Ludwigshafen. Zunächst gilt ihr professionelles Interesse vor allem dem Ausnahme-Schwimmer Mark Spitz, der bei der Olympiade 1972 in München überragend sieben Goldmedaillen gewinnt. Interviews werden geplant, das Kamerateam ist ganz nah dran, wenn er im Becken die Konkurrenz hinter sich lässt. Doch dann ist von Schüssen im olympischen Dorf die Rede, und als klar wird, dass die israelische Mannschaft von Terroristen der Gruppe „Schwarzer September“ überfallen und zu Geiseln genommen wurde, um palästinensische Gefangene freizupressen, liefert das in diesem Metier unerfahrene Sportteam des US-Senders ABC die weltweit gesehenen Bilder zu diesem tragischen Ereignis. Schließlich sind sie so nah am Ort des Geschehens und halten derzeit die Lizenz, per Satellit in die Heimat und weltweit zu übertragen. Die weiteren Hintergründe des Geschehens bleiben aber auch für sie lange unklar, und das betrifft vor allem den desaströsen Ausgang des Geiseldramas.
Die von Leonie Benesch gespielte Dolmetscherin wird zur Schlüsselfigur
Der in Ludwigshafen im Wettbewerb um den Filmkunstpreis gezeigte Spielfilm „September 5“ basiert auf wahren Geschehnissen. Spannungsreich setzt Regisseur Tim Fehlbaum seine Geschichte um, führt sein prominent besetztes Ensemble souverän. Und je mehr er den fieberhaften Versuch der Journalisten porträtiert, Exklusivität zu wahren und die besten Bilder einzufangen, desto mehr thematisiert er zugleich die Frage nach einer Moral dieser Arbeitsweise - und ob das TV-Team mit seiner Arbeit nicht letztlich den Terroristen in die Hände spielt, die größtmögliche Aufmerksamkeit bekommen. Die von Leonie Benesch gespielte deutsche Dolmetscherin wird zur Schlüsselfigur in dieser brisanten und bleibend aktuellen Geschichte, weil erst sie die Hintergründe in Erfahrung bringt, ohne die die Bilder gleichsam leer bleiben und die bestätigen, wie fragwürdig das Medienhandeln hier ist.
Beneschs Figur ist gleichsam eine doppelte Vermittlerin. Und die Schauspielerin, die seit ihrer überzeugenden Hauptrolle im mehrfach prämierten Film „Das Lehrerzimmer“ zu einem Gesicht des jungen deutschen Films geworden ist, prägt auch das ebenfalls für den Filmkunstpreis nominierte Werk „Heldin“ der Schweizer Regisseurin Petra Volpe, das wie „September 5“ bereits in den Kinos lief. Benesch ist hier eine Krankenpflegerin in einem Schweizer Spital, und wie im oben erwähnten Film ist man auch hier ganz nah dran am volle Konzentration erfordernden Arbeitsprozess.
Auch hier vermittel die von Benesch gespielte Figur - zwischen Patienten, Angehörigen und Ärzten sowie Krankenhaus und vor allem zwischen Menschlichkeit und der stressigen Dynamik in einem knapp besetzten Pflegeteam. Der Film ist näher an der Gegenwart als der andere, aber beide sind dramatisch und werfen zeitlose Fragen auf. „Heldin“ blickt auf Probleme im Gesundheitswesen, aber hält auch einen Trost parat: Mit Menschlichkeit wird manches leichter; man sollte sie sich immer bewahren - und das kann übrigens auch für Patienten und deren Angehörige gelten, wie man hier sieht. Denn die Möglichkeiten der Gesundheitsversorgung sollte man wohl schlicht nicht überschätzen und überfordern.
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