Großfahndung

Verurteilter Mörder auf der Flucht: Wie gefährlich ist Aleksandr Perepelenko?

Er hat getötet, vergewaltigt und geraubt: Seit Montag ist der Gefangene Aleksandr Perepelenko aus der JVA Bruchsal auf der Flucht. Warum erhielt er Ausgang? Wie groß ist die Gefahr? Antworten auf drängende Fragen

Von 
Julian Eistetter
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Ein Foto des verurteilten Mörders Aleksandr Perepelenko und der JVA Bruchsal © Polizei/dpa

Germersheim/Bruchsal. Die Flucht eines verurteilten Mörders im südpfälzischen Germersheim sorgt bundesweit für Schlagzeilen. Auch am Donnerstag suchten die Ermittlungsbehörden weiter mit starken Kräften nach dem 43-jährigen Aleksandr Perepelenko, dem es am Montag bei einem Freigang am Sollachsee gelungen war, zwei Justizvollzugsbeamten zu entkommen und sich später auch seiner Fußfessel zu entledigen. Wie konnte das passieren? Und stellt der Mann eine Gefahr dar? Wir geben Antworten auf die drängendsten Fragen.

Wer ist der Mann, dem am Montag die Flucht gelang?

Bei dem Flüchtigen handelt es sich um Aleksandr Perepelenko, einen 43 Jahre alten Deutsch-Kasachen. Er ist bereits vielfach polizeilich in Erscheinung getreten und hat auch schon mehrere Haftstrafen verbüßt. Zuletzt saß er in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bruchsal.

Weswegen wurde Aleksandr Perepelenko verurteilt?

Der 43-Jährige wurde am 7. Mai 2012 als damals 32-Jähriger unter anderem wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Nach Überzeugung des Gerichts hatte er einen 44-jährigen Ukrainer aus Pforzheim nach Gotha gelockt und dort gefesselt und geschlagen, um ihn auszurauben. Gemeinsam mit einer mitverurteilten 30-Jährigen brachte er den Verletzten dann in die Südpfalz, wo er ihn mit einem Gurt erwürgte.

Die Leiche versteckte er in einem Gebüsch im elsässischen Lauterbourg. Handyauswertungen brachten die Ermittler damals auf die Spur Perepelenkos. Das Gericht stellte die besondere Schwere der Schuld fest. Diese wird angewendet, wenn die Schuld für ein Verbrechen so schwer ist, dass eine reguläre Freiheitsstrafe nicht ausreicht, um dieser gerecht zu werden.

Welche Taten hat der verurteilte Mörder noch begangen?

Nach Angaben eines Sprechers der Pforzheimer Staatsanwaltschaft wurde der Flüchtige damals auch wegen Vergewaltigung und erpresserischen Menschenraubs verurteilt. Außerdem hat Perepelenko schon einmal einen Menschen getötet. Im Jahr 2003 habe ihn das Landgericht Gera wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. „Davon hat er fünf Jahre verbüßt, ehe er auf Bewährung freigekommen ist“, berichtet der Sprecher.

Geht von dem Mann eine Gefahr für die Bevölkerung aus?

„Wir haben derzeit keine Anhaltspunkte für eine akute Gefährdung der Bevölkerung“, sagt der Sprecher der Pforzheimer Staatsanwaltschaft. Die Ermittler gehen davon aus, dass es dem 43-Jährigen bei der Flucht insbesondere darum ging, in Freiheit zu gelangen und dort auch dauerhaft zu bleiben. „Eine abstrakte Gefahr ist bei einem Straftäter jedoch immer gegeben“, so der Sprecher. Konkrete Hinweise auf eine geplante Tat oder Ähnliches liegen jedoch nicht vor.

Wie sollten sich Personen verhalten, die den Flüchtigen sehen?

Wenn jemand den verurteilten Mörder erkennt, sollte er laut Staatsanwaltschaft nicht eigeninitiativ handeln und sich nicht in Gefahr begeben. „Wenn ein geflüchteter Straftäter von Zivilisten gestellt wird, kann es gefährlich werden“, sagt der Sprecher. Es sollte also in jedem Fall die Polizei kontaktiert werden über den Notruf 110. Alternativ können sich Hinweisgeber an den Kriminaldauerdienst Pforzheim unter Telefon 07231/186-44 44 wenden.

Liegen bereits Hinweise auf den Aufenthaltsort Perepelenkos vor?

Bei der Pforzheimer Polizei sind bereits einige Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen. Außerdem wurden mögliche Hinwendungsorte des Mannes überprüft - bislang ergebnislos. Die Ermittler ziehen auch in Betracht, dass sich der 43-Jährige ins Ausland absetzen könnte. „Wir beschränken uns nicht auf Deutschland“, so der Sprecher. Aus ermittlungstaktischen Gründen hält sich die Staatsanwaltschaft hier aber mit weiteren Informationen bedeckt.

Wie konnte der verurteilte Mörder aus der JVA entkommen?

Nach Angaben der Behörden befand sich Perepelenko auf einem geplanten Freigang am Sollachsee in Germersheim, als er den beiden JVA-Beamten entkommen und in ein Waldstück flüchten konnte. Seine Fußfessel wurde später in Germersheim sichergestellt. Der genaue Ablauf der Flucht ist noch ungeklärt. „Unser Fokus liegt derzeit voll auf der Wiederergreifung des Mannes“, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Thomas Weber, Leiter der JVA Bruchsal, sagt dazu auf Anfrage: „Die genauen Umstände, die Herrn Perepelenko die Flucht ermöglichten, werden derzeit noch ermittelt.“ Auch um mögliche Nachahmungseffekte zu vermeiden, könnten derzeit keine weiteren Informationen dazu gegeben werden. Der verurteilte Mörder sei bei dem Freigang jedenfalls von zwei „erfahrenen Vollzugsbediensteten“ beaufsichtigt worden. Eine Fesselung sei bei derartigen Ausführungen „grundsätzlich nicht vorgesehen“.

Warum erhielt der Mörder überhaupt Freigang?

JVA-Leiter Weber weist darauf hin, dass sich Perepelenko im geschlossenen Vollzug befand und nicht den Status eines Freigängers hatte. Es habe sich auch nicht um eine Vorbereitung auf eine mögliche Entlassung gehandelt, da der 43-Jährige noch mindestens bis Ende Oktober 2028 seine Haftstrafe verbüßen müsse. „Die Ausführung war vielmehr eine sogenannte Vollzugsöffnende Maßnahme im Sinne des Justizvollzugsgesetzbuchs Baden-Württemberg“, so Weber. Das bedeutet, dass ein Gefangener die JVA für eine bestimmte Tageszeit unter Aufsicht verlassen darf.

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Bei mehrjährigen oder lebenslangen Haftstrafen bestehe für Häftlinge nach neuer Rechtsprechung etwa nach vier Jahren der Anspruch auf solche Ausführungen. Diese sollen der „Erhaltung der Lebenstüchtigkeit“ dienen. Seit Oktober 2019 habe Perepelenko inzwischen acht solcher Ausführungen in Begleitung unternommen, die „ohne Beanstandungen“ verlaufen seien. Es seien - wie auch am Montag - immer die Ehefrau und die beiden gemeinsamen minderjährigen Kinder des Gefangenen dabei gewesen. Diesen sollte ein Umgang mit dem Vater ermöglicht werden.

Warum fand der Ausgang in Germersheim statt?

Es ist laut Anstaltsleiter Weber nicht die Regel, dass Ausführungen von Gefangenen „ausschließlich im Stadtgebiet Bruchsal oder im häuslichen Umfeld“ stattfinden. Angesichts der Lage der JVA komme ausnahmsweise auch einmal Rheinland-Pfalz infrage. Der Sollachsee „erschien eine geeignete Örtlichkeit zu sein“, so Weber.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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