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Darum löst sich die Ladenburger Sängereinheit nach 140 Jahren auf

Es ist ein schwerer Schlag für den Verein: Die Ladenburger Sängereinheit löst sich auf - man habe in der Vergangenheit gleich mehrere Fehler gemacht, erklärt der Vorsitzende

Von 
Peter Jaschke
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Antje Geiter von der Ilvesheimer Heinrich-Vetter-Stiftung sichtet mit Günther Grundmann von der Sängereinheit den Notenbestand. © Peter Jaschke

Ladenburg. Das endgültig letzte Kapitel der Sängereinheit in Ladenburg wird bald aufgeschlagen: „Wir verschwinden als Gesangsverein von der Bildfläche“, sagt Günter Grundmann. Denn der kommissarische Vorsitzende stellt beim Amtsgericht Weinheim den Antrag, den 1883 gegründeten Verein zum Jahresende aufzulösen. Es folge ein sogenanntes Sperrjahr. Danach werde das Vermögen an einen sozialen Verein in der Stadt übergeben. Bereits jetzt regelt Grundmann mit der Ladenburgerin Antje Geiter von der Ilvesheimer Heinrich-Vetter-Stiftung die Übergabe und Archivierung des Notenbestands.

„Wir sind sechs Jahre älter als der Pariser Eiffelturm, und ausgerechnet im 140. Jahr unseres Bestehens müssen wir diesen Schritt gehen - das tut schon weh und bewegt mich sehr“, schildert Grundmann seine Gefühlslage. Seit 1986 Mitglied, war er zwischenzeitlich fünf Jahre lang Schriftführer im Verein gewesen. Um einen Notvorstand zu vermeiden, hatte sich Grundmann 2019 bereit erklärt, den bereits sichtlich ins Schlingern geratenen Verein vorübergehend zu führen. Das war vor Corona. „Danach war´s ganz aus“, erinnert sich Grundmann. Der 1987 gegründete Frauenchor hatte sich mit nur noch 13 übrig gebliebenen Sängerinnen bereits Ende 2022 aufgelöst (diese Redaktion berichtete). Nun folgen die Männer.

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Ein Blick in die 140-jährige Geschichte der Sängereinheit Ladenburg

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„Der Versuch, den Männerchor zu halten, hat sich als aussichtslos erwiesen“, teilt Grundmann mit. Er nennt deprimierende Zahlen: „Wir sind nur noch acht singfähige Männer im Durchschnittsalter von 79 Jahren und könnten nicht mal mehr vierstimmig singen.“ Mit acht Aktiven und weniger als 100 Mitgliedern, die von früher rund 280 Beitragszahlenden übrig geblieben sind, seien die Unterhalts- und Heizkosten für den Ratskeller, den Mitglieder Mitte der 1980er Jahre mit enorm viel Eigenarbeit saniert hatten, nicht länger zu stemmen. „Ich sehe keine Chance mehr, junge Leute zu gewinnen“, sagt Grundmann. Dieser Zug sei längst abgefahren: „Uns fällt jetzt auf die Füße, was jahrzehntelang versäumt wurde, nämlich Mitgliederwerbung mit und bei öffentlichen Auftritten“, sagt Grundmann zu den Ursachen der konstanten Talfahrt.

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Dabei hatte die einstmals so lebendige Chorgemeinschaft zwei Weltkriege überstanden und über Generationen hinweg das kulturelle Leben der Stadt mitgeprägt. Der frühere Dirigent und Kreischorleiter Willi Bilz aus Mannheim hatte „seiner“ Sängereinheit 1927 das mit Georg Scholl (Text) verfasste Ladenburger Lied „Am Neckar liegt ein Städtchen“ gewidmet. „Schlussendlich hat uns Corona schwer getroffen, weil einige Sänger krank oder durch die Pandemie auch innerlich älter geworden und immer seltener in unseren Keller gekommen sind“, meint Grundmann heute.

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Ein weiterer Grund für den Niedergang ist wohl darin zu sehen, dass es stets „einige Männer gab, die nicht mit den Frauen in einem gemischten Chor singen wollten“, so Grundmann. Seine Bemühungen, mit dem örtlichen Bruderverein Liederkranz in Kontakt zu kommen, seien vor Jahren aus vereinsinternen Gründen in den eigenen Reihen gescheitert. Die Liste der Versäumnisse sei lang: Mehrere Vorsitzende hätten sich mit ihren Ideen nicht durchsetzen können. Fähige, junge Leute, die man als potenzielle Führungskräfte hätte halten müssen, seien „vergrault worden“. Nun stehe man vor einem Scherbenhaufen.

„Da wir keine Singstunden mehr abhalten, können wir uns auch das Honorar für unseren Dirigenten Thomas Wind sparen, und er ist damit einverstanden, den Vertrag aufzulösen“, erläutert Grundmann eine seiner letzten Amtshandlungen. „Man muss auch den Mut haben zu sagen, jetzt bleibt nichts anderes übrig als aufzuhören“, findet er. Dirigent Wind hatte bei seiner Verabschiedung durch den Frauenchor Ende vergangenen Jahres gesagt, dass die gesamte Entwicklung bedauerlich sei und bei auswärtigen Chören nicht verstanden werde. Seine Meinung dazu lautete im Dezember so: „Viele Chöre haben durch Corona Schwierigkeiten bekommen, aber man hätte hier einen respektableren Schluss finden sollen.“

Freier Autor Peter Jaschke ist freier Mitarbeiter seit 1997 und macht überwiegend regionale Berichterstattung, nimmt aber auch Sport- und Kultur-Termine wahr.

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