Justiz

Angeklagter im Oggersheimer Mordprozess: „Ich würde das Gleiche wieder tun“

Der Geisteszustand des mutmaßlichen Messerstechers von Ludwigshafen ist am Montag vor Gericht Thema. Die Schwester eines der Opfer schildert unterdessen emotional die Folgen der Tat

Von 
Julian Eistetter
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Die Anteilnahme nach der Tat im Oktober war riesengroß. © Christoph Blüthner

Ludwigshafen. War der mutmaßliche Messerstecher von Oggersheim während der Tat zurechnungsfähig oder hat eine psychische Erkrankung seine Schuldfähigkeit beeinträchtigt? Diese Frage begleitet das Verfahren gegen den 26 Jahre alten Somalier am Frankenthaler Landgericht seit dem ersten Tag. Auch am Montag dreht sich wieder vieles um den Geisteszustand des Mannes, der am 18. Oktober in Ludwigshafen den 20-jährigen Jonas Sprengart und dessen 35-jährigen Kollegen Sascha getötet und den 27-jährigen Marcel Kling lebensgefährlich verletzt haben soll.

Ein entfernter Verwandter berichtet im Zeugenstand von einer auffälligen Wesensveränderung, die er bei dem Angeklagten beobachtet habe. Dieser habe ihn regelmäßig besucht, sei immer offen und lebensfroh gewesen. Man habe sich gegenseitig erzählt, was einen beschäftige. Ab einem bestimmten Zeitpunkt, den der Zeuge auf Anfang 2022 datiert, sei der 26-Jährige plötzlich anders gewesen. „Er war wie ausgetauscht, wie ein Fremder, den ich nie gesehen habe.“

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Der Angeklagte habe zunehmend einen verwahrlosten Eindruck gemacht und nur noch abwesend vor sich hingestarrt. Auch unter Verfolgungswahn habe er gelitten. „Die sind hinter mir her“, habe er gesagt. Jemand wolle ihn vergiften und habe ihn einem Ortungschip in den Arm eingesetzt. „Ich wollte, dass er zum Arzt geht. Aber er hat nicht eingesehen, dass er krank ist“, sagt der Verwandte. Der Tod der Mutter des Angeklagten im Oktober 2022, den er ihm habe mitteilen müssen, habe den 26-Jährigen „schockierend“ kalt gelassen.

Sowohl im Gefängnis in Wittlich als auch in der JVA Frankenthal wurden dem Angeklagten Psychopharmaka verabreicht. Auf Nachfrage der Vorsitzenden Richterin Mirtha Hütt, ob dies nicht für eine psychische Erkrankung spreche, sagte der psychiatrische Sachverständige am Montag, dass es sich auch um eine Verdachtsmedikation handeln könne angesichts der Vorwürfe, die gegen den Mann im Raum stehen. Die Tabletten habe er irgendwann im Waschbecken entsorgt, als er gemerkt habe, dass es sich nicht um Medizin für seine Schussverletzungen handele. „Sie haben mich verändert, ich war wie ein Zombie“, sagt der Angeklagte.

„Sie ist nicht mehr die, die sie war“

Wie berichtet, soll der 26-Jährige die beiden Handwerker Jonas und Sascha in Oggersheim angegriffen haben, weil er seine Ex-Partnerin bedroht sah. Er habe Stimmen gehört, die ihr etwas Böses antun wollten. Dass die beiden Opfer damit nichts zu tun gehabt haben, sei ihm erst später durch den Gutachter mitgeteilt worden. Auf die Nachfrage des Rechtsanwalts Philipp Moritz Hug, der den Überlebenden Marcel Kling vertritt, ob er in einer vergleichbaren Situation künftig wieder so handeln würde, entgegnete der Angeklagte: „Solange ich lebe, würde ich genau das Gleiche wieder tun. Wenn die Familie verfolgt wird, geht es Auge um Auge.“

Die Schwester des getöteten Sascha berichtete am Montag emotional von den Folgen der Tat für die Familie. Ihre Mutter leide besonders stark. „Sie ist nicht mehr die, die sie war. Auch wenn sie es gerne wäre“, sagte sie. Sie könne das Haus nicht mehr allein verlassen, ihr toter Sohn sei der erste Gedanke nach dem Aufstehen und der letzte vor dem Einschlafen. Sascha selbst sei ein „ruhiger, gelassener Mensch“ gewesen. „Er hat einfach sein Leben gelebt und niemanden verurteilt“, sagte sie und brach immer wieder in Tränen aus. Wie es für die Witwe ihres Bruders sein müsse, plötzlich ganz allein mit den Kindern dazustehen, könne sie sich kaum ausmalen.

Der Prozess wird an diesem Dienstag, 9. Mai, um 9 Uhr fortgesetzt. Am Nachmittag wird das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen erwartet.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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