Fahndung

Am Klinikum Ludwigshafen geflohen - was über den Häftling bekannt ist

Vor dem Klinikum in Ludwigshafen ist einem Gefangenen aus Mannheim die Flucht gelungen. Nun fahndet die Polizei mit Bild nach ihm. Weshalb er im Gefängnis war und was die Bevölkerung beachten sollte

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Julian Eistetter und Julia Korb
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Ein Polizeihubschrauber kreist am Donnerstagmittag über dem Klinikum Ludwigshafen. Mit starken Kräften wird nach einem Gefangenen gefahndet, dem dort am Vormittag die Flucht gelang. © Michael Ruffler

Ludwigshafen. Die Polizei fahndet derzeit in Ludwigshafen nach einem geflohenen Strafgefangenen aus der JVA Mannheim. Gegen 9.45 Uhr flüchtete der Gefangene am städtischen Klinikum vor den begleitenden Beamten der Justizvollzugsanstalt mit einem schwarzen Roller ohne Kennzeichen, teilte die Polizei mit. Es handelt sich um einen 25-jährigen mehrfachen Straftäter.

Nun fahndet die Polizei mit einem Bild nach Yusuf Aykac 

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Wie die Polizei mitteilte, ist er etwa 190 cm groß und 80 Kilogramm schwer. Seine Statur wird als athletisch beschrieben. Während des Ausgangs war der Gesuchte mit einer schwarzen Hose, schwarzen Schuhen und einem olivfarbenem Parka bekleidet.

Als dieser nach einem Arztbesuch das Gebäude verließ, wartete ein Komplize auf dem Roller vor dem Eingang, teilte die Polizei weiter mit. Mit einer Schusswaffe bedrohte dieser die Beamten der JVA und schoss in die Luft. Der an den Händen gefesselte Gefangene sprang auf den Roller und das Fahrzeug fuhr in Richtung Hohenzollernstraße davon. Die JVA-Bediensteten seien dem Fahrzeug noch ein Stück gefolgt, verloren es dann jedoch aus den Augen.

Das ist über den geflohenen Gefangenen aus der JVA Mannheim bekannt

Wie die Staatsanwaltschaft Mannheim am späten Nachmittag mitteilt, wurde der 25-Jährige am 7. Oktober 2022 durch das Landgericht Mannheim unter anderem wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung und räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.

Für diese Taten wurde der geflüchtete Häftling verurteilt

Gemeinsam mit einem gesondert verfolgten Mittäter hatte der Deutsch-Türke damals einen Mann auf einen Fußballplatz in Ladenburg gelockt. Mit dem Auto wurde das Opfer an einen abgelegenen Ort gebracht und ihm mit Vergewaltigung gedroht, wenn er nicht 5000 Euro besorge. Letztlich wurden ihm rund 1200 Euro abgenommen.

Noch eine weitere Erpressung kam damals zur Anklage, in die neben den beiden Männern eine 20-Jährige Bekannte verwickelt war. Deren Ex-Freund hatte freizügige Bilder von ihr verkauft, was sie ihm heimzahlen wollte. Wieder fuhr man unter einem Vorwand mit dem Opfer an einen abgelegenen Ort. Dort drohten die Täter, ihm mit einem Radschlüssel "die Kniescheibe rauszuhauen". Der schon damals einschlägig vorbestrafte Mann hatt in seinem Schlusswort um Milde gebeten. "Ein bisschen leid" hätten ihm die Taten schon getan.

Von Staatsanwaltschaft zur Fahndung ausgeschrieben

Die Staatsanwaltschaft Mannheim hat nun einen Vollstreckungshaftbefehl erlassen und den Mann zur Fahndung ausgeschrieben.

Der Geschäftsführer des Klinikums Ludwigshafen, Hans-Friedrich Günther, teilte auf Anfrage mit, dass der Gefangene wohl in der Kieferchirurgie behandelt worden sei, ehe ihm die Flucht gelang. Von dieser habe man vor Ort jedoch gar nichts mitbekommen, sondern erst durch die Berichterstattung.

Den schwarzen Roller stellten die Flüchtigen am Ebertpark ab und stiegen in einen Transporter um. Beamte fanden das Fahrzeug schnell. © Michael Ruffler

Die Polizei fahndet aktuell weiter mit starken Kräften und einem Hubschrauber im gesamten Stadtgebiet und weist die Bevölkerung darauf hin, keine Anhalter im Stadtgebiet mitzunehmen. Wer die flüchtige Person sieht, soll sofort den Notruf 110 wählen.

Schwarzer Roller in Erzbergerstraße gefunden - Fahrzeug wird untersucht

In der Erzbergerstraße 52 am Ebertpark hat die Polizei inzwischen einen schwarzen Roller gefunden, bei dem es sich um das Fluchtfahrzeug handeln könnte. "Es kommt zumindest als solches in Betracht", sagte ein Polizeisprecher auf Anfrage.

Großfahndung

Verurteilter Mörder auf der Flucht: Wie gefährlich ist Aleksandr Perepelenko?

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Julian Eistetter
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Das Fahrzeug werde nun kriminaltechnisch untersucht. Es soll geklärt werden, ob in diesem Bereich ein sogenannter "Fluchtmittelwechsel" stattgefunden haben könnte. Dass der Flüchtige also in ein anderes Fahrzeug umgestiegen oder seine Flucht zu Fuß fortgesetzt hat.

Am Tatort in der Bremserstraße fanden die Ermittler die Hülse einer Schreckschusswaffe. Der Fahrer des Rollers, der den Schuss abgegeben hatte, war laut Mitteilung vermummt. Die Polizei hat ein Hinweistelefon geschaltet, das unter der Rufnummer 0621/963-2771 erreichbar ist.

Besteht eine Gefahr für die Allgemeinheit?

Eine Gefahr für die Allgemeinheit sei nicht auszuschließen, da sich der Flüchtige in einer Ausnahmesituation befinde. Es sei jedoch anzunehmen, dass es dem Häftling primär um die Flucht gehe. Dass er Unbeteiligte angreift, sei unwahrscheinlich.

Es ist die zweite Flucht eines Strafgefangenen aus Baden-Württemberg in der Region in den vergangenen Wochen. Ende Oktober war dem verurteilten Mörder Aleksandr Perepelenko bei einem Ausflug aus der JVA Bruchsal nach Germersheim die Flucht gelungen. Er wurde bis heute nicht gefasst.

FDP-Abgeordneter sieht nach zweiter Flucht binnen weniger Wochen die Justizministerin in der Pflicht

Die zweite Flucht innerhalb weniger Wochen aus einer baden-württembergischen JVA veranlasst auch den Landtagsabgeordneten Christian Jung (FDP) zu einem Statement: „Landes-Justizministerin Marion Gentges (CDU) hat nun ein richtiges Problem! Schon zum zweiten Mal gelingt einem baden-württembergischen JVA-Gefangenen innerhalb von wenigen Wochen in Rheinland-Pfalz, in diesem Falle in Ludwigshafen, die Flucht", betont er.

"Die Frage stellt sich nach der aktuellen Flucht weiter, ob die Sicherungsmaßnahmen des Landes Baden-Württemberg bei Arztbesuchen oder bewachten Ausflügen wirklich ausreichend sind. Zum zweiten Mal stellt sich außerdem die Frage, ob man als Gefangener aus baden-württembergischen Gefängnissen heraus bequem eine Flucht organisieren und in Ruhe strategische Vorbereitungen durchführen kann. Die Justizministerin muss sich nun rasch erklären, wie die erneute Flucht möglich war und welchen sofortigen Verbesserungsbedarf es gibt. Ich möchte vor Weihnachten kein Flucht-Triple innerhalb eines Quartals haben. Denn für Baden-Württemberg ist es absolut peinlich, dass die aktuelle Flucht geglückt ist – und das schon wieder in Rheinland-Pfalz.“

Auch Mannheimer SPD-Abgeordneter stellt klare Forderungen ans Ministerium

Der Mannheimer Landtagsabgeordnete und SPD-Justizexperte Boris Weirauch fordert ebenfalls mit deutlichen Worten eine Aufklärung über die Hintergründe der Flucht eines Gefangenen der JVA Mannheim: „Das ist jetzt die zweite Flucht eines Strafgefangenen innerhalb weniger Wochen unter Aufsicht des baden-württembergischen Strafvollzugs. Diese Häufung ist mehr als alarmierend, die Ausführungspraxis von Gefangenen in Baden-Württemberg wird immer mehr eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit.“

Die Flucht aus der JVA als solche stellt nach dem deutschen Strafrecht keine Straftat dar. Begründet wird das damit, dass das Streben nach Freiheit laut Grundgesetz untrennbar mit der Menschenwürde verknüpft ist.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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