Interview

Bei der Kinderbetreuung sieht Bürgermeister Schmutz in Ladenburg Fortschritte

Bürgermeister Stefan Schmutz sieht in Ladenburg weiter „hohen Druck“ beim Thema Kinderbetreuung. Er verweist auf bereits erfolgte Anstrengungen der Stadt und nennt einen Zeitraum, bis wann sich die Lage entspannen könnte.

Von 
Torsten Gertkemper-Besse
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Stefan Schmutz in seinem Dienstzimmer im Ladenburger Rathaus: Beim Jahresinterview mit dem „MM“ ging es auch um Themen wie Stadtentwicklung, Klimaschutz oder Integration. © Marcus Schwetasch

Ladenburg.. Auch das Jahr 2022 hatte für die Ladenburger Verwaltung genug Herausforderungen zu bieten. Hohe Energiepreise oder die Unterbringung von Geflüchteten sind nur zwei Beispiele. Im Interview blickt Bürgermeister Stefan Schmutz auf das Jahr 2022 zurück - und gibt einen Ausblick auf das, was kommt.

Herr Bürgermeister, im vergangenen Jahr beschäftigte sich noch ein Großteil des Interviews mit der Corona-Pandemie. Wie sehr ist die Stadtverwaltung aktuell noch mit der Thematik befasst?

Stefan Schmutz: Corona ist immer noch da, aber es ist in den Alltag übergegangen. Wir haben immer noch Mitarbeitende, die infiziert sind. Es liegt aber nicht mehr der große Fokus auf diesem Thema.

Ein Fingerzeig in die Zukunft ist für Schmutz die Sanierung des Freibads. © Marcus Schwetasch

An anderen Herausforderungen mangelt es in Ladenburg aber nicht. Eine davon ist die Situation in der Kinderbetreuung. Wie kommen Sie da voran?

Stefan Schmutz: Der Druck ist weiterhin hoch. Wir haben aber in keinem anderen Feld so viel Tempo gemacht wie beim Ausbau der Kinderbetreuung. Im Februar soll die Kindertagespflege im ehemaligen Stadtarchiv eröffnen, das Provisorium im Brenngässel folgt im März. Allein durch diese kurzfristigen Angebote können wir 20 Ganztagesplätze im Kindergartenbereich sowie mindestens 20 Plätze für Kinder unter drei Jahren anbieten. Mutmaßlich Ende 2023 kann die Kita in der Nordstadt fertig sein. Im Februar steht der Spatenstich für die Kita in der Weststadt an. Der Bau könnte Ende

2024 abgeschlossen sein. Ich rechne dann mit einer deutlichen Entspannung der Situation.

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Müssen Teile des Archivs wegen der neuen Nutzung ausgelagert werden?

Stefan Schmutz: Nein. Archiv und Kinderbetreuung kommen sich nicht in die Quere, da sie räumlich klar getrennt sind.

Mit dem Weggang des Archivars Oliver Gülck gibt es im Archiv eine Vakanz. Wann wird die Stelle neu besetzt?

Stefan Schmutz: Wir haben großes Interesse an einer Neubesetzung. Die Suche ist aber sehr schwierig, wir konkurrieren mit einer Vielzahl an offenen Stellen. Die erste Bewerbungsrunde brachte keinen Erfolg, wir starten 2023 eine zweite Ausschreibung.

Was passiert während der Vakanz mit dem Archivbestand? Besteht die Gefahr, dass das Archivgut abwandert?

Stefan Schmutz: Überhaupt nicht. Natürlich gibt es gewisse Einschränkungen. Zum Beispiel sind aktuell Kooperationen mit Vereinen oder Auskünfte für Bürgerinnen und Bürger schwer möglich. Aber das Archivgut verschwindet ja nicht, nur weil eine Stelle aktuell nicht besetzt ist.

Zur Person: Stefan Schmutz

  • Geboren: 13. Januar 1978 in Mannheim.
  • Ausbildung: Studium der Politik- und Erziehungswissenschaften (M.A.), Universität Mannheim.
  • Berufliche Laufbahn: 2010 Leiter der Abteilung Bildungsplanung und Schulentwicklung, Stadt Mannheim. 2013 parlamentarischer Berater der SPD-Fraktion im Landtag. 2016 Abteilungsleiter Qualitätsentwicklung Tageseinrichtungen für Kinder, Stadt Mannheim. Seit 1. April 2017 Bürgermeister der Stadt Ladenburg.
  • Familienstand: Verheiratet, zwei Kinder.
  • Wohnort: Der Mannheimer Stadtteil Käfertal.

Noch einmal zurück zum Thema Kinderbetreuung: Ab 2026 soll es einen Rechtsanspruch auf die Ganztagesbetreuung in der Grundschule geben. Wie sehen Sie das?

Stefan Schmutz: Ich blicke da gespannt in Richtung der Landesregierung nach Stuttgart. Wie der Anspruch konkret umgesetzt werden soll, ist immer noch nicht klar. Ist das ein Angebot, das die Eltern auch einfordern werden? Reicht es, wenn nur eine Schule das anbietet? Welche baulichen Voraussetzungen muss man schaffen? All das ist nicht geklärt. Und 2026 ist nicht mehr so lange hin.

Könnte 2026 auch schon eine Mensa für die Schüler in Ladenburg stehen?

Stefan Schmutz: Das Thema muss man getrennt vom Ganztagesanspruch sehen. Der Wunsch nach einer Mensa kommt von den weiterführenden Schulen. Im Jahr 2026 sehe ich die Mensa noch nicht. 2023 wollen wir ein Fachbüro mit einer Machbarkeitsstudie beauftragen. Dabei soll es um die Rahmenbedingungen gehen - wie die Zahl der Plätze oder die Größe der Küche oder mögliche Standorte. Ich hoffe, dass wir dann auch 2023 schon wissen, welchen Weg wir gehen wollen.

Sie sehen die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf eine Ganztagesbetreuung in der Grundschule kritisch. Dabei handelt es sich nur um eine von vielen verschiedenen Vorgaben, die Sie von Bund und Ländern bekommen. Wird das für die Kommunen langsam zu viel?

Stefan Schmutz: Ich beobachte eine Überforderung staatlicher Systeme auf kommunaler Ebene. Wenn es nicht gelingt, politische Beschlüsse für Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar umzusetzen, gibt es ein grundsätzliches Vertrauensproblem. Ein Beispiel ist das Online-Zugangs-Gesetz, das besagt, dass bis Ende 2022 alle Verwaltungsdienstleistungen online zugänglich sein sollen. Es ist beschlossen, aber nicht umgesetzt. Ähnlich ist es beim Rechtsanspruch auf einen Ganztagesplatz. Hat man die Kommunen mal gefragt, ob das realistisch ist? Und es geht hier in erster Linie nicht um Geld, sondern um die Grundfeste der Glaubwürdigkeit und der Demokratie.

Eine weitere Mammutaufgabe ist der Klimaschutz. Was kann eine Kommune in der Größe von Ladenburg tun?

Stefan Schmutz: Wir müssen Energie sparen und uns langfristig von fossilen Rohstoffen verabschieden. Mit klimaneutralen Bauvorhaben, der kommunalen Wärmeplanung sowie einem städtischen

Energiemanagement gehen wir erste Schritte. Wir wollen aber auch offen für Technologien der Zukunft sein, sei es die Geothermie, die Flusswärme, Photovoltaik oder Abwärme von Biogasanlagen wie der in Neubotzheim.

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Kommen wir zu einem konkreten Bauprojekt: Die neue Sporthalle am Römerstadion wird deutlich teurer. Sind Sie weiterhin von dem Vorhaben überzeugt?

Stefan Schmutz: Absolut, wir arbeiten bereits vier Jahre an diesem Prozess. Dieser ist mustergültig abgelaufen. Das Vorhaben war mehrfach im Gemeinderat, wir haben uns mit Vereinen und Schulen abgestimmt und ein hervorragendes Architekturbüro gewinnen können. Jetzt gibt es ein Timing-Problem. Lieferketten sind gestört und Baupreise steigen, aber das heißt nicht, dass wir die Halle nicht mehr brauchen. Sie ist eine Voraussetzung dafür, dass wir dem Schul- und Vereinssport eine Perspektive bieten können.

Ein positiver Gegenpol ist dabei die kürzlich bewilligte Förderung der Freibadsanierung.

Stefan Schmutz: Über die 2,75 Millionen Euro freuen wir uns sehr, wir haben auch darum gekämpft. Es macht uns stolz, dass es trotz vieler Mitbewerber gelungen ist, die Förderung zu bekommen. Die klimaneutrale Sanierung des Freibads bedeutet eine Reduzierung der laufenden Kosten, womit wir die Zukunftsfähigkeit des Freibads sichern. Und mit dem Energieverbund mit der neuen Sporthalle setzen wir ein Zeichen für die Zukunft.

Apropos Zukunft: Ab 2030 soll die Entwicklung des ehemaligen ABB-Areals beginnen. Welche Weichenstellungen müssen vorher noch stattfinden?

Stefan Schmutz: Ein erster Meilenstein ist, dass die Fläche zum 1. Januar 2023 in das Eigentum der Stadtentwicklungsgesellschaft übergeht. Wir brauchen einen Bauleitprozess, in den die Bürgerinnen und Bürger eingebunden werden. Das alles muss vor 2030 passieren. Es geht darum, den verbliebenen Firmen auf dem Gelände gerecht zu werden, und darum, Möglichkeiten für die Menschen in der Stadt zu schaffen.

Die Freude über die finanzielle Förderung aus Berlin ist groß. © Marcus Schwetasch

Mit der Hemmerhalle als Kulturstätte?

Stefan Schmutz: Die Hemmerhalle ist eine Projekttionsfläche für das, was möglich ist. Ich wäre wäre schlecht beraten, diese Ideen nicht gut zu finden. Der entscheidende Schritt ist dann aber die Umsetzung, und da sind wir noch nicht so weit.

Durch den Krieg in der Ukraine müssen Menschen fliehen. Mit welchen Gefühlen blicken Sie hinsichtlich der Flüchtlingssituation auf das Jahr 2023?

Stefan Schmutz: Es ist unglaublich, was bisher seitens der Verwaltung und der Bürgerschaft geleistet wurde. Wir werden den Kraftakt aus 2022 vermutlich wiederholen müssen, da auch im anstehenden Jahr eine ähnliche Zahl an geflüchteten Menschen zu uns kommen wird. Auf Ladenburg gerechnet sind das knapp 150 Personen. Das ist ein Kraftakt, aber ich bin überzeugt, dass uns das wieder gelingt. Eines dürfen wir dabei nie vergessen: Hinter jedem Mensch steckt eine Geschichte, ein Schicksal.

Mit der Unterbringung ist es nicht getan, danach folgt die Integration.

Stefan Schmutz: So ist es. Wir müssen uns ja auch fragen, wie es den Menschen geht, die 2015 nach Deutschland kamen. Hat sich ihr Leben verbessert? Und hier ist in den vergangenen Jahren zu wenig passiert. Das liegt unter anderem daran, dass viele Prozesse lange dauern. Es gibt viele rechtliche Hürden, die zum Beispiel einer schnellen Schaffung von Wohnraum im Wege stehen oder den Zugang zum Arbeitsmarkt erschweren.

Kommen wir noch kurz zum Thema Spielplätze. Hier läuft derzeit der Spielplatzdialog. Was halten Sie von dem Vorschlag von Fachleuten, mehr auf Qualität denn auf Quantität zu setzen?

Stefan Schmutz: Unser Ziel ist es, eine familienfreundliche Stadt zu sein. Viele Spielplätze sind in die Jahre gekommen, wir haben einen Sanierungsstau. Mit der Analyse von Professor Schwarz gibt es nun konkrete Handlungsempfehlungen. Dabei sehe ich es in diesem Fall wie er: Weniger ist mehr.

Können Sie sich vorstellen, Mannheimer Oberbürgermeister zu werden?

Stefan Schmutz: Nein.

Treten Sie dann in Ladenburg noch einmal an?

Stefan Schmutz: Ich habe meiner Frau versprochen, dass wir diese Entscheidung gemeinsam treffen. Aktuell ist es dafür noch zu früh.

Redaktion Redaktion Neckar-Bergstraße, zuständig für Ilvesheim und Friedrichsfeld

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