Ludwigshafen. Die Ludwigshafener Einweisungsgebiete sind als soziale Brennpunkte über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Seit mehr als 20 Jahren wird in Verwaltung und Kommunalpolitik über eine Verbesserung der Lebensverhältnisse der Bewohner in Bayreuther-, Flur- und Kropsburgstraße diskutiert. Im Jahr 2017 brachten SPD und CDU schließlich einen Antrag ein, um eine Veränderung der Situation für die Obdachlosenquartiere herbeizuführen. Dafür sorgen sollen ein neues Sozialkonzept einhergehend mit umfangreichen baulichen Veränderungen. Bis Ende 2021 sollten die Planungen dafür schon weit vorangeschritten sein und die ersten Ausschreibungen erfolgen. Doch daraus wird nun nichts, wie Baudezernent Alexander Thewalt am Montag dem Stadtrat eröffnete.
„Der Beginn der vertiefenden Planungstätigkeit verschiebt sich leider um ein Jahr“, verkündete er die schlechten Neuigkeiten. Erklärungsansätze dazu lieferte dann Rainer Bernhard, Leiter des Bereichs Gebäudemanagement. So seien die Projektabstimmungen mit dem Sozialdezernat sowie der Austausch mit den Bewohnern der Einweisungsgebiete vor Ort wegen der Pandemie ins Stocken geraten. Daneben habe auch Personalabgang zum Stillstand des 18-Millionen-Euro-Projekts geführt. Gleich zwei Mal seien die Projektleiterinnen nach nur wenigen Monaten abgesprungen und hätten Ludwigshafen verlassen – aus privaten Gründen, wie der Bereichsleiter erläuterte. „Das Projekt kann erst mit einer erfolgreichen Stellenbesetzung fortgeführt werden. Wir haben die Hoffnung, dass dies im Oktober oder November der Fall sein wird“, so Bernhard.
Zurück in die eigenen vier Wände
Im Jahr 2024 hätten die Arbeiten eigentlich beginnen sollen. Geplant ist der Abriss und Neubau der sogenannten roten Blöcke in der Bayreuther Straße im Stadtteil West. Die weißen Blöcke sollen umfassend saniert werden. Die Unterkünfte in der Flur- und Kropsburgstraße in Mundenheim sollen perspektivisch aufgegeben und die Flächen für die Stadtentwicklung genutzt werden. Ziel des beschlossenen Sozialkonzepts ist es, die Menschen wieder in eigene vier Wände zu bringen.
Bei den Fraktionen stieß der Bericht der Verwaltung auf heftige Kritik. „Das ist hochgradig unbefriedigend“, sagte SPD-Fraktionschef David Guthier. Die angeführten Gründe seien nur zum Teil nachvollziehbar. „Ich will nicht mehr hören, warum etwas nicht geht. Ich will hören, wie sich die Verwaltung aufstellen will, damit dieses Projekt umgesetzt werden kann.“ In der nächsten Sitzung des Bau- und Grundstücksausschusses Ende August solle dargelegt werden, wie es weitergehen könne. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Schwächsten in der Gesellschaft unter der Situation leiden müssen.“
Peter Uebel, Chef der CDU-Fraktion, äußerte sich „entsetzt“ über den schwammigen Zeitplan. „Wer die Situation vor Ort kennt, weiß, dass Gefahr und Not im Verzug sind. Wir müssen schnell handeln und für menschenwürdige Bedingungen sorgen“, betonte er. Die Pandemie dürfe für eine solch deutliche Verzögerung keine Begründung sein. „Total geschockt“ war auch Gisela Witt (Grüne im Rat). „Gerade durch die Folgen der Pandemie könnten die Einweisungsgebiete noch einmal wichtiger werden. Es ist notwendig, dort menschenwürdige Lebensbedingungen zu schaffen.“
Raik Dreher (Forum und Piraten) bedauerte die Verzögerung ebenfalls. „Die Gebiete hätten mehr Engagement verdient“, sagte er. Gleichwohl äußerte er auch Verständnis, da es derzeit nicht einfach sei, geeignete Fachkräfte zu finden. Auch Rainer Metz (FWG) verwies auf den akuten Fachkräftemangel, der die Verwaltung im besonderen Maße treffe. „Die Leute verdienen in der freien Wirtschaft mehr“, sagte er.
„Andere Vorhaben zurückstellen“
Thomas Schell (FDP) war der Ansicht, dass dem Projekt eine höhere Priorität beigemessen werden müsse. „Im Zweifelsfall müssen andere Vorhaben zurückgestellt werden.“ Die Verhältnisse müssten verbessert werden, bevor weitere Fernsehberichte über den Brennpunkt erschienen. „Das steht uns nicht gut zu Gesicht.“ Liborio Ciccarello (Linke) unterstellte, dass es keine Frage des Könnens, sondern eine des Wollens sei. „Es geht um die Priorisierung.“
Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) versprach, dass im Bauausschuss Ende August die nächsten Schritte detaillierter vorgestellt werden sollen. Baudezernent Thewalt merkte an, dass, wenn man die Priorisierung erhöhe, andere Projekte verzögert würden – etwa Schulen, Kitas oder Kultureinrichtungen.
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