Kommentar Neues Stadtquartier an der Helmut-Kohl-Allee: Schönheits-OP für Ludwigshafen

Ludwigshafen erhält durch den Abriss der Hochstraße Nord eine einmalige Chance zur Stadtentwicklung. Die Entwürfe sehen vielversprechend aus. Doch an einem Punkt könnten sie alle scheitern

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Julian Eistetter
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Ludwigshafen. In der Region gehen die Räume für Stadtentwicklung allmählich aus. Mannheim und Heidelberg lebten und leben aktuell noch von den Konversionsflächen, die zu großen Teilen in neue Wohnquartiere umgewandelt werden. Blickte Ludwigshafen da bis vor einigen Jahren noch etwas neidisch über den Rhein, bietet sich der Chemiestadt nun selbst eine ganz besondere Gelegenheit. Durch den Abriss der Hochstraße Nord wird ein stadtplanerischer Eingriff möglich, den es so wohl in kaum einer anderen deutschen Stadt gibt. Denn während die Konversionsflächen in Mannheim und Heidelberg meist eher etwas außerhalb der Zentren liegen, geht es in Ludwigshafen um Flächen mitten in der City.

Diese Chance bietet sich der Stadt Ludwigshafen nun bereits zum zweiten Mal

Die Stadt erhält hier die Chance einer Schönheitsoperation an ihrem zumindest in der Innenstadt wenig ansehnlichen Antlitz. Es ist eine einmalige Gelegenheit, die sich Ludwigshafen aber paradoxerweise bereits zum zweiten Mal bietet. Denn nach der Verlegung des Hauptbahnhofs Ende der 1960er Jahre war die Ausgangslage ähnlich. Die Entscheidung für ein ambitioniertes Hochhausprojekt zahlte sich schlussendlich nicht aus. Mit dem Rathaus-Center wird heute schon wieder abgerissen, was für Ludwigshafen damals zukunftsweisend sein sollte.

Dass die Verantwortlichen diesmal mit etwas mehr Weitsicht an die Sache herangehen, darauf lassen zumindest die ersten Entwürfe für das neue Stadtquartier hoffen. Viel grün, moderner Wohnraum, Frischluftschneisen, der Fokus auf nachfolgende Generationen. Auch die Bürger werden umfassend beteiligt und ihre Sorgen und Anliegen von Beginn an aufgenommen.

Eine Trennung der Stadtteile durch die Betonschneise zu vermeiden, ist die größte Herausforderung

Bei all den schönen, grünen Visualisierungen mit urbanen Räumen, Mobilitäts-Hubs und nachhaltigen Boulevards gerät jedoch fast in Vergessenheit, dass sich künftig eine – Abbiegespuren eingerechnet – bis zu zehnspurige Stadtstraße durch dieses Gebiet ziehen wird, die bis zu 35 Meter breit sein soll.

In den Beiträgen der drei Planungsbüros spielte diese massive Verkehrsader höchstens eine beiläufige Rolle als gesetzter Fixpunkt, den es zu umplanen gilt. Dabei besteht die große Herausforderung genau darin, eine Trennung der nördlichen von der südlichen Innenstadt durch die Schneise aus Beton zu vermeiden. Mit Blick auf die zu erwartende Verkehrslast auf der Helmut-Kohl-Allee könnten an diesem Spagat auch die attraktivsten Konzepte scheitern.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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