Ludwigshafen. Die Ausmaße sind enorm: Zwischen Rhein und Hauptbahnhof wird in Ludwigshafen in den kommenden Jahrzehnten ein neues Stadtquartier entstehen. 39 Hektar werden durch den Abriss von Hochstraße Nord und Rathaus-Center frei für eine Neugestaltung entlang der geplanten ebenerdigen Helmut-Kohl-Allee.
City West: Erste Entwürfe bei Bürgerveranstaltung veröffentlicht - Möglichkeit zum Austausch
Derzeit läuft ein sogenanntes Werkstattverfahren, bei dem sich Verantwortliche, Fachplaner und Bürger Schritt für Schritt dem gemeinsamen Ziel nähern sollen: der bestmöglichen Nutzung und Gestaltung des zu planenden Areals, das derzeit noch den Arbeitstitel City West trägt. Am Dienstagabend haben drei Planungsbüros im Ernst-Bloch-Zentrum erste Entwürfe ihrer Ideen präsentiert. Die zahlreich erschienenen Bürger konnten anschließend auch mit den Architekten in Austausch treten.
Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (parteilos) erklärte, dass das neue Stadtquartier nicht am Reißbrett hinter verschlossenen Türen entworfen werden soll, sondern im steten Austausch mit den Menschen vor Ort „Wir wollen über den Tellerrand schauen und Horizonte eröffnen“, so die Rathauschefin. Ziel sei es, mit dem Projekt Generationen zu verbinden. Denn die City West werde ein Quartier für das Ludwigshafen von morgen, für junge Menschen. Es soll Stadtteile verbinden, den Bahnhof näher an die Stadt holen und gleichzeitig die klimatische Situation in der Stadt verbessern, so Steinruck. Dennoch stehe man heute erst ganz am Anfang mit den ersten Ideen. „Heute entscheidet sich noch nicht, wo welches Haus und welche Haustüre hinkommen.“
Diese Schwerpunkte haben die drei Planungsbüros bei ihren Entwürfen für die neue City West in Ludwigshafen gesetzt:
Adept (Kopenhagen/Hamburg)
Das im dänischen Kopenhagen beheimatete Büro Adept mit Dependance in Hamburg hat sich auf die Umgestaltung urbaner und öffentlicher Räume spezialisiert. In Ludwigshafen will das Büro die Helmut-Kohl-Allee als „Bindeglied“ zwischen bestehenden Strukturen begreifen, wie die Architektinnen Anne Ruff und Thelma Dethlefsen erklärten. Die Stadtstraße soll ein urbaner Raum und „mehr als nur eine Straße“ sein, betonten sie.
Mit Blick auf das große Entwicklungsgebiet sieht Adept insbesondere im Friedenspark im Westen und im Rhein im Osten Qualitäten, die erhalten und gestärkt werden sollen. „Der Friedenspark soll künftig mehr in die Stadt hineingreifen“, so Ruff. Im Süden soll er demnach bis an den Hauptbahnhof heranreichen, Nutzungen wie Sport, Erholung und Aktivitäten sollen in dem Park möglich sein.
Damit die Stadtstraße kein trennendes Element wird, wie viele befürchten, plant Adept einen „Boulevard der Nachbarschaft“ in Nord-Süd-Ausrichtung. Dieser soll sich über die Bismarckstraße, den Carl-Wurster-Platz in die Prinzregentenstraße im Hemshof erstrecken. Parallel dazu ist die Achse von der Heinigstraße in die Gräfenaustraße bis zum Hemshofpark als „Klimastraße“ angelegt. Am Europaplatz sollen möglichst alle Bäume erhalten und Flächen entsiegelt werden, um die Aufenthaltsqualität zu steigern.
Hähnig-Gemmeke (Tübingen)
Auch beim Büro Hähnig-Gemmeke aus Tübingen steht der Friedenspark als „grüne Mitte“ im Zentrum der Entwürfe. „Wir wollen einen Ort generieren, an dem man sich wohlfühlen kann“, sagte Geografin Jana Heinsohn bei der Präsentation. Ziel sei es, mit bepflanzten Freiflächen Vitalität und Leben in die Stadt zu holen und mit maßvoller Bebauung ein neues Raumgefühl zu erzeugen. Dabei seien auch vereinzelt höhere Gebäude vorgesehen, um Orientierungspunkte zu schaffen.
Ein grüner Boulevard zieht sich in den Plänen von Hähnig-Gemmeke vom Hauptbahnhof über den Danziger Platz und durch die heutige Jaegerstraße bis hin zum Ludwigsplatz und zum Rhein nördlich der Rhein-Galerie. Die dortigen Flächen, an denen heute die blaue Halle und der Getreidespeicher stehen, will das Büro als Ort für Kunst, Kultur und Kreativität nutzen. Laut Heinsohn haben sich die Planer immer wieder in die Fußgängerperspektive versetzt, im gesamten Areal soll Mobilität auch ohne Auto möglich sein, so die Vorgabe. Das neue Stadtquartier begreifen Hähnig-Gemmeke als „Naht“ zwischen der südlichen Innenstadt und dem Hemshof.
Rheinflügel severin (Düsseldorf) / Club L94 (Köln)
Das Architekturbüro rheinflügel severin hat gemeinsam mit Landschaftsarchitekten vom Club L94 einen Entwurf für City West erarbeitet. Nach Angaben von Björn Severin bietet sich bei dem Projekt nicht nur die Möglichkeit, einem städtischen Bereich eine neue Wendung zu geben. „Die Flächen sind so prominent, dass die gesamte Identität der Stadt beeinflusst werden kann“, sagte er. Als positive Veränderung sieht der Entwurf vor, den Friedenspark aus seiner „Hinterhof-Situation“ herauszuholen und zum großzügigen Bürgerpark zu machen.
Neue Gebäude für Wohnen und Arbeiten wollen rheinflügel und Club L94 vor allem am Hauptbahnhof und an den von der Stadtbahnlinie erschlossenen Bereichen, etwa um den Carl-Wurster-Platz, errichten. „Die weniger erschlossenen Bereiche sollen Freiflächen sein“, so Severin.
Die Neubebauung des Bahnhofsvorplatzes soll eine Achse in Richtung Friedenspark und eine in Richtung Bahnhofstraße bieten, die dadurch an Bedeutung gewinne. Eine wesentliche Verbindungsachse ist auch für dieses Büro der Abschnitt Bismarckstraße, Carl-Wurster-Platz und Prinzregentenstraße. Diese Stadtachse soll durch einen „Bismarckplatz“ am nördlichen Ende der Bismarckstraße aufgewertet werden.
So geht es im Werkstattverfahren zur City West in Ludwigshafen jetzt weiter
Ende Januar wird es eine Abschlusswerkstatt geben, bei dem die Büros ihre nach der Debatte mit den Bürgern überarbeiteten Konzepte erneut vorstellen. Im Anschluss folgt eine Diskussion zur Auswahl des Zielkonzepts, das als strukturelle Grundlage für die nachfolgenden Planungsschritte dienen soll.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar
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