Ladenburg. Als Fred Hammerschlag vor bald 25 Jahren aus der Römerstadt Köln in die Römerstadt Ladenburg kommt, bleibt er seiner Leidenschaft für Stadthistorisches treu: Am neuen Lebensmittelpunkt lässt er sich beim Geschichtsverein Heimatbund zum Gästeführer ausbilden. Bald fällt ihm auf: „Das viele Fachwerk in der Altstadt ist eigentlich immer nur Kulisse für Geschichten und Epochen, aber nie ein eigenes Thema.“ Anlass dieses Gesprächs: Ladenburg ist jetzt Teil der Deutschen Fachwerkstraße geworden. Und dafür war der gelernte Schreiner mit dem geübten Blick fürs historische Holzhandwerk ein wesentlicher Impulsgeber.
Deutsche Fachwerkstraße: 3900 Kilometer von der Elbe bis an den Bodensee
Die vielschichtige Faszination des Fachwerks vermitteln: Das ist das Ziel der 1990 eröffneten Route auf heute 3900 Kilometern Länge von der Elbe im Norden über die Oberlausitz im östlichen Sachsen bis hin zum Bodensee. Sie verbindet „einmalige Landschaften, geschichtsträchtige Schauplätze und liebevoll restaurierte Denkmale, aber vor allem auch die Menschen, die darin leben und arbeiten“. Ladenburg ist der 32. Fachwerk-Ort der südlichsten von acht Regionalstrecken („Vom Neckar zum Schwarzwald und Bodensee“). Eine online und analog verfügbare Karte enthält Hinweise und Informationen zum Stadtbesuch, die jedoch noch zu erweitern sind.
Bislang hatte die Fachwerkstraße im Bereich von Eberbach nach Mosbach und danach südwärts komplett an der Region vorbeigeführt. „Das Touristische könnte künftig durchaus ein Haupteffekt sein, weil Ladenburg in einem neuen Rahmen auch als Mittelalterstadt noch bekannter wird, indem der Verband deutschlandweit auf vielen Kanälen Werbung macht“, sagt Hammerschlag.
Es wird seiner Ansicht nach Zeit, dass sich Ladenburg zu den offenbar besser vernetzten Städten im Norden Deutschlands und im östlichen Baden-Württemberg geselle: „Wir müssen uns vor den anderen nicht verstecken, weil wir teils deutlich mehr Fachwerkhäuser als andere und noch dazu sehenswerte Ensembles in der Altstadt haben.“ Wesentlich länger als den Arbeitskreis Fachwerkstraße gibt es die übergeordnete Arbeitsgemeinschaft (Arge) Deutscher Fachwerkstädte, die rund 150 Kommunen umfasst und der Ladenburg ebenso angehört. Hatte sich doch Hammerschlag immer intensiver mit seinem Steckenpferd, der Skelettbauweise, befasst.
Ladenburg: Fachwerkhaus von 1366 gilt als eines der ältesten in Nordbaden
Bei der in Fulda ansässigen Arge, einem Verein, absolviert Hammerschlag auf eigene Kosten den Großteil einer umfangreichen Fortbildungsreihe für Gästeführer speziell zum Thema Fachwerk. Er vertieft sein Wissen von A wie Andreaskreuz bis Z wie Zapfenschloss. Und neben weiteren Holzverbindungen lernt er Manfred Gerner kennen, den Präsident der Arge und internationalen Experten für Fachwerkbauten. Hammerschlags Ziel: Die Mitgliedschaft Ladenburgs. Immerhin weist die rund 2000 Jahre alte Stadt mehr als 120 Fachwerkhäuser auf. Das in der Wormser Straße 8 aus dem Jahr 1366 gilt als eines der ältesten in Nordbaden.
Von der Qualität und Fülle überzeugt sich Gerner vor Ort auf Einladung der Stadt auch mit Götz Speyerer, dem Denkmalfachmann im Rathaus. Die Heimatbund-Vorsitzende Carola Schuhmann sieht sich durch die Aufnahme im März betätigt: „Das gut erhaltene mittelalterliche Stadtbild ist eines der reizvollsten in Baden-Württemberg.“
Im Vorfeld des Expertenrundgangs war Hammerschlag bei Petra Liebig, in der Verwaltung fürs Stadtmarketing zuständig, ebenso auf offene Ohren gestoßen wie bei Bürgermeister Stefan Schmutz. Die Stadtverwaltung verspricht sich nicht nur viele weitere historisch interessierte Gäste durch die Aufnahme in den Arge-Arbeitskreis Deutsche Fachwerkstraße. „Diese Kooperation ist auch Ansporn, unsere denkmalgeschützte Altstadt zu bewahren und die Vielzahl an Zukunftsfragen in besonderer Weise mit dem Erhalt des Stadtbildes zu verknüpfen“, so Schmutz. Fachwerk-Fan Hammerschlag beschreibt die Arge als „ein Netzwerk aus Fachleuten, die zum Teil auf hohem Niveau spezifische Fragestellungen diskutieren - auch Bautechnisches und Sachen wie Photovoltaik.“
„Da wohnen seit mehr als 500 Jahren Menschen drin“
Fachwerk als jahrhundertealte und nachhaltige Konstruktionsweise von Lebensräumen wahrnehmbar zu machen und weniger als „irgendwie putziges Stilelement“, das ist Hammerschlags Motivation. An historischem Fachwerk lasse sich von außen vieles ablesen, auch was Wand- und Dachkonstruktionen oder Schmuckformen betrifft. „Da wohnen seit mehr als 500 Jahren Menschen drin“, verdeutlicht Hammerschlag die Langlebigkeit der ortsbildprägenden Bauweise.
Fachwerk in Ladenburg
- Von Ladenburg und Eberbach über Sasbachwalden im Schwarzwald bis Meersburg am Bodensee führt die Regionalstrecke im Südwesten der Deutschen Fachwerkstraße.
- Als jüngster und 32. Fachwerk-Ort im Land punktet die Römerstadt Ladenburg mit mittelalterlichem Flair und romantischer Aura an dieser Route, die dem Besucher verschiedenste Stile bietet, überwiegend bestehend aus dem fränkischen und alemannischen Fachwerktyp.
- Für den Facettenreichtum sorgen die lange Zeitstellung, variantenreichen Konstruktionsformen und gestalterische Vielfalt.
- Stadtführung mit Fred Hammerschlag am Sonntag, 26. Mai, um 14 Uhr ab Wasserturm: „Von Zapfenschlössern, Klauen und Schlitzohren – 2000 Jahre Fachwerkgeschichte in Ladenburg“. pj
Gerade in Ladenburg müsse man Fachwerk sogar über die Jahrtausende sehen: „Zur Römerzeit gab es das auch schon, wie im Ausgrabungsfenster Forum Romanum in der Metzgergasse ersichtlich ist“, sagt Hammerschlag. Die Tradition reiche weiter über die Fachwerkblütezeit im 15., 16. und 17. Jahrhundert bis ins aktuelle Neubaugebiet Nordstadt-Kurzgewann, wo - von außen unsichtbar - viele Häuser in Holzständerbauweise errichtet werden. „Das zu vermitteln, finde ich einen wichtigen Aspekt“, sagt Hammerschlag. Eine erste Kostprobe gibt’s am bundesweiten „Deutschen Fachwerktag“ (Sonntag, 26. Mai): Hammerschlag bietet eine Stadtführung mit dem Titel „Von Zapfenschlössern, Klauen und Schlitzohren - 2000 Jahre Fachwerkgeschichte in Ladenburg“ an. Es gilt, das neue Gütesiegel mit Leben zu füllen.
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