verwaltung nun die Bremse gezogen. „Bei einer solchen Kostensteigerung brauchen wir eine Entscheidung des Stadtrats“, so Thewalt. Das Gremium müsse entscheiden, ob die bisherigen Pläne mit Mehrkosten von zwölf Millionen Euro umgesetzt werden sollen, oder ob nicht eine vereinfachte Planung sinnvoller wäre, die die Kosten reduziert. Ein solcher Beschluss sei insbesondere auch deshalb erforderlich, da die Anliegerbeiträge für die Straßenerneuerung nach der neuen Berechnung von drei auf zehn Millionen Euro steigen würden.

Das Nahverkehrsprojekt

Die Strecke der Linie 10 wird in Friesenheim auf 2,6 Kilometern zwischen Marienkirche und Ruthenplatz ausgebaut.

Der erste Abschnitt in Alt-Friesenheim ist rund 900 Meter lang und wird im Frühjahr 2022 ein halbes Jahr früher als geplant abgeschlossen.

Die Kosten für diesen Abschnitt stiegen von 14 auf rund 19 Millionen Euro. Der Stadtrat segnete die Kostensteigerung ab.

Der Ausbau in der Hohenzollernstraße, der ursprünglich einen eigenen Gleiskörper für die Straßenbahn vorsah, verzögert sich nun wegen einer erneuten Kostenexplosion.

Anstatt der veranschlagten 23 Millionen Euro kalkulieren Stadt und RNV jetzt mit 35. Die Verwaltung schlägt eine vereinfachte Sanierung ohne eigenen Gleiskörper vor.

Insgesamt sollen acht Haltestellen barrierefrei ausgebaut werden.

Beschluss im Dezember geplant

Für Dezember will die Verwaltung eine Beschlussvorlage vorbereiten. „Dann können wir auch schon etwas zu den Kosten einer günstigeren Variante sagen“, erklärte Thewalt. Der Baubeginn würde sich in diesem Fall deutlich verzögern - von Frühjahr 2022 auf Ostern 2023, wie der Baudezernent schätzte. „Wir denken aber, dass es sich in diesem Fall lohnen würde. Denn es geht hier um das Geld der Steuerzahler.“

Um Kosten zu reduzieren, können sich Stadt und RNV vorstellen, die Gleise anstatt in einem eigenen Gleiskörper direkt in die Straße zu verlegen. Dadurch würden die Straßenbahnen nach Angaben von Frank Dommasch, Bereichsleiter Infrastruktur bei der RNV, zwar ihren separaten Raum verlieren, der sie vor Behinderungen durch andere Verkehrsteilnehmer schützt. Auf der anderen Seite gebe es jedoch für die konkrete Planung auch Vorteile. „Für einen großen Teil der Hohenzollernstraße hätte mit dem speziellen Gleiskörper nur ein eingleisiger Ausbau erfolgen können, was zu Kapazitätsengpässen hätte führen können“, so Dommasch. Die Bahnen hätten sich auf diesem Abschnitt schlicht nicht begegnen können. Werden die Gleise direkt in die Straße verlegt, sei auch ein zweigleisiger Ausbau möglich, der aus heutiger Sicht deutlich sinnvoller sei.

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„Zum Zeitpunkt des Antrags 2016 war eine Förderung nur für den speziellen Gleiskörper möglich“, erklärte Dommasch, wie es zu den nicht ganz optimalen Plänen gekommen ist. „Das ist heute anders.“ Und durch geschickte Platzierung von Haltestellen und Lichtsignalanlagen könne der Vorrang der Straßenbahnen dennoch gewährleistet werden. Auch Thewalt betonte, dass es durchaus Vorteile habe, sich die Planung nochmals mit heutigen Maßstäben ansehen zu können. Dabei gehe es etwa auch um bessere Querungsmöglichkeiten, die bei einem Gleiskörper wegfallen würden.

Provisorien für Barrierefreiheit?

Kurzfristig wollen RNV und Verwaltung Haltestellen auf dem Abschnitt zumindest provisorisch barrierefrei nutzbar machen. Dies könne etwa mit Podesten oder Rampen an bestimmten Stellen auf den Bahnsteigen erfolgen, so Dommasch. „So könnte zumindest ein ebenerdiger Ein- und Ausstieg für Menschen mit Rollatoren oder Rollstühlen ermöglicht werden“, sagte er. Auch Dommasch weiß aber, dass Barrierefreiheit sehr viel mehr als das bedeutet. Und gleichzeitig dürften die provisorischen Vorrichtungen keine Gefahr für Fahrgäste erzeugen.

Die Gesamtmaßnahme zum Ausbau der Linie 10 ist in zwei Abschnitte unterteilt. Der in Alt-Friesenheim geht im Frühjahr zu Ende. Für das gesamte Projekt wurde ursprünglich mit Kosten von 37,5 Millionen Euro kalkuliert. Bereits der Abschnitt in Alt-Friesenheim wurde jedoch fünf Millionen Euro teurer als geplant. Mit der neuerlichen Kostensteigerung für den nächsten Abschnitt sind die Gesamtkosten also um fast 17 Millionen Euro auf rund 54 Millionen gestiegen.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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